Bewertung von Immobilien bei der Erbschaftssteuer

  • 4 Minuten Lesezeit

Die Frage ist einfach: „Was ist die Immobilie wert?“. Die Antwort ist allerdings nicht so einfach wie die Frage. Denn der Wert einer Immobilie ist häufig von vielen verschiedenen Merkmalen abhängig. Das führt zu Streit. Insbesondere dann, wenn das Finanzamt mit ins Spiel kommt und auf der Grundlage des Wertes einer Immobilie Erbschaftssteuer festsetzen will. Denn die Konsequenz der hohen Immobilienpreise der letzten Jahre ist auch, dass die erbschaftsteuerlichen Freibeträge immer häufiger überschritten werden.

Gemeinsamkeiten aller Bewertungen

Allen Bewertungen von Grund und Boden ist gemein, dass sie möglichst realitätsgerecht sein sollen. Ein hehres Ziel, das nicht immer erreicht wird. Da die Erbschaftssteuer (und auch die Schenkungssteuer) nur einmal anfällt, ist die Bewertung auf einen Stichtag bezogen. Das ist beim Erbe, der Zeitpunkt des Erbes, bei der Schenkung ist das der Zeitpunkt der Übertragung der Immobilie. 

Warum erhalte ich mehrere Bescheide?

Die Feststellung des Wertes wird regelmäßig von demjenigen Finanzamt durchgeführt, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Die Erbschaftssteuer wird regelmäßig von dem Finanzamt festgesetzt, in dessen Bezirk der Erbe wohnt. Wird nun ein Grundstück vererbt oder verschenkt, das außerhalb des Bezirks am Wohnsitz des Steuerpflichtigen liegt, stellt ein anderes Finanzamt den Wert des Grundstücks fest. Das hat den Vorteil, dass im Zweifel Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse vorhanden sind und berücksichtigt werden können. Besonders schlechte oder besonders gute Grundstücke werden so zutreffend bewertet.

Dieses Verfahren ist aber für den Steuerpflichtigen gefährlich. Denn für die Festsetzung der Steuer gilt der Wert, der in dem Feststellungsbescheid steht. Ist dieser Wert falsch, kommt es zu einer falschen Berechnung der Steuer. Ist aber die Frist abgelaufen und ein Einspruch gegen den falschen Wert im Feststellungsbescheid nicht mehr möglich, kann man sich zumindest mit diesem Argument nicht mehr gegen den eigentlichen Steuerbescheid wehren. Es ist also von entscheidender Bedeutung, die festgestellten Werte des Grundstücks oder der Immobilie genau zu überprüfen. Fehler an dieser Stelle lassen sich später nicht mehr oder nur schwer korrigieren.

 Wie werden Grundstücke bewertet?

Die erste Unterscheidung bei der Bewertung von Grundstücken ist die zwischen unbebauten und bebauten Grundstücken. Bei den bebauten muss man dann weiter unterscheiden zwischen den Arten der Bebauung.

Unbebaute Grundstücke werden im sog. Vergleichswertverfahren bewertet. Was bedeutet das nun? Bei diesem Verfahren werden die Preise ähnlicher Grundstücke miteinander verglichen. Dieser Preisvergleich basiert auf den Bodenrichtwerten, die von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelt werden. Dazu werden die Kaufverträge eines Gebietes ausgewertet und anhand von Lage und Nutzung durchschnittliche Preise für ein bestimmtes Gebiet ermittelt. Diese Preise werden auf das zu bewertende Grundstück übertragen und so ein Wert ermittelt. Es ist leicht vorstellbar, dass die individuellen Eigenschaften (z.B. Wasserverhältnisse oder Beschattung) den Wert eines Grundstückes beeinflussen und so von den Bodenrichtwerten abweichende Ergebnisse erzielen.

Bei den bebauten Grundstücken muss unterschieden werden zwischen der Bebauung mit Mietwohn- und Geschäftsgrundstücken auf der einen Seite und Ein- und Zweifamilienhäusern und Wohneigentum auf der anderen Seite. 

Bei der ersten Gruppe, also den vermieteten oder verpachteten Grundstücken wird anhand des sog. Ertragswertverfahrens bewertet. Dazu wird der Bodenwert ermittelt und der gebäudeertragswert hinzugerechnet. Der Bodenwert ist zunächst nur der Wert von Grund und Boden. Hinzugerechnet wird der Gebäudeertragswert, der sich aus dem Rohertrag und den typisierten Bewirtschaftungskosten ergibt. Dieser wird dann kapitalisiert, das bedeutet, dass die Erträge multipliziert und als Kapitalwert (für einen längeren Zeitraum) ausgegeben werden. Insgesamt eine komplizierte und fehleranfällige Bewertung, die immer überprüft werden sollte.

Die andere Gruppe, also bei Ein- und Zweifamilienhäusern und Wohneigentum, kommt wieder das Vergleichswertverfahren zum Tragen (s.o.). Hier muss bei der Bewertung immer genau berücksichtigt werden, ob die Besonderheiten des Grundstücks in den ermittelten Preis miteinbezogen wurden.

Der Wert stimmt nicht – was nun?

Wenn die Bewertungen des Finanzamts mit dem tatsächlichen Wert nichts zu tun haben und viel zu hoch sind, lässt das Gesetz es zu, einen niedrigeren Wert durch ein Gutachten nachzuweisen. Dabei muss es sich um ein Gutachten eines öffentlich bestellten und beeidigten Gutachters handeln. Andere Gutachten hat die Rechtsprechung bisher nicht zugelassen. Die Kosten dieses Gutachtens muss der Steuerpflichtige selbst tragen.

 Praxistipp

Ist die Berechnung des Finanzamts unverständlich oder nachweislich falsch, sollte immer ein Einspruch eingelegt werden, um die Fehler an der richtigen Stelle im Verfahren zu beseitigen. Ist der Wert erst einmal festgestellt lässt sich selten etwas an dieser Feststellung rütteln. Daneben sollte man frühzeitig die wertbildenden Faktoren dokumentieren. Gerade bei sanierungsbedürftigen Gebäuden kann es sonst schwer werden, den Zustand zum Zeitpunkt des Erbes oder der Schenkung nachzuweisen. 



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Johannes Höfer

Beiträge zum Thema