Enterbt - wie geht es weiter?

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Dass z. B. ein Kind oder ein Ehegatte wirksam durch Testament enterbt wurde, kommt gar nicht so selten vor. Für viele ist damit die Vorstellung verbunden, in diesem Fall leer auszugehen. Zurück bleiben dann oftmals der Ärger auf den Verstorbenen und familiäre Spannungen.

Teilweise denken die Betroffenen gar nicht daran, dass sie möglicherweise Ansprüche auf den Pflichtteil haben. Pflichtteilsberechtigt nach § 2303 BGB sind nicht nur Kinder, sondern z. B. auch enterbte Ehegatten. Der Pflichtteilsanspruch richtet sich gegen den Erben. Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs entspricht der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils, § 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB. Beim Ehegatten bestehen Besonderheiten.

Hat beispielsweise eine Witwe, die zwei Söhne hinterlässt, einen der Söhne enterbt, so beträgt der Pflichtteilsanspruch des enterbten Sohnes ein Viertel des Nachlasses, denn bei gesetzlicher Erbfolge hätte der Sohn die Hälfte geerbt. Dieser Anspruch ist ein Geldanspruch, bestimmte Gegenstände kann der Pflichtteilsberechtigte folglich nicht herausverlangen.

Um die Höhe seines Pflichtteilsanspruchs festlegen zu können, hat der Pflichtteilsberechtigte umfangreiche Ansprüche auf Auskunft gegen den Erben. So kann er etwa ein Nachlassverzeichnis von diesem verlangen. Das Verzeichnis enthält nicht nur Aktivposten, wie z. B. Kontobeträge und Grundstückswerte, sondern auch abzugsfähige Posten, die Nachlassverbindlichkeiten, wie z. B. Steuerschulden und Bestattungskosten. Hier muss sehr genau geprüft werden. In diesem Zusammenhang sind auch bestimmte Schenkungen des Erblassers zu berücksichtigen, jedoch auch, ob sich der Pflichtteilsberechtigte Zuwendungen aus der Vergangenheit anrechnen lassen muss.

Der Pflichtteilsberechtigte kann auch Ansprüche auf Pflichtteilsergänzung (§ 2325 BGB) haben, denn Schenkungen des Erblassers, die keine Anstands- und Pflichtschenkungen sind, führen zu einer Schmälerung des Nachlasses und damit zur Verringerung seines Pflichtteils.

Ein weitere mögliche Forderung des Pflichtteilsberechtigten ist der Anspruch auf den Zusatzpflichtteil (§ 2305 BGB); wenn dem Pflichtteilsberechtigten ein Erbteil hinterlassen wird, der geringer als sein Pflichtteil ist, so kann er den fehlenden Teil bis zum Wert des Pflichtteils verlangen. Beispiel: Der enterbte Sohn (Fall oben) soll von dem Reinnachlass in Höhe von 100.000,- € laut Testament 20.000,- € erhalten. Da sein Pflichtteil 25.000,- € beträgt, kann er noch 5.000,- € als Zusatzpflichtteil vom Erben fordern.

Zu beachten ist stets, dass auch Pflichtteilsansprüche der Verjährung unterliegen.

In bestimmten Fällen kann der Pflichtteil entzogen werden; so gemäß § 2333 BGB dann, wenn ein Abkömmling dem Erblasser nach dem Leben trachtet.

Gerade aufgrund der Komplexität von Pflichtteilsansprüchen ist eine anwaltliche Beratung zu empfehlen, zunächst um alle relevanten Fakten zu sammeln und zu bewerten, um dann in der Folge eine effektive und fachkundige Vorgehensweise zu gewährleisten.


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