„Eltern haften für ihre Kinder“? Die Haftung bei Aufsichtspflichtverletzungen der Eltern gegenüber den Kindern

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Nach §§ 1626, 1631 S.1 BGB umfasst die Personensorge die Pflicht und das Recht, das Kind bis zur Volljährigkeit zu pflegen, zu erziehen, zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Die Personensorgeberechtigten sind grundsätzlich die Eltern. Es kann sich jedoch auch aus anderen Beziehungskonstellationen eine Aufsichtspflicht gegenüber einem Minderjährigen ergeben, das ist der Fall bei Kindergärtnern/ Kindern, Lehrern/ Schülern, Ausbildern/Auszubildenden, Pflegeeltern/Pflegekindern.

Verursacht das Kind einen Schaden, stellt sich die Frage, wer für den entstandenen Schaden haften muss. Kinder unter sieben Jahren sind nicht deliktsfähig und damit selbst nicht haftbar. Kinder ab sieben Jahren haften für die Schäden, die nach ihrer individuellen Einsichtsfähigkeit vermeidbar gewesen wären. Für eine Bejahung der Einsichtsfähigkeit sind stets die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Eltern haften für die Schäden ihrer Kinder nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Damit ist der Satz „Eltern haften für ihre Kinder“ pauschal nicht richtig. Voraussetzung für eine Haftung ist somit immer eine Aufsichtspflichtverletzung.

Der konkrete Umfang der Aufsichtspflicht ist gesetzlich nicht geregelt. Der Umfang bestimmt sich daher nach dem Alter, der Eigenart und dem Charakter des Kindes. Zudem kommt es darauf an, was den Eltern in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann und was verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um eine Schädigung Dritter durch ihr Kind zu verhindern. Um eine Aufsichtspflichtverletzung feststellen zu können, müssen stets alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden.

Haben die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt, kann § 1664 Abs. 1 BGB als Anspruchsgrundlage für Schadensersatzansprüche des Kindes gegen die Eltern dienen. § 1664 BGB ist auf Grund der familienrechtlichen Prägung nicht auf andere Aufsichtspersonen außer den Eltern anzuwenden.

So nahm auch der BGH einen Anspruch aus § 1664 Abs. 1 BGB bei einer Aufsichtspflichtverletzung der Eltern gegenüber ihrem dreijährigen Kind an. Das Kind hatte mit seinen Eltern ein Pferdeturnier besucht und begab sich unbemerkt in einen Pferdeanhänger, wo es von einem Pferd getreten wurde. Eine Haftung der Pferdehalterin und des Veranstalters wurde verneint, da diese nicht damit rechnen mussten, dass ein Kind in einen Pferdeanhänger steigt. Angesichts der Gefahren, die solch eine Umgebung mit sich bringt, hätte die Beaufsichtigung der Eltern verantwortungsbewusster erfolgen müssen. Dem Kind stand damit ein Schadensersatzanspruch gegen die Eltern zu und diese mussten für sämtliche Kosten aufkommen (Urteil vom 19.01.2021 - VI ZR 210/18).

Sind wie in diesem Fall mehrere Personen an dem Schadensfall beteiligt, kann es mitunter schwierig sein, eine Haftung der Beteiligten klar festzustellen. Es kommt daher immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Allgemein kann jedoch festgehalten werden, dass die Anforderungen an die Aufsichtspflicht steigen, je gefährlicher die konkrete Situation ist. Dabei spielt das Alter des Kindes auch eine wichtige Rolle, da bei Kleinkindern bis zu drei Jahren eine ständige Aufsichtspflicht besteht.


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