Die Fälligkeit des Werklohns erfordert keine zwingende Abnahme

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Verweigert der Auftraggeber aufgrund wesentlicher Mängel die Bauabnahme und macht nur noch auf die Zahlung gerichtete Werklohnansprüche geltend, dann wird der Werklohnanspruch des Auftragnehmers auch ohne zwingende Abnahme fällig. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen stellt einen Verzicht auf die vollständige Vertragserfüllung dar. Das hat das OLG Brandenburg am 08.11.2018 entschieden.

Grundsätzlich wird der Werklohnanspruch erst nach Bauabnahme und Vorliegen einer prüffähigen Schlussrechnung fällig. Bei vor dem 01.01.2018 abgeschlossenen Werkverträgen reichte für die Fälligkeit des Werklohns lediglich die Bauabnahme aus. Die Bauabnahme gilt dann als erfolgt, wenn keine Mängel vorliegen bzw. der Auftraggeber keine Nacherfüllung mehr verlangt, die Abnahme ernsthaft oder endgültig verweigert oder bereits die Ersatzvornahme durchgeführt hat. In solchen Fallkonstellationen liegt ein Abrechnungsverhältnis vor, das eine Bauabnahme entbehrlich macht.

In vorliegendem Fall wollte der Auftraggeber Abdichtungsarbeiten an einer Gebäudefassade durchführen lassen. Nach Durchführung der Leistungen lehnte der Auftraggeber die Bauabnahme ab und verweigerte den Ausgleich der erbrachten Leistungen, da diese zur Abdichtung des Gebäudes bereits im Vorfeld ungeeignet erschienen seien.

Die angebotenen Leistungen stellen für die Fassade keinen ausreichenden Feuchteschutz dar. Zudem liege dem Auftraggeber keine prüffähige Schlussrechnung vor. Der Bauunternehmer verklagte den Auftraggeber auf Zahlung des ausstehenden Werklohns. Der Auftraggeber hingegen fordert Schadensersatz in Form der Mängelbeseitigungskosten.

Das OLG entschied, dass der Werklohnanspruch fällig war, da der Auftragnehmer die geschuldeten Leistungen erbracht hatte, unabhängig davon, ob es zu einer Bauabnahme kam oder nicht. Wenn der Auftraggeber nicht mehr die Erfüllung des Vertrages verlangt, sondern vielmehr nur noch auf Zahlung gerichtete Gewährleistungsansprüche geltend macht, bedarf es keiner zwingenden Bauabnahme zur Fälligkeit des Werklohns.

In diesem Fall tritt ein Abrechnungsverhältnis zwischen den Parteien ein. Aus Sicht des Auftraggebers war es nicht möglich, die gerügten Mängel durch Nacherfüllung und damit durch ordnungsgemäße Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistungen zu beseitigen und damit ein mangelfreies Werk herzustellen. Darüber hinaus müsse eine fehlende Schlussrechnung binnen einer Frist von zwei Monaten nach Zugang geltend gemacht werden.

Fazit

Ein Abrechnungsverhältnis entsteht dann, wenn der Bauunternehmer den Werklohn für seine erbrachten Leistungen fordert, der Auftraggeber hingegen Leistungen fordert, die der Auftraggeber aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr nacherfüllen kann. Grundsätzlich ist der Bauunternehmer für die Planung und Ausführung eines funktionsfähigen Werkes verantwortlich. In diesem Fall hätte der Bauunternehmer die scheinbar ungeeigneten Leistungen im Rahmen der Nacherfüllung durch geeignete Maßnahmen ersetzen können.

Rechtsanwälte Streich & Kollegen

Herr Rechtsanwalt Finn Streich


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