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Betriebskostenabrechnung – Beschäftigungsprogramm für Gerichte

  • 7 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Immer wieder entwickeln sich Nebenkostenabrechnungen zum Zankapfel zwischen Mieter und Vermieter. Oft enden die Streitereien vor Gericht. Dabei handeln Vermieter in den meisten Fällen nicht böswillig, wenn ihnen Fehler bei der Betriebskostenabrechnung unterlaufen. Denn die komplizierte Materie macht es ihnen häufig schwer, den Überblick zu behalten, wie sie die Abrechnung korrekt verfassen. Auf der anderen Seite fühlen sich Mieter immer wieder ungerecht behandelt, wenn sie in ihrem Briefkasten unerfreuliche Nachzahlungspost finden. Die Redaktion von anwalt.de hat einige aktuelle Entscheidungen rund um das Thema Betriebskostenabrechnung näher unter die Lupe genommen. Denn Konflikte lassen sich oft bereits im Vorfeld vermeiden, wenn die Beteiligten den aktuellen rechtlichen Stand kennen.

[image]Grundregeln zu den Nebenkosten

Im Mietrecht gilt der Grundsatz, dass Betriebskosten auf den Mieter nur umgelegt werden dürfen, wenn dies im Mietvertrag zwischen Mieter und Vermieter vereinbart ist, § 556 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Nebenkostenabrechnung darf höchstens die Periode von einem Jahr erfassen. Der Vermieter muss die Abrechnung innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode durchführen, andernfalls kann er keine Ansprüche bzgl. der Nebenkosten geltend machen. Die meisten Mietverträge sehen eine Nebenkostenpauschale oder eine Nebenkostenvorauszahlung vor (§ 556 Abs. 2 BGB), wobei nur eine Vorauszahlung in angemessener Höhe zulässig ist.

Laufend entstehende Kosten

Welche Aufwendungen zu den Betriebskosten gehören, regelt die Betriebskostenverordnung (BetrKV). Danach sind Betriebskosten alle Kosten, die dem Vermieter durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Immobilie, des Grundstücks und etwa auch der Nebengebäude laufend entstehen (§ 1 BetrKV). Die Regelmäßigkeit der Kostenentstehung ist also ein wichtiges Abgrenzungskriterium. Einmalige Kosten, die für Haus und Grundstück anfallen, können nicht auf den Mieter abgewälzt werden. Sie müssen vom Vermieter getragen werden. Ebenfalls nicht vom Mieter zu begleichen sind Verwaltungs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten. Der BGH hat etwa bestätigt, dass die Kosten für die Tankreinigung den Mieter als Nebenkosten in Rechnung gestellt werden dürfen, weil sie als laufende Kosten anzusehen sind. Auch längerfristige Intervalle können bei der Abgrenzung zwischen laufenden Kosten und Instandsetzungskosten berücksichtigt werden (Urteil v. 11.11.2009, Az.: VIII ZR 221/08).

Umlage auf den Mieter

In § 2 BetrKV sind einzelne Nebenkosten aufgeführt: Hierzu zählen beispielsweise die öffentlichen Lasten für das Grundstück, insbesondere die Grundsteuer, die Kosten für Entwässerung, Heizungskosten, Ausgaben für Reinigung, Wartung von Heizungen etc., Warmwasser, Aufzüge, Straßenreinigung, Müllabfuhr, Gebäudereinigung, Beleuchtung, Gartenpflege, Schornsteinreinigung, Sach- und Haftpflichtversicherungen (Gebäudeversicherungen gegen Sturm, Feuer, Wasser und Elementarschäden), Gemeinschaftsantenne und den Hauswart. Achtung: Bei der Umlagefähigkeit der Betriebskosten bestehen erhebliche Unterschiede zwischen Wohnraummiete und Gewerbemiete. Beispielhaft seien hier die Verwaltungskosten genannt. Bei Wohnungen dürfen die Hausverwaltungskosten nicht dem Mieter berechnet werden, wohl aber im Rahmen von Gewerbemietverhältnissen (BGH, Urteil v. 09.12.2009, Az.: XII ZR 109/08).

