Corona & § 313 BGB: Anspruch auf Vertragsanpassung?

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Wer Mieter einer Gewerbefläche oder Pächter einer Gaststätte etc. ist, weiß: seit März 2020 stehen Einnahmen und Mietkosten bzw. Pachtkosten oft in einem sehr schlechten Verhältnis. Denn mit Beginn der Corona-Pandemie brach der Umsatz häufig über Nacht weg, im zweiten und dritten Lockdown wurde es nicht besser. Eine Minderung der Miete/Pacht wegen „Mangel“ ist nicht möglich und mit der Anwendung von § 313 BGB „wegen Corona“ (Anspruch auf Anpassung des Vertrages wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage) waren die Gerichte sehr zurückhaltend.  

Zwar hat der Gesetzgeber zum 01.01.2021 eine Norm erlassen, die auch rückwirkend für 2020 gelten kann und die ein wenig mehr Klarheit geschaffen hat. Die rechtlichen Hürden für einen Anspruch auf Anpassung des Gewerbemietvertrages/Pachtvertrages in der aktuellen Situation sind aber nach wie vor hoch.

Neue Regelung im EGBGB  

Die Gerichte waren im Jahr 2020 u.a. unterschiedlicher Auffassung darüber, ob § 313 BGB auf Gewerbemietverträge oder Pachtverträge in der Corona-Pandemie überhaupt anzuwenden ist. Das sorgte für große Unklarheit und Rechtsunsicherheit, weshalb zum 01.01.2021 Art. 240 §7 EGBGB in Kraft gesetzt wurde.

Dieser legt allerdings nur fest, dass § 313 BGB im Falle der Pandemie und ihrer Folgen greifen kann und damit Gewerbemieter/Pächter grundsätzlich einen Anspruch auf Anpassung der vereinbarten Zahlungen haben können.

ABER: Dennoch sind die Hürden hoch, um nach § 313 BGB erfolgreich eine Anpassung der vereinbarten Zahlungen verlangen zu können. Denn das ist nur möglich, falls

  • die Situation des Mieters/Pächters existenzbedrohend ist, sofern er die vertraglich zugesicherte Pacht/Miete unverändert bezahlen muss, und
  • wenn eine Reduzierung der Zahlungen nicht die Existenz des Vermieters oder Verpächters bedroht.  

Was muss der Mieter/Pächter vortragen können?  

Wie gesagt – ein Gewerbemieter (Ladenfläche, Studio, Friseursalon etc.) bzw. Pächter (Gaststätte, Restaurant etc.) kann nicht einfach die Anpassung seiner Zahlungsverpflichtungen verlangen, wenn seine wirtschaftliche Situation wegen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Maßnahmen prekär ist.

Er muss vielmehr – auch anhand von Unterlagen! – nachweisen können, dass nur die Herabsetzung der Mietzahlung oder Pachtzahlung die Bedrohung seiner Existenz verhindern kann.

Ob das der Fall ist, dafür gibt es unterschiedliche Indizien: Ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr erheblich zurückgegangen? Hat sich das Verhältnis von Einnahmen über die Gewerbefläche zu Ausgaben für die Fläche seit Frühjahr 2020 erheblich verschlechtert? Indizien, die eher gegen eine existenzbedrohende Situation sprechen, sind hingegen, dass der Mieter/Pächter umfangreiche staatliche Unterstützungsleistungen erhalten hat, oder dass es möglich war, die Kosten insgesamt deutlich zu reduzieren (z.B. über Stundungen von Steuerzahlungen, Kündigung von Abonnements/Lieferanten oder Kurzarbeit).

Ergibt die Betrachtung der Gesamtsituation, dass die Miet- oder Pachtzahlungen tatsächlich existenzbedrohend sind, ist der Anspruch auf Anpassung der vertraglichen Zahlungsverpflichtung nach § 313 BGB möglich.  

Kann der Vermieter/Verpächter etwas entgegenhalten? 

Ja, der Vermieter oder Verpächter kann dem Anspruch auf Anpassung der Zahlungsvereinbarung im Gewerbemietvertrag oder Pachtvertrag tatsächlich etwas entgegenhalten. Das gilt vor allem dann, wenn der gewerbliche Vermieter oder Verpächter selbst in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten gerät, wenn er die vertraglich vereinbarten Zahlungen nicht mehr (in voller Höhe) erhält. Das ist vor allem bei Privatpersonen denkbar, die ihre Lebenshaltungskosten, eigene finanzielle Verpflichtungen gegenüber Banken oder ihre Altersvorsorge aus den Mieteinnahmen oder Pachteinnahmen bestreiten. Das wird besonders relevant, wenn der Mieter/Pächter im örtlichen Vergleich eine ohnehin relativ niedrige Miete oder Pacht bezahlt.

Ist eine Kündigung „wegen Corona“ nach § 313 BGB möglich?  

Grundsätzlich ist nach § 313 Abs. 3 BGB auch eine einseitige Kündigung eines Gewerbemietvertrages oder Pachtvertrages möglich. Allerdings sind auch hier die Hürden hoch, denn auch hier muss die Vertragskündigung die letzte und einzige Möglichkeit sein, eine existenzbedrohende Lage für den Gewerbemieter oder Pächter zu beenden.  

Einige führen hier Bedenken ins Feld: Kann ein befristeter Lockdown überhaupt existenzbedrohend werden? Da derzeit die 3. Welle der Pandemie massiv zuschlägt und das Impfen in Deutschland nur langsam Fahrt aufnimmt, sind wirklich existenzbedrohende Situationen inzwischen (März 2021) durchaus vorstellbar.

Einvernehmliche Vertragsanpassung anstreben

Unter dem Strich hat Art. 240 § 7 EGBGB zwar mehr Klarheit geschaffen, aber die Hürden für einen durchsetzbaren Anspruch auf Anpassung eines Gewerbemietvertrages sind dennoch enorm hoch!

Eine einvernehmliche Regelung bzw. Anpassung des Gewerbemietvertrages oder Pachtvertrages scheint damit die beste Chance zu sein – unabhängig von den Voraussetzungen des § 313 BGB. Da es vermutlich für Vermieter und Verpächter „nach“ der Corona-Pandemie nicht einfacher werden wird, Gewerbeeinheiten zu vermieten oder zu verpachten, kann eine einvernehmliche Lösung dann auch im Interesse der Eigentümer sein. Denn auch in dieser Situation ist der Spatz in der Hand besser als die Taube auf dem Dach. Wichtig ist dabei nur: machen Sie Vertragsanpassungen IMMER schriftlich und definieren Sie genau die Dauer der Anpassung. 

Sie haben Fragen zu Corona und § 313 BGB? Sie suchen professionelle anwaltliche Unterstützung? Rufen Sie mich gerne an unter 0221 / 1680 65 60 oder senden Sie eine Nachricht über das anwalt.de-Kontaktformular! 



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