Das neu angenommene Gesetz im Zusammenhang mit der Verbreitung der Erkrankung COVID-19

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Am 25. März 2020 verabschiedete der Nationalrat der Slowakischen Republik das Gesetz Nr. 62/2020 Slg. über einige Sondermaßnahmen im Zusammenhang mit der Verbreitung der gefährlichen ansteckenden Menschenkrankheit COVID-19 und in der Justiz und mit dem einige Gesetze geändert und ergänzt werden (nachfolgend als „das Neue Gesetz“ genannt), mit dem der Gesetzgeber mit Wirkung vom 27. März 2020 eine Reihe wichtiger Maßnahmen ergriffen hat.

Diese Maßnahmen können in zwei Gruppen geteilt werden, und zwar (i) gerichtliche Maßnahmen und (ii) andere Maßnahmen zur Einführung der Möglichkeit der SIM-Karten-Überwachung und Lokalisierung. 

Die neuen Maßnahmen sind entweder als vorübergehende Maßnahmen konzipiert, wobei das Neue Gesetz davon ausgeht, dass sie bis zum 30. April 2020 ihre Anwendung finden werden, oder als Maßnahmen, die nur in der Zeit einer Sondersituation oder in einem Notzustand angewendet werden können, mit dem wir gerade in der gegenwärtigen Situation konfrontiert sind.

In Bezug auf die vorübergehenden Maßnahmen ist jedoch darauf hinzuweisen, dass mit Hinsicht auf die unklare Zukunft der weiteren Entwicklung der Seuchenpandemie COVID-19, zu diesem Zeitpunkt auch eine weitere Verlängerung der Frist, bis wann diese Maßnahmen anzuwenden sind, nicht ausgeschlossen werden kann, worauf auch die Regierung der Slowakischen Republik als Vorleger des Neuen Gesetzes ausdrücklich aufmerksam gemacht hat.

Im Folgenden möchten wir die wichtigsten dieser Maßnahmen kurz zusammenfassen.

Maßnahmen in der Justiz

Beschränkung des Laufs von Fristen in privatrechtlichen Beziehungen bzw. deren Rückabwicklung

Im Sinne des Neuen Gesetzes werden in privatrechtlichen Beziehungen sowohl die Verjährungsfristen als auch die Präklusionsfristen unterbrochen, und dies vom 27. März 2020 bis zum 30. April 2020.

Diese Tatsache muss in den nach dem Privatrecht (insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch und das Handelsgesetzbuch) zustande gekommenen Rechtsbeziehungen berücksichtigt werden, und zwar nicht nur in der unmittelbar bevorstehenden Zeit, sondern auch in einigen Jahren, da es infolge der neuen Rechtsregelung zur Verjährung und Präklusion von einzelnen Rechten immer um mehr als einen Monat später kommt.

Gleichzeitig gilt nach dem Neuen Gesetz, dass die Verjährungs- und Präklusionsfristen in privatrechtlichen Beziehungen, die im Zeitraum nach dem 12. März 2020 bis 27. März 2020 bereits abgelaufen sind, nicht früher als 30 Tage nach dem Inkrafttreten des Neuen Gesetzes beendet werden, d. h., sie verfallen nicht früher als am 27. April 2020. Es handelt sich hier de facto um die Rückabwicklung von Verjährungs- und Präklusionsfristen sowohl in zivilrechtlichen als auch in handelsrechtlichen Beziehungen.

Ziel der oben genannten Regelung gemäß der Gesetzbegründung zu dem Neuen Gesetz ist es, sowohl den Bürgern als auch den Unternehmern die Situation zu erleichtern, und zwar in dem Sinne, damit sie in der äußerst schwierigen Zeit der Pandemie nicht in der Sorge leben müssen, dass ihre Rechte oder deren rechtliche Durchsetzbarkeit erlöschen. 

