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Frauentormauer in Nürnberg: Bordellbetriebe oder Prostitutionsstätten?

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In der Straße Frauentormauer in Nürnberg bieten Prostituierte in 17 Prostitutionsstätten ihre Dienste an. Es handelt sich um eine der ältesten Rotlichtmeilen in Deutschland. 

Hier ereignete sich eine Posse, die wahrscheinlich auf einem falschen Verständnis der Fünfzehnten Bayerischen Infektionsschutz-maßnahmenverordnung (15. BayIfSMV) vom 23.11.2021 beruht. 

Am 24.11.21 ab ca. 4:00 Uhr morgens begab sich nach Angabe von Betreibern und in den Betrieben tätigen Damen die Besatzung einer Polizeistreife in sämtliche Betriebe in der Frauentormauer und forderte die anwesenden Prostituierten bzw. Betreiber auf, die Läden zu schließen bzw. die Tätigkeit einzustellen. Es handele sich um Bordellbetriebe, die gemäß der Verordnung geschlossen werden müssten.

Richtig ist, dass die Verordnung in § 14 Abs. 3 eine Schließung von Clubs, Diskotheken sowie Bordellbetrieben und vergleichbaren Freizeiteinrichtungen vorschreibt. Der Verordnungsgeber hat sich allerdings bewusst dagegen entscheiden, Prostitution an sich zu verbieten und eine Schließung sämtlicher Prostitutionsstätten zu verfügen.

Allerdings handelt es sich bei den Betrieben in der Frauentormauer - übrigens auch nach Ansicht des zuständigen Ordnungsamtes in Nürnberg - eben nicht um Bordellbetriebe im Sinne der Verordnung, sondern um Prostitutionsstätten. Diese dürfen auch nach der neuen Verordnung geöffnet bleiben. 

Bayern unterscheidet zwischen den Begriffen "Prostitutionsstätten" und "Bordellbetriebe". Dazu erging bereits im Juli 2020 eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Das Gericht sah hier den Betrieb des dortigen Antragstellers nicht als Bordellbetrieb an, da hier kein erhöhtes Infektionsrisiko aufgrund des Aufeinnandertreffens einer Vielzahl von Personen vorlag. Es handelt sich um einen Betrieb mit immerhin insgesamt 24 Zimmern, die jeweils mit einer Dusche ausgestattet und nicht miteinander verbunden sind. Räume, die der Anbahnung sexueller Dienstleistungen dienen oder von mehr als zwei Personen genutzt werden können, sind nicht vorhanden.   

Demnach werden als "Bordellbetriebe" im Sinne der Verordnung nur jene Betriebe angesehen, "in denen ein gleichzeitiges Zusammentreffen einer Vielzahl von Personen - vergleichbar den ebenfalls untersagten Clubs und Diskotheken - möglich ist". Solche Bordelle, in denen es nicht zu größeren Menschenansammlungen kommt, gelten als Prostitutionsstätten. Dies gilt auch für die Betriebe in der Frauentormauer. 

Der am 25.11.21 zum Sachverhalt befragte Mitarbeiter des Ordnungsamts gab an, dass die Schließungsanordnung nicht von dieser Behörde stamme.  Offenbar ist die Polizei hier eigenmächtig tätig geworden. Der Behördenmitarbeiter stellte anheim, sich direkt mit der Polizei in Verbindung zu setzen. 

Die zuständige Polizeiinspektion Nürnberg wurde dann per Mail zur Stellungnahme bzw. Berichtigung des Fehlers unter Androhung rechtlicher Schritte aufgefordert. Interessant ist, dass man dort von dem Einsatz am 24.11.21 nichts wissen möchte. Es heißt hier in der Antwort u.a.:

"Uns als örtlich zuständige Polizeiinspektion liegen hierzu keinerlei dokumentierten Einsätze vor".

Eine Rückmeldung bis zum 26.11.21 um 12:00 Uhr wurde in Aussicht gestellt. 

In der Folgezeit setzten sich einzelne Betreiber telefonisch mit der Polizei in Verbindung und erhielten die Auskunft, dass sie ihre Betriebe öffnen können. 

Man darf sich wundern. Sind hier einzelne Beamte eigenmächtig ohne vorherige Absicherung tätig geworden und haben unter Verkennung der Rechtslage Betriebe geschlossen? 

In einer weiteren Mail der Polizeiinspektion vom 26.11.21, 11:28 Uhr heißt es u.a.:

"Nachdem für die Überwachung der Regelungen der 15. BayIfsMV die Stadt Nürnberg verantwortlich ist und die Polizei nur im Rahmen der Amts-/Vollzugshilfe unterstützend tätig wird, wird von unserer Seite keine Betriebsuntersagung vorgenommen".

Die Mail enthält weder eine Bestätigung noch eine Entschuldigung für ein Fehlverhalten einzelner Polizisten. Eine Aufarbeitung der Angelegenheit steht noch aus. 




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