Gutachten beim Hausbau – kann sich der Auftragnehmer darauf verlassen?

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Nicht unbedingt!


Ausgangsfall


Ein Auftragnehmer verpflichtete sich vertraglich, ein Haus zu errichten, wobei ihm vom Auftraggeber ein Bodengutachten zur Verfügung gestellt wurde. Dieses enthielt keinen Hinweis auf eine gesonderte Abdichtung des Sockels. Nach Fertigstellung traten im Sockelbereich Feuchtigkeitserscheinungen auf. Der Auftragnehmer wurde zur Haftung herangezogen (Urteil OLG Köln vom 2.2.2022).



Wie verteidigte sich der Auftragnehmer?


Der Auftragnehmer war der Ansicht, für die Feuchtigkeitserscheinungen nicht verantwortlich zu sein, weil das Bodengutachten nicht ausdrücklich von der Notwendigkeit einer besonderen Abdichtungsmaßnahme sprach. Außerdem wies der Auftragnehmer darauf hin, dass er bereits vor Vorlage des Bodengutachtens auf die mögliche Notwendigkeit einer Drainage hingewiesen habe.


Wie begründete das Gericht seine Entscheidung?


Das OLG Köln ging in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH davon aus, dass ein Bauwerk funktionstüchtig und zweckentsprechend sein müsse. Diese Verpflichtung bestehe für den Auftragnehmer unabhängig davon, ob die hierfür erforderlichen Einzelleistungen in der Leistungsbeschreibung oder im eingeholten Bodengutachten ausdrücklich genannt wurden. Aus Sicht des Gerichts gehört es beim Hausbau zur vereinbarten Beschaffenheit, dass das zu errichtende Gebäude ausreichend gegen Feuchtigkeit abgedichtet ist. Dies war vorliegend nicht der Fall.


Was bedeutet dies für den Auftragnehmer?


Der Auftragnehmer hätte das Bodengutachten und die Leistungsbeschreibung auf Plausibilität und etwaige Unvollständigkeiten oder Unrichtigkeiten hin untersuchen müssen. Wenn dem Auftragnehmer als Fachmann hierbei auffällt, dass es fachlich notwendig ist, bestimmte zusätzliche, nicht erwähnte Maßnahmen durchzuführen, hätte er den Auftraggeber darauf ausdrücklich hinweisen müssen. Da dies unterblieben ist, wurde der Auftragnehmer in die Haftung genommen.


Was bedeutet dies für die Praxis?


Auftragnehmer müssen zwingend beachten, dass Bauwerke funktionstüchtig und zweckentsprechend errichtet werden. Sich nur auf die Leistungsbeschreibung und ein Gutachten zu verlassen, hilft einem Auftragnehmer wenig. Nach § 13 Abs. 1 VOB/B ist er verpflichtet, die allgemein anerkannten Regeln der Technik anzuwenden. Wenn diese durch die Leistungsbeschreibung oder ein Gutachten nicht beachtet werden, darf er diese Fehler nicht einfach übergehen, sondern muss als Fachunternehmer darauf hinweisen und im Zweifel seinen Hinweis auch beweisen können, d.h. also Schriftform ist in diesem Falle zwingend erforderlich.


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Finn Streich

Rechtsanwälte Streich & Kollegen

Foto(s): @pixabay.com

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