Beschränkung des Laufs von prozessualen Fristen

Beschränkung des Fristenlaufs in dem Zeitraum vom 27. März 2020 bis zum 30. April 2020 gilt auch für prozessuale Fristen, die vom Gesetz oder vom Gericht hinsichtlich der Vornahme der Verfahrenshandlung im Zivilverfahren festgelegt wurden.

Im Falle von außergewöhnlichen Umständen (d. h. wenn die Sache aus dem Grund der Bedrohung des Lebens, der Gesundheit, der Sicherheit, der Freiheit oder aus dem Grund eines erheblichen materiellen Schadens der Partei oder des Verfahrensteilnehmers keinen Aufschub duldet), ist das Gericht berechtigt, in der gegenständlichen Sache zu entscheiden, dass es zur Beschränkung des Laufs von prozessualen Fristen nicht kommt und gleichzeitig eine neue angemessene Frist festzulegen. Gegen eine solche Entscheidung des Gerichts ist kein Rechtsmittel zulässig.

Gerichtsverhandlungen und Ausschluss der Öffentlichkeit

Um die Konzentration von mehreren Personen in Gerichtssälen zu minimieren, dürfen Gerichte in Sondersituation oder im Notzustand die Gerichtsverhandlungen nur im unbedingt notwendigen Umfang durchführen. 

Es handelt sich also nicht um ein flächendeckendes Verbot von Gerichtsverhandlungen, sondern um eine Beschränkung auf das unvermeidbare Minimum. Zu diesem Minimum zählen insbesondere Verhandlungen in den Gerichtsverfahren über die Vormundschaft der Minderjährigen und in anderen Verfahren, ohne deren Nichtdurchführung ein unheilbarer Schaden oder eine andere schwerwiegende nicht abwendbare Folge droht.

Gleichzeitig ist das Gericht in Sondersituation oder im Notzustand berechtigt, aus dem Grund des Gesundheitsschutzes, die Öffentlichkeit auszuschließen; in diesem Fall ist es jedoch verpflichtet, eine Audioaufzeichnung der gesamten Verhandlung zu erstellen, die es unverzüglich nach der Anhörung jedem zur Verfügung stellt.

Verlängerung der Frist zur Stellung des Antrages auf Konkurseröffnung

Das neue Gesetz verlängert die Frist, innerhalb welcher der Schuldner im Falle seiner Überschuldung, die in der Zeit ab dem 12. März 2020 bis zum 30. April 2020 entstanden ist, verpflichtet ist, einen Antrag auf Konkurseröffnung einzureichen, und zwar auf 60 Tage ab dem Zeitpunkt, an dem er von seiner Überschuldung Kenntnis erlangt hat oder unter Beibehaltung der fachmännischen Sorgfalt hätte erfahren können. Wir weisen darauf hin, dass im Falle einer Überschuldung, die zu einem anderen Zeitpunkt als oben beschrieben, entstanden ist, eine Frist von 30 Tagen gewahrt bleibt.

Beschlussfassung per rollam bei kollektiven Organen juristischer Personen des Privatrechts

Um die Versammlung von mehreren Personen an einem Ort so gering wie möglich sicherzustellen, können kollektive Organe juristischer Personen, die nach dem Zivil- oder Handelsrecht gegründet wurden, ihre Entscheidungen auch per rollam treffen, d. h. durch die Korrespondenzabstimmung oder durch die Sicherstellung der Teilnahme der Mitglieder dieser Organe im elektronischen Wege.

Auf diese Weise können Entscheidungen nur in Sondersituation oder im Notfall getroffen werden, auch wenn diese Art des Entscheidungstreffens gemäß den internen Vorschriften oder gemäß den Statuten der betroffenen juristischen Personen nicht zulässig ist.

In diesem Zusammenhang verweist das Neue Gesetz auf die angemessene Anwendung der Bestimmungen des § 190a bis §190d des Handelsgesetzbuches, das das Entscheidungstreffen per rollam für die Aktiengesellschaften im Detail regelt. Diese Regelung soll für das Entscheidungstreffen per rollam auch in anderen juristischen Personen angewendet werden.

