Wann bin ich erwerbsgemindert? Leistungsfähigkeit von mindestens 6 Stunden - Summierung von Leistungsein-schränkungen

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Oft lese ich in der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung von Rentenversicherungsträgern, dass eine positive Leistungsfähigkeit von 6 und mehr Stunden beim Versicherten besteht.                                

Und als negatives Leistungsbild sind sogenannten gewöhnliche Leistungseinschränkungen, wie beispielsweise „erhöhter Zeitdruck“, „Verantwortung für Personen und Maschinen“, „Ersteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten“, „Zwangshaltungen“, „Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr“ etc. ausgeschlossen.

Abgelehnt wird die Erwerbsminderungsrente sodann mit der Begründung, dass bei einer Leistungsfähigkeit unter den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von mindestens 6 Stunden täglich keine Erwerbsminderung vorliegt.

Kann man trotzdem erwerbsgemindert sein?

Lassen Sie uns diese Frage anhand der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 11.12.2019 - Az. B 13 R 7/18 - an der dort besprochenen und entschiedenen Fallvariante „Summierung von Leistungseinschränkungen" betrachten.

Das BSG hat in diesem Urteil entschieden, dass ein Arbeitsmarkt für körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten weiterhin in hinreichendem Umfang besteht. Auch die voranschreitende Digitalisierung in den letzten Jahren hat noch nicht zu einem Wegfall solcher „Einfacharbeit“  oder Helfertätigkeiten geführt, so das BSG.

Für einfache Tätigkeiten gilt, dass der Versicherte sie trotz der (oben genannten) gewöhnlichen Leistungseinschränkungen grundsätzlich ausüben kann.  

Um die  Vermutung, dass der Arbeitsmarkt einer Person offensteht, die noch 6 Stunden täglich arbeiten kann, zu widerlegen, muss eine Ausnahme vorliegen.

Alleine die Summierung gewöhnlicher Leistungseinschränkungen genügt nicht.

Eine dieser Ausnahmen ist die „Summierung von ungewöhnlichen Leistungseinschränkungen“ bei der versicherten Person. Hierzu müssen

- entweder mindestens zwei Leistungseinschränkungen nachgewiesen werden, die für sich genommen schon eine erhebliche Einschränkung auf dem Arbeitsmarkt  mit sich bringen oder

- mehrere auf den ersten Blick „gewöhnliche“ Leistungseinschränkungen vorliegen, die sich in ihrer Kombination so verstärken, dass sie sich insgesamt ungewöhnlich auf den Arbeitsmarkt auswirken.

Liegt eine solche Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, muss der Rentenversicherungsträger eine konkrete Verweisungstätigkeit benennen. Gelingt ihm das nicht, ist der Versicherte erwerbsgemindert.

Ob ein solcher Fall vorliegt, ist nach dem BSG in jedem Einzelfall zu überprüfen.

Gerne bin ich Ihnen behilflich, wenn es um Ihre konkrete Situation in Fragen um die Erwerbsminderungsrente geht, sei es in einem Beratungsgespräch, in der Vertretung im Widerspruchsverfahren oder vor dem Sozialgericht.  


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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