Das Problem mit dem Nachzüglererwerb für den Bauträger

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Der sognannte Nachzüglererwerb stellt für die meisten Bauträger bei einer Veräußerung an eine WEG ein deutliches Problem dar. Gemeint ist damit folgender Sachverhalt:

Ein Bauträger schließt gemäß § 650u BGB einen Bauträgervertrag mit einer (noch zu bildenden) Wohnungseigentümergemeinschaft und verpflichtet sich zu Errichtung und Herstellung eines entsprechenden Bauwerks, welches in Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum aufgeteilt ist.


Dem Grunde nach baut der Bauträger ein Bauwerk, welches später an mehrere Eigentümer im Rahmen des Wohnungseigentumsgesetzes übereignet werden soll.

Während sich der Bauträger dem Fertigstellungstermin nähert, kaufen immer mehr spätere Wohnungseigentümer Parzellen, also Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum, vom Bauträger ab.


Zumeist hat der Bauträger bis zur Fertigstellung des Bauwerks einen Großteil, wenn nicht alle Wohnungseigentumsanteile, veräußert. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, soweit der Bauträger einige von diesen Parzellen nicht veräußert hat. Typischerweise überbaut ein Bauträger häufig bei den sogenannten Nebengewerken. So kommt es häufiger vor, dass, insbesondere bei Stellplätzen, mehr errichtet und gebaut werden, als später abgenommen werden.


Bei dem sogenannten Nachzüglererwerber handelt es sich um einen Erwerber von Wohnungseigentum, welcher erst nach Fertigstellung durch den Bauträger Eigentum an Teilen des Bauwerks erwirbt und somit automatisch an dem Gemeinschaftseigentum mitberechtigt wird.


Nunmehr kommt es zu folgender, bemerkenswerter Konstellation.

Dem Grunde nach laufen nach dem Bauwerksrecht im BGB alle Gewährleistungsmängelrechte erst nach Abnahme des jeweiligen Bauwerks an.

Für die Erwerber des Wohnungseigentums vor Fertigstellung des Bauwerks bedeutet dies, dass mit Fertigstellung und Abnahme des Bauwerks die jeweiligen Baugewährleistungsfristen zu laufen beginnen.

Die Verjährung etwaiger Mängelrechte richtet sich zumeist nach § 634a Abs. 1 Satz 2 BGB und beträgt fünf Jahre nach Abnahme des Werkes (vergleiche Absatz 2).


Während nunmehr für alle Erwerber vor Fertigstellung des Bauwerks die gleiche Gewährleistungspflicht zu beginnen läuft (nämlich mit der Abnahme), ist der Nachzüglererwerber, der erst nach Fertigstellung des Bauwerks erwirbt, zunächst von dem Fristbeginn unbetroffen.


Nunmehr stellt sich die Frage, ob die verbindliche Abnahmerklärung der Wohnungseigentumsgemeinschaft gleichzeitig die Gewährleistungsfrist für etwaige Baumängel für den späteren Nachzüglererwerber beginn lässt.


Im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.05.2016 VII ZR 17115 hatte der Bundesgerichtshof sich mit genau dieser Konstellation zu befassen. Hier befand der Bundesgerichtshof grundlegend, dass etwaige Mängelgewährleistungsfristen für jeden Käufer separat zu laufen beginnt. Dies bedeutet für den sogenannten Nachzügler, dass seine Frist erst mit Erwerb und möglicherweise mit einer noch zu erfolgenden Abnahme seines Eigentums zu laufen beginnt.

Während man dies für das Sondereigentum des Nachzüglererwerbers durchaus noch verstehen mag, gilt der Fristbeginn für den Nachzüglererwerber allerdings auch für das Gemeinschaftseigentum.


Dies bedeutet, dass die grundsätzliche Verjährung des Baumängelrechts hier individuell zu betrachten ist und die Gewährleistungsfrist des Nachzüglererwerbers weit länger sein kann (im Urteil des BGH 13 Jahre), als die Gewährleistungsfrist der Erwerber, welche Wohnungseigentum vor Fertigstellung des Bauwerks erworben haben.


Diese Rechtsprechung verlängert die Mängelgewährleistung, welche der Bauträger zu leisten hat möglicherweise bis ins Unendliche (nämlich dann, wenn noch eine Abnahme geschuldet war, aber nicht erfolgt ist).

Einem Bauträger ist zu raten, soweit er mit Nachzüglererwerbern zu tun hat, § 650u BGB Anwendung findet und nicht bereits Kaufrecht (dies richtet sich nach der Länge der Nutzung und der individuellen Nutzung des Bauwerks), eine Abnahme nach Erwerb des Nachzüglers vorzunehmen. Soweit Baurecht anwendbar ist, beginnen etwaige Verjährung- und Mängelgewährleistungsfristen erst mit der Abnahme. Wird die Abnahme nicht vorgenommen, beginnen, so der Bundesgerichtshof, diese Fristen zunächst nicht zu laufen.


Häufig ist es ratsam, mit dem Erwerber nach dem Erwerb einen gesonderten Termin zu vereinbaren und das Bauwerk Stück für Stück durchzugehen und später darüber ein Abnahmeprotoll zu fertigen, welches auch direkt etwaige Mängel ausweisen kann.


Zwar hat sich seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs einiges in der diesbezüglichen Gesetzgebung getan, so gab es insbesondere eine Novelle des Baurechts und eine Novelle des WEG-Rechts, an der grundsätzlichen Wertung dürfte allerdings nach wie vor festgehalten werden.


Im Übrigen gibt es weiter Uneinheitlichkeit in der Rechtsprechung, ab wann das Bauwerksrecht mit seinem Werkmängelrecht anwendbar ist und ab wann das Kaufrecht mit dem kaufrechtlichen Gewährleistungsrecht Anwendung findet.

Grundsätzlich richtet sich dies bei den Bauträgerverträgen danach, wie lange ein Bauwerk bereits errichtet worden ist.


Als Faustformel kann man laut BGH heranziehen, dass ein Bauwerk, welches vor mehr als zwei Jahren fertig gestellt wurde, eher nach dem Kaufrecht zu beurteilen ist, während ein Bauwerk das vor weniger als zwei Jahren fertiggestellt worden ist, eher nach dem Bauwerkrecht zu beurteilen ist.


Auch bei der weitestgehenden Angleichung des Kaufmängelrechts und des Werkgewährleistungsrechts kommt es insbesondere bei der Frage der Selbstvornahme und der Vorschusszahlung doch noch zur Abweichung bezüglich der Regelungssysteme. Im Zweifel ist es hier ratsam, einen Experten für Baurecht zu konsultieren.



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