Gebot der Wirtschaftlichkeit

In Hinblick auf die Nebenkosten gilt gemäß § 556 Abs. 3 BGB das Gebot der Wirtschaftlichkeit. So sollen Vermieter dazu angehalten werden, mit dem Geld ihrer Mieter vernünftig umzugehen und es nicht zu verschwenden. Der Vermieter ist also grundsätzlich zu Preisvergleichen bei den Betriebskosten verpflichtet. Er muss allerdings nicht immer das billigste Angebot wählen, wenn das Abstriche bei der Qualität bedeuten würde. Vor dem Landgericht Essen endete ein Mietrechtsstreit, der sich unter anderem um die Kosten für Hauswart und Gartenarbeit drehte. Nachdem ein Sachverständigengutachten ergab, dass der Vermieter die Aufträge zu stark überhöhten Preisen abgeschlossen hatte, mussten die Kosten zugunsten des Mieters reduziert werden (Urteil v. 23.02.2010, Az.: 15 S 183/09).

Verständliche Formulierung

Weiter muss eine Nebenkostenabrechnung aus sich heraus verständlich formuliert sein, sodass der Mieter sie nachvollziehen und prüfen kann. Hierzu gehört auch eine ordnungsgemäße Gliederung. Allerdings zeigt sich der Bundesgerichtshof inzwischen zugunsten von Vermietern hier etwas kulanter als in der Vergangenheit. Eine Nebenkostenabrechnung muss nicht bis ins kleinste Detail aufgegliedert und mit überflüssigen Formalien gespickt sein. Die Zusammenfassung von Positionen ist nach Meinung der Karlsruher Richter zulässig, wenn die zusammengefassten Bestandteile miteinander zusammenhängen und denselben Abrechungs- und Erfassungsmaßstab haben. Das gilt etwa für die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung (Urteil v. 16.09.2009, Az.: VIII ZR 346/08) oder die Frisch- und Abwasserkosten, wenn sie über einen Zähler ermittelt werden (Urteil v. 15.07.2009, Az.: VIII ZR 340/08).

Ausschlussfrist bei Wohnraummiete

Sind im Mietvertrag Vorauszahlungen vereinbart, gilt eine wichtige Ausschlussfrist für den Vermieter: Er hat den Mieter innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende der Abrechnungsperiode die Abrechnung mitzuteilen (§ 556 Abs. 3 BGB). Lässt der Vermieter diese Frist verstreichen, kann er keine Nebenkosten vom Mieter nachfordern. Eine Ausnahme macht das Gesetz nur, wenn er die Verspätung nicht zu vertreten hat. Diese Ausschlussfrist hat der Bundesgerichtshof (BGH) nicht nur bei der Miete von Wohnraum (Urteil v. 21.01.2009, Az.: VIII ZR 107/08), sondern ebenso beim Wohnrecht anerkannt (Urteil v. 25.09.2009, Az.: V ZR 36/09).

Rückzahlung der Vorauszahlungen

Hat der Vermieter keine fristgerechte Abrechnung gestellt, stehen dem Wohnraummieter folgende Ansprüche zu: Besteht das Mietverhältnis weiter, hat er ein Zurückbehaltungsrecht in Hinblick auf die weiteren Betriebskostenvorauszahlungen bis zur Höhe der fehlenden Abrechnung und bis der Vermieter die fehlende Abrechnung macht. Denn nur wenn sie ihm vorliegt, kann der Mieter prüfen, ob und bis zu welcher Höhe die Vorauszahlungen verbraucht wurden. Wird das Mietverhältnis beendet, ist der Mieter bei fehlenden Betriebskostenabrechnungen sogar dazu berechtigt, sämtliche in dem nicht abgerechneten Zeitraum geleisteten Vorauszahlungen zurückzufordern. Im Verfahren kann der Vermieter dann zwar die Abrechnung nachholen und somit belegen, dass die Vorauszahlungen verbraucht wurden. Wegen der Ausschlussfrist kann er dann aber keine Nachzahlungen mehr fordern.

