BGH: VBL-Gegenwertforderung auch in der Neufassung rechtswidrig

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Nach der aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 07.09.2016 benachteiligt auch die Gegenwertregelung gemäß dem Satzungsergänzenden Beschluss zu §§ 23 bis 23c VBLS vom 21.11.2012 den aus der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ausgeschiedenen Beteiligten unangemessen.

Grundsätzlich hatte derjenige Arbeitgeber bzw. dessen Rechtsnachfolger im öffentlichen Dienst, der aus der Beteiligung mit einer Zusatzversorgungskasse (hier der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder) ausgestiegen ist, für die aus seiner Beteiligung hervorgegangenen derzeitigen und künftigen Rentenlasten an die Zusatzversorgungskasse einen sog. Gegenwert zu zahlen.

Bereits frühere Regelungen zum Gegenwert rechtswidrig

Im Oktober 2012 hat sich der Bundesgerichtshof erstmals mit der Frage befasst, was die VBL von Arbeitgebern verlangen darf, wenn sie aus der umlagefinanzierten Solidargemeinschaft ausscheiden. Einige Arbeitgeber hatten in der Vergangenheit sogar die Frage gestellt, ob die VBL überhaupt einen finanziellen Ausgleich fordern darf. Dieser Auffassung hat der Bundesgerichtshof eine Absage erteilt. Ein Ausstieg aus der umlagefinanzierten betrieblichen Altersversorgung auf Kosten der Solidargemeinschaft ist auch weiterhin nicht möglich. Allerdings hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die bisherige Regelung zur Berechnung des Gegenwerts ausgeschiedene Arbeitgeber unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist. Das Gericht hat Nachbesserungen gefordert, insbesondere bei der Ausgestaltung des Gegenwerts als Einmalzahlung. Mit der 18. Satzungsänderung vom 21.11.2012 hat die VBL die Berechnung des Gegenwerts daher in einigen Punkten geändert und als Alternative zum Gegenwert ein Erstattungsmodell eingeführt. Neben der Einmalzahlung bietet das neu geschaffene Erstattungsmodell, mit dem die Zahlungen über längere Zeiträume gestreckt werden, einen Interessenausgleich zwischen Arbeitgebern, die die Beteiligung bei der VBL beenden wollen, und Arbeitgebern, die die umlagefinanzierte betriebliche Altersversorgung weiterhin schultern wollen.

Auch die kommunalen und kirchlichen Zusatzversorgungskassen haben infolge der Rechtsprechung ihre Satzungen entsprechend geändert.

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass § 23 Abs. 2 der Satzung der VBLS, der die Zahlung eines Gegenwerts für die bei der VBL verbleibenden Versorgungslasten bei Beendigung einer Beteiligung regelt, wegen unangemessener Benachteiligung des ausgeschiedenen Beteiligten unwirksam ist (Urteile vom 10.10.2012 – IV ZR 10/11, IV ZR 12/11). Wir haben hierüber bereits berichtet (siehe http://www.ka-law.de/index.php/zusatzversorgungsrecht/informationen-fuer-arbeitgeber-im-oeffentlichen-dienst/30-aktuell-bgh-bestaetigt-rechtsprechung-der-gerichte-gegenwertforderung-unwirksam).

Am 21.11.2012 beschloss die VBL die 18. Satzungsänderung der VBLS, mit der die Gegenwertregelung in § 23 VBLS geändert und durch dei §§ 23a bis 23c VBLS ergänzt wurde. Darüber hinaus fasste der Verwaltungsrat der VBL für solche Beteiligte, die ihre Beteiligung zwischen dem 01.01.2002 und dem 31.12.2012 beendet hatten, einen Satzungsändernden Beschluss zu §§ 23 bis 23c VBLS vom 12.11.2012.

Auch die Neuregelungen der §§ 23 ff. VBLS sind rechtswidrig

In dem von der Kanzlei vertretenem aktuellen Fall hat sich der BGH erstmals mit der Neuregelung der §§ 23 ff. VBLS befasst. Die Klägerin kündigte ihre Beteiligung mit Wirkung zum 31.12.2006, weshalb die VBL die Gegenwertforderung auf rd. 4.2 Millionen Euro berechnete, welche die Klägerin an die Zusatzversorgungskasse zahlte. Die Rückforderung des Betrages ist Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Das Gericht bestätigt unsere Auffassung, dass auch die Neuregelung der Satzungsregelungen die ausgeschiedenen Beteiligten unangemessen benachteiligen und somit rechtswidrig sind. Die Neuregelung führt zu weitreichenden finanziellen Belastungen für die ausscheidenden Beteiligten. Diese werden bis zum Ende des Erstattungszeitraums finanziell so behandelt, als seien sie Beteiligte der VBL geblieben, da sie als Mindestbetrag den Wert der jährlichen Umlage bei fortbestehender Beteiligung zu zahlen haben, auch wenn die ihnen zurechnenden Rentenleistungen unter diesem Wert liegen. Zudem hat der ausscheidende Beteiligte die Zahlungen als jährliche Einmalzahlung im Voraus zu zahlen, während die Zusatzversorgungskasse die Betriebsrenten monatlich zahlt und die Beteiligten nur nur monatlichen Zahlung der Umlage oder eines Sanierungsgeld verpflichtet sind.

Die Folge der Rechtswidrigkeit der Regelungen ist, dass die VBL die Zahlungen rechtswidrig erhalten hat und mit einem Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz an die Klägerin zurückzahlen muss.

Weitere Neuregelung wird erwartet

Die Tarifvertragsparteien erhalten aber nochmals die Möglichkeit, die Satzung der VBL in diesem Punkt anzupassen. Es ist aber derzeit nicht vorhersehbar, wie diese aussehen wird. Sicher ist aber, dass wir auch künftig die Vorgehensweise der VBL beobachten und die Satzungsänderungen prüfen werden.

BGH, Urteil vom 07.09.2016 – IV ZR 172/15

Wir beraten und vertreten Sie gegen die VBL und andere Zusatzversorgungskassen. Speziell sind wir auch für Arbeitgeber im öffentlichen Dienst tätig und vertreten hinsichtlich Sanierungsgeld und Gegenwertforderungen.



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