BGH: nach Auflassung können formfrei Nutzungsbeschränkungen vereinbart werden

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Bei Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit von Immobilienkaufverträgen ist häufig streitig, welchen Inhalt die Verträge überhaupt haben. Hintergrund ist, dass § 311b Abs. 1 BGB vorsieht, dass Verträge, mit denen die Verpflichtung zur Übertragung von Eigentum an Immobilien begründet wird, notariell beurkundet werden müssen. Die Grenzen dieser Verpflichtung sind jedoch weit weniger bekannt.

Soweit die Parteien vor Vertragsschluss Nebenabreden getroffen haben, so werden diese nach der Rechtsprechung des BGH nur Bestandteil des Vertrags, wenn sie in der notariellen Urkunde Anklang gefunden haben. Nachvertragliche Vereinbarungen sollen jedoch solange formfrei, d.h. ohne erneute Beurkundung, zulässig sein, solange die Verpflichtung zur Eigentumsübertrag oder Rechtsbestellung nicht verändert oder neu begründet wird. Diese Rechtsprechung wurde in der vorliegenden Entscheidung nun für Nutzungsbeschränkungen dahingehend bestätigt, dass diese in der Regel nicht notariell beurkundet werden müssen, selbst wenn sie den Rücktritt für den Verkäufer ermöglichen, BGH, Urt. vom 10.11.2019, V ZR 7/19.

Der Sachverhalt war komplex: die Klägerin hat von der Beklagten zwei Grundstücke erworben, auf denen die Beklagte ein Werk zur Herstellung von Milchpulver betrieben hat. In dem notariellen Kaufvertrag wurde die Auflassung erklärt. Nach Vertragsschluss wandte sich die Beklagte an die Klägerin und verlangte die Vereinbarung einer Nutzungsbeschränkung dahingehend, dass auf dem Kaufgrundstück zeitlich unbegrenzt keine Verarbeitung von Milch erfolgen sollte. Das Verbot sollte sowohl für den Käufer als auch für etwaige Mieter/Pächter oder Rechtsnachfolger gelten. Die Klägerin bestätigte die Vereinbarung schriftlich.

Im Anschluss daran veräußerte die Klägerin noch für Eigentumsübergang die Grundstücke an A und B, wobei die Nutzungsbeschränkung in den Kaufverträgen keinen Niederschlag gefunden hat. Die Beklagte erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Im Klageverfahren verfolgte die Klägerin die Übergabe der Grundstücke, die Beklagte verlangte im Wege der Widerklage Löschung der Auflassungsvormerkungen zugunsten der Klägerin und A und B.

Im Ergebnis hat der BGH dem Begehren der Klägerin stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Ausschlaggeben hierfür war jedoch nicht, dass die Vereinbarung unwirksam gewesen wäre, sondern dass sich aus ihr nicht das Recht zum Rücktritt herleiten ließe.

Der BGH führte vielmehr unter Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung aus, dass nachvertragliche Ergänzungen eines Immobilienkaufvertrags wirksam sind, sobald die Auflassung bindend geworden ist, es sei denn, dass durch die Vereinbarung Erwerbs- oder Veräußerungspflichten geändert oder neu begründet werden sollen. Anders als das Berufungsgericht meinte, begründet aber eine vertragliche Regelung, nach der eine Partei zum Rücktritt berechtigt ist, keine Beurkundungspflicht, da es sich hierbei um eine gesetzliche Rechtsfolge handele.

Der Rücktritt scheiterte aber, weil er in der vertraglichen Regelung nicht ausdrücklich vorgesehen war und die Beklagte daher nur Schadenersatzansprüche gegen den Käufer geltend machen könne, sich aber nicht vom Vertrag lösen kann.

Die Entscheidung ist in der Sache richtig. Für die bei einem Immobilienkauf Beteiligten zeigt sie aber, dass die Beteiligung von Rechtsanwälten während der Vertragsphase hilfreich sein und Kosten sparen kann.

Dies zeigt sich schon, wenn man berücksichtigt, dass die nach der Beurkundung geschlossene Vereinbarung unvollständig war, weil sie zwar eine Verpflichtung des Käufers begründete, aber die Frage der Rechtsfolgen bei einem Verstoß und das daran anschließende Prozedere offen ließ. Die Regelung war somit – aus Sicht einen Juristen – unvollständig und bedurfte der Auslegung, was für alle Parteien mit einer großen Rechtsunsicherheit verbunden ist.

Aus Sicht des Verkäufers war dies Vorgehen schon deshalb risikobehaftet, weil der Käufer auf das Angebot gar nicht eingehen musste, für den Verkäufer also keine Möglichkeit bestand, dies einseitig durchzusetzen. Im Gegenteil: wenn die Parteien vor der Beurkundung schon darüber eine Einigkeit erzielt hätten (die dann nur nachvertraglich „geschlossen“ wurde, um dies aus dem Vertrag herauszuhalten) so wäre der gesamte Vertrag in seinem Bestand gefährdet gewesen.

Insofern hätte man sich diesen Rechtsstreit sparen können, wenn man von vorneherein einen vernünftigen Vertrag ausgehandelt hätte. Insbesondere bei „kleinen“ Objekten wie Ein- oder Mehrfamilienhäusern und kleinen Gewerbeobjekten unterbleibt dies jedoch, wohl weil die Parteien die zusätzlichen Kosten scheuen und sich auf den „Standardvertrag“ des Notars verlassen, der häufig auch keine große Neigung hat, Änderungen in „sein“ Formular mit aufzunehmen.

RA Heiko Effelsberg, LL.M.

Zum Autor: RA Effelsberg vertritt regelmäßig Eigentümer, Erwerber oder Veräußerer einer Immobilie im Zusammenhang mit Immobilienkaufverträgen, Immobilienfinanzierung und immobilienbezogenen Versicherungsverträgen.


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