BGH: Filesharing-Urteil: Anschlussinhaber muss Ehepartner nicht ausspionieren

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BGH 6.10.2016, I ZR 154/15

Dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses ist es grundsätzlich nicht zumutbar, die Nutzung des Anschlusses durch seinen Ehegatten zu erfassen und zu dokumentieren, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abzuwenden. Gleichfalls unzumutbar ist es in der Regel vom Anschlussinhaber die Untersuchung des PCs seines Ehegatten auf etwaige vorhandene Filesharing-Software zu verlangen.

Sachverhalt:

Die Klägerin machte die alleinige Inhaberschaft der ausschließlichen Nutzung und Verwertungsrechte für den Film „Resident Evil: Afterlife 3D“ geltend. nach den von ihr angestellten Ermittlungen stand fest, dass der genannte Film in der Zeit vom 26. bis 28. September 2010 insgesamt 14-mal über eine Tauschbörse im Internet anderen Nutzern zur Verfügung gestellt worden war. die diesbezüglich dokumentierte IP-Adressen wurden dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet. auf die Abmahnung der Klägerin hat der Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben.

Später behauptete die Klägerin, die Rechtsverletzungen seien durch den Beklagten begangen worden. ihrer Auffassung nach sei der Beklagte zur Erstattung von Abmahnkosten auf der Grundlage eines Streitwerts von 10.000 € i.H.v. 506 € sowie zur Zahlung von Schadensersatz im Rahmen der Lizenzanalogie i.H.v. 600 € verpflichtet. der Beklagte hingegen bestritt seine Täterschaft und wies darauf hin, dass seine Ehefrau den Internetanschluss ebenfalls selbstständig nutzen würde. Er machte zudem geltend, dass der von ihm eingesetzte Router eine massive Sicherheitslücke aufgewiesen habe, sodass sich Dritte unbefugt Zugang zu seinem WLAN-Anschluss hätten verschaffen können.

AG und LG wiesen die Klage ab. Auch die Revision des Klägers vor dem BGH blieb erfolglos.

Gründe:

zutreffende waren die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass als mögliche Anspruchsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG heranzuziehen sei. Die Revision wandte sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung der Vorinstanzen, der Beklagte hafte nicht als Täter für die behaupteten Urheberrechtsverletzungen.

Bei der Bestimmung der dem Inhaber eines Internetanschlusses umliegenden sekundären Darlegungslast im Falle von über seinen Anschluss begangene Urheberrechtsverletzungen bezüglich der Nutzung des Anschlusses durch andere Personen sind auf Seiten des Urheberrechtsinhabers die Eigentumsgrundrechte gem. Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen. Handelt es sich bei den Personen, die den Anschluss mitgenutzt haben, um den Ehegatten oder Familienangehörige, so greift zugunsten des Anschlussinhabers der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta, Art. 6 Abs. 1 GG).

Demnach ist es dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses in der Regel nicht zuzumuten, jegliche Internetnutzung seines Ehegatten oder sonstigen Familienangehörigen einer Dokumentation zu unterwerfen, um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abzuwenden. Unzumutbar ist es ebenfalls vom Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten bezüglich gegebenenfalls vorhandenen Filesharing-Software zu verlangen.

Soweit das Berufungsgericht eine Untersuchung des Computers generell nicht für erforderlich gehalten hatte, stellte dies zwar eine zu weitgehende Einschränkung der dem Anschlussinhaber obliegenden Pflichten dar. Im Rahmen des Vortrags zu Umständen, die seine eigene Internetnutzung betreffen, kann der Anschlussinhaber nämlich vielmehr auch zu der Angabe verpflichtet sein, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist. Allerdings erwies sich das Urteil des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig, da der Beklagte vorgetragen und angegeben hatte, auf seinem Computer sei keine entsprechende Software vorhanden gewesen.

Mangels Haftung des Beklagten als Täter, Teilnehmer oder Störer bestand auch kein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten.

Quelle: BGH online


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