Diskriminierung durch Stellenanzeige: "junges Team"

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Immer wieder liest man Stellenanzeigen, mit denen nach neuen Kolleginnen und Kollegen für ein „junges Team“ gesucht wird. Dass dies äußerst riskant ist, zeigt erneut ein Gerichtsurteil aus dem letzten Jahr (Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urt. v. 27.05.2020, Az. 2 Sa 1/20):

Ein Arbeitgeber hatte online eine Stellenanzeige geschaltet, mit der nach einem „Mitarbeiter SAP-Anwendungsbetreuung (m/w/d)“ gesucht wurde. Bzgl. des Karrierelevels war „Berufseinsteiger“ angegeben. Im Begleittext fand sich unter der Überschrift „Wir bieten Ihnen“ folgender Text: 

Zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, hoch motivierten Team in einem sehr interessanten und abwechslungsreichen Themenumfeld …“ 

Auf diese Stellenanzeige bewarb sich u.a. ein 61-jähriger Bewerber, der über umfangreiche Berufserfahrung als SAP-Spezialist und diverse einschlägige SAP-Zertifikate verfügte. Der Arbeitgeber lehnte die Bewerbung nach Durchsicht der Bewerbungsunterlagen im Rahmen einer Vorauswahl per E-Mail mit der Begründung ab, sich für andere Bewerber entschieden zu haben, die das spezielle Anforderungsprofil noch besser erfüllten. Der abgelehnte Bewerber fühlte sich wegen seines Alters diskriminiert. Offensichtlich habe er mit seinen 61 Jahren nicht in das in der Stellenanzeige beschriebene „junge Team“ gepasst. Er verlangte von dem Arbeitgeber eine Entschädigung wegen der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Der Arbeitgeber lehnte dies ab und argumentierte, dass sich die Stellenanzeige nicht nur an junge Bewerber gerichtet habe, sondern lediglich potentielle Bewerber darüber informieren sollte, dass das Team selbst noch nicht lange Zeit besteht, also „jung“ ist.  Allenfalls könne man die Anzeige so verstehen, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb hochmotiviert sind. Den abgelehnten Bewerber überzeugte dies nicht und es kam zum Gerichtsstreit.

Das Gericht gab dem Bewerber Recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern an den abgelehnten Bewerber. Die Stellenanzeige verstieß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters (§ 11 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG). 

Die Formulierung in der Stellenanzeige, wonach dem/der Bewerber/in eine zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem „jungen, hochmotivierten Team“ geboten wird, bewirkte nach Überzeugung des Gerichts eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters. Begründung: Mit dem Begriff „jung“ wird unmittelbar an das Lebensalter angeknüpft. Verstärkt wurd diese Bezugnahme auf das Lebensalter hier durch die Verbindung mit dem Begriff „hochmotiviert“, der ebenso wie der Begriff „dynamisch“ eine Eigenschaft beschreibt, die eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben wird. Wird in einer Stellenanzeige darauf hingewiesen, dass eine zukunftsorientierte Mitarbeit in einem „jungen hochmotivierten Team“ geboten wird, infor-miert dieser Hinweis nicht nur potentielle Bewerber darüber, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb hochmotiviert sind. Er ist vielmehr so zu verstehen, dass eine Person gesucht wird, die in das Team passt, weil sie ebenso jung und hochmotiviert ist wie die vorhandenen Teammitglieder. Eine Auslegung als bloße Information darüber, dass das Team selbst noch nicht lange Zeit besteht, ist fernliegend, wenn dies nicht zugleich in der Stellenanzeige erläutert wird. Ansonsten kann eine solche Formulierung nur bezwecken, einen zum vorhandenen Team passenden - und damit jungen - neuen Beschäftigten zu gewinnen.  

Die Gerichtsentscheidung liegt auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und zeigt einmal mehr, dass alles, was auf das Lebensalter hindeuten könnte, auch in Gestalt von Anglizismen ("Young Professionals"), in Stellenanzeigen unterbleiben sollte. Stattdessen sollten Arbeitgeber andere Begriffe wählen, um ihre Arbeitsatmosphäre zu beschreiben: „dynamisch“ und „hochmotiviert“ etwa sind für sich genommen unschädlich. Erst durch die Verbindung mit dem „jungen“ Umfeld vor Ort gerät eine solche Selbstbeschreibung eines Unternehmens in den Fokus enttäuschter Bewerber/innen.


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