Vorübergehendes Verbot der Ausübung von Pfandrecht und Versteigerung

Eine weitere wichtige Maßnahme ist die Einführung eines vorübergehenden Verbots der Ausübung des Pfandrechts, und zwar in der Zeit vom 27. März 2020 bis 30. April 2020. Alle auf die Ausübung des Pfandrechts gerichteten Maßnahmen sind während dieses Zeitraums unwirksam.

Das Gleiche gilt auch für die Versteigerungen, d. h. während des Zeitraums vom 27. März 2020 bis 30. April 2020 dürfen der Versteigerer, der Gerichtsvollzieher und der Verwalter (i) keine Versteigerungen vornehmen, (ii) den Versteigerer mit dem Verkauf des Eigentums des Versteigerers beauftragen, (iii) kein Ausschreibungsverfahren oder ein anderes Wettbewerbsverfahren bezüglich des Verkaufs des Eigentums organisieren. 

Ein Verstoß gegen dieses vorübergehende Verbot wird als Ungültigkeit solcher Handlungen sanktioniert.

Ausnahme bei der Eintragung in das Register der Partner des öffentlichen Sektors

Mit dem neuen Gesetz wird eine Ausnahme vom Verbot des Vertragsabschlusses mit Unternehmen eingeführt, die nicht im Partnerregister des öffentlichen Sektors eingetragen sind. 

Die Einführung dieser Ausnahmeregelung soll die Situation vereinfachen, z. B. bei der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen oder Bauarbeiten während einer Sondersituation oder eines Notzustandes zum Zwecke des Lebens,- und Gesundheitsschutzes.

Nach der neuen Rechtsregelung ist der öffentliche Auftraggeber in einer Sondersituation oder bei einem Notzustand berechtigt, einen Vertrag auch mit einem Subjekt abzuschließen, der zur Eintragung in das Partnerregister des öffentlichen Sektors verpflichtet ist, jedoch nicht eingetragen ist, wenn es sich in diesem konkreten Fall um den Schutz des Lebens und der Gesundheit in einer Sondersituation oder in einem Notfall handelt und gleichzeitig bestimmte andere gesetzliche Bedingungen erfüllt sind.

Sonstige Maßnahmen

Eine weitere Maßnahme des Neuen Gesetzes, die in den Medien heftig diskutiert wurde, besteht darin, die Verwendung von sogenannten Standort- und Betriebsdaten, die durch elektronische Kommunikation entstehen, von Seiten des Gesundheitsamtes der Slowakischen Republik zum Zwecke des Lebens- und Gesundheitsschutzes der Bevölkerung zu ermöglichen.

Nach dem Neuen Gesetz kann diese Maßnahme nur in einer Sondersituation oder in einem Notzustand im Gesundheitswesen eingeführt werden, in dem das Leben und die Gesundheit der Bürger im Zusammenhang mit der Verbreitung einer Pandemie oder der Verbreitung einer gefährlichen ansteckenden menschlichen Krankheit unmittelbar gefährdet sind.

Jedwede Datenerhebung und Weiterverarbeitung durch das Gesundheitsamt der Slowakischen Republik ist nur im unbedingt notwendigen Umfang und für die unbedingt notwendige Zeit während der Dauer einer Sondersituation oder eines Notzustandes möglich, höchstens jedoch bis spätestens 31. Dezember 2020 möglich. Der Zweck eines solchen Eingriffes kann nur das rechtzeitige Identifizieren von potenziellen Trägern der Epidemie und die Verhinderung deren weiterer Verbreitung sein.

Für zusätzliche Fragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Bemerkung: Dieses Dokument dient lediglich als eine allgemeine Information und ersetzt nicht die Rechtsberatung in einer konkreten Rechtssache.


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