Beteiligung des Betriebsrats bei Einstellungen

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Bei Einstellungen hat der Betriebsrat von Betrieben mit mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern ein Mitbestimmungsrecht.

Wahlberechtigte Arbeitnehmer sind alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate beim Entleiher eingesetzt werden.

Eine mitbestimmungsrelevante Einstellung liegt vor, wenn eine Person in den Betrieb eingegliedert wird, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitsrechtlichen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis zwischen der Person und dem Betriebsinhaber kommt es dabei nicht an. Eingegliedert ist, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert. Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft. So unterliegt etwa der Einsatz eines Leiharbeitnehmers dem Beteiligungsrecht des Betriebsrats. Nicht aber der Einsatz von Fremdpersonal im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrages. Dabei werden vom Einstellungsbegriff auch folgende personelle Einzelmaßnahmen umfasst:

  • die Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses,
  • eine nach Dauer und Umfang nicht unerhebliche Erhöhung der Wochenarbeitszeit eines Arbeitnehmers (Erhöhung um mehr als zehn Wochenarbeitsstunden für länger als einen Monat) und
  • die Bestellung eines Arbeitnehmers, der in einem bestimmten Betrieb des Unternehmens seinen Dienstsitz hat und dort regelmäßig tätig ist, zum Vorgesetzten von unternehmensangehörigen Arbeitnehmern eines anderen Betriebs, der durch die Wahrnehmung dieser Führungsaufgaben (auch) den arbeitstechnischen Zweck dieses anderen Betriebs verwirklicht (Matrixorganisation)


Das Beteiligungsverfahren des Betriebsrats verläuft außergerichtlich in drei Schritten:

1. Unterrichtung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber, § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG

Ist eine Einstellung geplant, sind dem Betriebsrat die Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat so unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird, zu prüfen, ob einer der gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgründe aus § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt. Der Umfang der vom Arbeitgeber geforderten Unterrichtung des Betriebsrats bestimmt sich dabei nach dem jeweiligen Zweck der Beteiligung an der jeweiligen personellen Maßnahme. So ist der Betriebsrat etwa über Bewerbungsgespräche bei Einstellungen zu unterrichten. Neben den von den Stellenbewerbern eingereichten Unterlagen sind auch solche dem Betriebsrat vorzulegen, die der Arbeitgeber anlässlich der Bewerbung über den Bewerber erstellt hat, z. B. Personalfragebogen, schriftliche Auskünfte von Dritten, Ergebnisse von Einstellungsprüfungen. Auch die Unterlagen nicht berücksichtigter Bewerber oder solche Unterlagen, die der Arbeitgeber erstellt hat, um auf ihrer Grundlage seine Auswahlentscheidung zu treffen, sind hierbei vorzulegen.


2. Zustimmungsverweigerungsfrist des Betriebsrats, § 99 Abs. 3 S. 1 BetrVG

Der Betriebsrat kann innerhalb von einer Woche nach der vollständigen Unterrichtung durch den Arbeitgeber seine Zustimmung zur geplanten personellen Einzelmaßnahme unter Angabe von Gründen verweigern.

Diese Frist wird allerdings nur durch eine ordnungsgemäße, also vollständige und richtige, Unterrichtung in Gang gesetzt. Die Frist beginnt grundsätzlich auch dann nicht zu laufen, wenn es der Betriebsrat unterlässt, den Arbeitgeber auf die offenkundige Unvollständigkeit der Unterrichtung hinzuweisen. Durfte der Arbeitgeber jedoch davon ausgehen, den Betriebsrat vollständig unterrichtet zu haben, kann es Sache des Betriebsrats sein, innerhalb der Frist um Vervollständigung der erteilten Auskünfte zu bitten (vgl. BAG vom 05.05.2010 – 7 ABR 70/08). Dies hängt aber vom jeweiligen Einzelfall ab.


3. Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat

Der Betriebsrat kann nur durch eine frist- und formgerechte Verweigerung der Zustimmung die ansonsten gesetzlich vorgesehene Zustimmungsfiktion verhindern. Notwendig ist dafür eine Begründung der Zustimmungsverweigerung, die es als möglich erscheinen lässt, dass hiermit einer der gesetzlich vorgesehen Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG geltend gemacht wird. Eine bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügt hierfür hingegen nicht. Die Begründung muss dabei nicht schlüssig sein.

Konkrete Tatsachen muss der Betriebsrat nur vorbringen, wenn er die Zustimmung verweigert, weil seiner Ansicht nach die Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist (§ 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG) oder die Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzeswidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Grundsätze, insb. durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde (§ 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG).

Die einwöchige Ausschlussfrist können die Betriebsparteien übrigens einvernehmlich vor Ablauf der Frist verlängern (BAG vom 29.06.2011 – 7 ABR 24/10).

Bei der Mitteilung der Zustimmungsverweigerung muss die Textform nach § 126b BGB eingehalten werden. Das bedeutet also, es muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, in einer Urkunde oder auf einem dauerhaften Datenträger vorliegen, z. B. Nachrichten per Telefax, Briefe ohne Unterschrift, Kopien vom Original, E-Mail oder auch SMS bzw. WhatsApp-Nachrichten.

Die Betriebsparteien können nicht vereinbaren, dass die Zustimmung des Betriebsrats als verweigert gilt, wenn bis zum Ablauf der Frist des § 99 Abs. 3 S: 1 BetrVG keine Zustimmung des Betriebsrats vorliegt (BAG vom 18.08.2009 – 1 ABR 49/08).


Wie weiterhin die Zustimmung nach dem Gesetz vom Betriebsrat verweigert werden und wie dieser die Dringlichkeit bestreiten kann, erfahren Sie hier auf unserer Website: 
https://www.ra-wittig.de/ratgeber/betriebsverfassungsrecht/beteiligung-des-betriebsrats-bei-einstellungen/

Foto(s): Wittig Ünalp Rechtsanwälte PartGmbB

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