Enterbt. Bekomme ich trotzdem etwas ?

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Wird von der gesetzlichen Erbfolge abgewichen und z.B. der Abkömmling, die Eltern oder Ehegatte des Erblassers etwa durch Testament oder Erbvertrag von der Erbfolge ausgeschlossen, zählt der ausgeschlossene zu den sogenannten Pflichtteilsberechtigten und kann die draus resultierenden Ansprüche geltend machen. Eine "Enterbung" hat also nicht unbedingt zur Folge, dass man vollkommen anspruchslos gestellt ist.  

Im Gesetz heißt es hierzu in § 2303 Abs. S. 1 und Abs. 2 S. 1 BGB: " Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen.
Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. "

Das Gesetzt nimmt dabei eine Abwägung zwischen der Solidarität mit der Familie und der Testierfreiheit vor. Nahen Angehörigen wird dabei ein Mindestanspruch zugesichert, der unabhängig vom Willen des Erblassers bestehen bleibt. 


  • Welche Ansprüche habe ich als Pflichtteiilsberechtigter ?

    Die wichtigsten Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten sind der Auskunftsanspruch gegenüber den Erben und der Zahlungsanspruch.

    Der Auskunftsanspruch richtet sich nach § 2314 BGB und gibt Pflichtteilsberechtigten einen solchen über den Bestand des Nachlasses gegenüber dem Erben. Dieser muss die Auskunft erteilen und dies auf Verlangen sogar in Form eines Verzeichnisses (§ 260 BGB), welches durch einen Notar erstellt wurde. Die Kosten für die Auskunftserteilung sind vom gesamten Nachlass zu tragen.

    Der Auskunftsanspruch dient dazu, dem Pflichtteilsberechtigten die Möglichkeit zu geben sich überhaupt einen Überblick über den Umfang des Nachlasses zu verschaffen und dann im nächsten Schritt die Höhe seines Zahlungsanspruchs ermitteln zu können. Dem Umfang nach erstreckt sich der Auskunftsanspruch demnach über die Informationen zu allen, zum Zeitpunkt des Erbfalls (Sterbedatum) tatsächlich vorhandenen Nachlassgegenstände (Aktiva) und Nachlassverbindlichkeiten (Passiva). Hierzu gehören z.B. Informationen zu vorhandenen Grundstücken, Unternehmensbeteiligungen oder Bankguthaben.

    Wichtig: Der Pflichtteilsanspruch ist ein reiner Zahlungsanspruch und richtet sich nicht etwa auf die Herausgabe bestimmter Gegenstände. Beträgt die Pflichtteilsquote z.B. 1/4, kann der Berechtigte nicht 1/4 einer z.B. vorhandenen Münzsammlung herausverlangen, sondern nur 1/4 des Wertes der Münzsammlung.

  • Wie hoch ist der Pflichtteilsanspruch ?

    Sehr verbreitet und falsch ist zu dieser Frage die Meinung, dass die Höhe der Pflichtteilsquote stets 1/2 betrage.

    Im Gesetz steht zur Höhe des Anspruchs in § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB: "Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. "

    Wäre man also z.B. als gesetzlicher Erbe neben seinen drei Geschwistern zu einer Erbquote von 1/4 Erbe geworden, stünde einem als Pflichtteilsberechtigter nur die Hälfte dieses Anteils, mithin 1/8 zu.

  • Kann zum Pflichtteil etwas dazukommen oder abgezogen werden ?

    Das Pflichtteilsrecht umfasst eine Vielzahl von Vorschriften, welche den grundsätzlichen Pflichtteilsanspruch ("Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils") erweitern und beschränken.

    Ein wichtiges Beispiel für die Erweiterung des Pflichtteils, ist der (rechtlich selbstständige) Pflichtteilergänzungsanspruch bei Zuwendungen des Erblassers zu Lebzeiten (§ 2325 BGB). Hierdurch soll verhindert werden, dass der garantierte Pflichtteil durch Verfügungen zu Lebzeiten in unzulässiger Weise geschmälert wird.
    Hat der Erblasser z.B. eine Armbanduhr mit einem Wert von 10.000,00 € unmittelbar vor seinem Tod an einen Dritten verschenkt, ist dieser Wert anzurechnen. Es wird also bei der Berechnung des Pflichtteils so getan, als wenn die Uhr niemals verschenkt worden wäre. In diesem Zusammenhang ist jedoch die Vorschrift des § 2325 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen. Danach wird der Wert des Gegenstandes nur innerhalb des ersten Jahres nach der Zuwendung voll berücksichtigt und mit Ablauf jedes weiteren Jahres mit 10 % weniger. Im genannten Beispiel müsste beim Erbfall nach über 3 Jahren nach der Zuwendung also nur noch ein Wert von 8.000,00 € berücksichtigt werden.

    Ein wichtiges Beispiel für die Beschränkung des Pflichtteils, ist die Vorschrift des § 2057a BGB. Danach wird z.B. Mithilfe im Haushalt des Erblassers oder eine Pflegeleistung durch einen Abkömmling berücksichtigt, wenn dies zum Erhalt oder der Vermehrung des Vermögens geführt hat. Hat also z.B. die alleinerbende Schwester den gemeinsamen Vater über Jahre intensiv gepflegt, kann dies den Pflichtteilsanspruch des Bruders erheblich Schmälern. Der Umfang der Ausgleichspflicht gegenüber dem pflegenden oder helfendem Abkömmling hängt von Art und Umfang der erbrachten Lesitungen ab und richtet sich nach deren Gesamtschau. Es muss insofern nicht jede einzelne Arbeitsstunde aufgelistet werden.
    Mit Blick auf die immer älter werdende Bevölkerung, hat insbesondere die Berücksichtigung von Pflegeleistungen erhebliche Praxisrelevanz gewonnen.

  • Wie lange kann ich meinen Pflichtteilsanspruch geltend machen ?

    Der Pflichtteilsanspruch unterliegt der dreijährigen Regelverjährung. Den Fristbeginn regelt dabei § 199 BGB und dieser beginnt danach mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entsteht und der "der Gläubiger -also Pflichtteilsberechtigte- von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners - also dem/den Erben- Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste".
    Für den Fristbeginn ist also auch entscheidend, wann man überhaupt davon erfährt, dass man Pflichtteilsberechtigter ist und wer die übrigen Erben sind.


Das Pflichtteilsrecht ist in vielen verschiedenen Paragrafen des BGB geregelt und durchaus kompliziert und vielschichtig. Dabei sind mehrere Problemfelder von hoher praktischer Relevanz. Fragen zur Verjährung, der konkreten Berechnung, Möglichkeiten der Beschränkung und Ergänzung des Pflichtteils tauchen dabei immer wieder auf. 

Wenn Sie einen Pflichtteilsanspruch haben oder als Erbe einem Pflichtteilsanspruch ausgesetzt sind oder vorausschauend potenzielle Pflichtteilsansprüche möglichst begrenzen wollen, vertrete und berate ich Sie gerne auf diesem Gebiet. Kontaktieren Sie mich einfach.

G.Ellinghaus
Rechtsanwalt


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