Abrechnungsfrist im Gewerbemietrecht

Für das Gewerbemietrecht hat der BGH zwar erklärt, dass darauf der für das Wohnraummietrecht geltende § 556 Abs. 3 BGB nicht entsprechend angewendet werden kann. Trotzdem erachtet er einen entsprechend langen Zeitraum, in dem der Vermieter von Gewerberäumen die Abrechnung durchzuführen hat, ebenfalls im Regelfall als zulässig, weil auch bei Geschäftsräumen die Nebenkosten eine Größenordnung erreichen können, die sich erheblich auf die geschäftliche Kalkulation auswirken kann (Urteil v. 27.01.2010, Az.: XII ZR 22/07). Weil der Mieter von Gewerberäumen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht im selben Umfang schutzbedürftig ist wie der Wohnraummieter, führt eine fehlende bzw. verfristete Abrechnung laut BGH nicht dazu, dass der Vermieter keine Nachzahlungen mehr fordern kann. Macht der Vermieter keine Nebenkostenabrechnung, hat der Gewerbemieter lediglich einen Anspruch auf Erteilung der Abrechnung. Bis er die Abrechnung erhält, steht ihm darüber hinaus ein Zurückbehaltungsrecht bezüglich der weiterlaufenden Vorauszahlungen zu.

Einsicht in Abrechnungsbelege

Ein beliebter Streitpunkt entsteht oft bei den Abrechnungsbelegen. Der Mieter hat zwar keinen Anspruch darauf, dass der Vermieter sie ihm überlässt. Aber der Vermieter muss dem Mieter Gelegenheit geben, die Belege einzusehen. Denn nur so kann er nachvollziehen, wie sich die Betriebskostenabrechnung zusammensetzt. Ein Einsichtsrecht hat das Amtsgericht Leipzig kürzlich ebenfalls für den Anwalt des Mieters anerkannt (Urteil v. 29.03.2010, Az.: 165 C 9069/09). Auf eigene Kosten darf sich der Mieter zudem Kopien und Scans anfertigen, solange die Belege nicht beschädigt werden. Dementsprechend hat das Amtsgericht München auch das Abfotografieren der Dokumente für zulässig erachtet. Der Mieter darf sich handschriftliche Notizen zu den Belegen machen. Nutzt er technische Hilfsmittel, um sich den Schreibaufwand zu sparen, ist das rechtens (Urteil v. 21.09.2009, Az.: 412 C 3459/08).

Einwendungen gegen Abrechnung

Mit dem Zugang der Nebenkostenabrechnung beginnt für den Mieter wiederum eine wichtige Frist zu laufen. Enthält die Abrechnung Fehler, muss er das dem Vermieter innerhalb von zwölf Monaten nach Zugang der Abrechnung mitteilen. Nach Ablauf dieser Zeitspanne kann der Mieter keine Einwendungen mehr gegen die Nebenkostenabrechnung geltend machen. Mit dem Zugang der Abrechnung musste sich kürzlich der BGH beschäftigen. Der für das Mietrecht zuständige VIII. Zivilsenat hatte über die Rechtslage bei mehreren Mietern zu entscheiden. Im Ausgangsfall war die Abrechnung nur dem in Anspruch genommenen Mieter zugegangen, nicht aber den anderen Mitmietern. Das Urteil fiel zugunsten des Vermieters aus, der vom Mieter die Nachzahlung der Nebenkosten fordern konnte (Urteil v. 28.04.2010, Az.: VIII ZR 263/09). Denn Mitmieter haften als Gesamtschuldner, § 421 BGB.

Aktuelles Wissen ist wichtig

Aus juristischer Sicht ist das Thema Betriebskosten eines der schwersten im Mietrecht. Sowohl seitens des Vermieters als auch seitens des Mieters können Unsicherheiten bestehen, die dann in Konflikten enden können. Und das ist kein Wunder. Schließlich ist Fachwissen auf dem neuesten Stand gefragt. Ein Anwalt kann hier beiden Seiten enorm helfen. Dem Mieter, der sich mit überhöhten Nebenkosten konfrontiert sieht, und ebenso dem Vermieter, der zum Beispiel nicht weiß, ob er wegen der Nebenkostenabrechnung einen Zähler einbauen muss. Wer als Vermieter auf Nummer sicher gehen möchte, sollte zudem immer mal wieder seine Abrechnungsmethoden überprüfen lassen, denn die Rechtslage kann sich stets ändern. Bei diesen und vielen anderen rechtlichen Problemen stehen Ihnen unsere Experten gerne beratend zur Seite.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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