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Hans. OLG: Werbeangabe "Hausverkauf zum Höchstpreis" kann als Spitzenstellungswerbung irreführend sein

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Die Werbung mit Superlativen wie Höchstpreisen oder Bestpreisen ist offenbar noch immer weit verbreitet, wenn auch rechtlich oftmals irreführend und damit unzulässig. 

Die Wettbewerbszentrale ging bereits in der Vergangenheit gegen Immobilienmakler vor, die etwa mit den Angaben „Immobilie zum Höchstpreis verkaufen“ oder „Verkauf zum Bestpreis“ warben. Der oben genannten Entscheidung liegt ebenfalls ein von der Wettbewerbszentrale eingeleitetes Verfahren zugrunde. 

Auch im Dienstleistungssegment des Ankaufs von Gold und sonstigen Edelmetallen kommt es mitunter vor, dass mit derartigen Superlativen geworben wird. 

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist nicht unumstritten, ob es sich bei derartigen Werbemaßnahmen um eine so genannten Spitzenstellungswerbung oder aber (nur) um eine Spitzengruppenwerbung handelt. Bei einer Spitzenstellungswerbung behauptet der Werbende eine Spitzenstellung. Die Werbung mit Höchstpreisen oder Bestpreisen ist dann so zu verstehen, dass bundesweit der höchste bzw. beste Preis gezahlt wird. Handelt es sich hingegen bei der Werbung mit diesen Superlativen lediglich um eine Spitzengruppenwerbung, würde die Werbung von den beteiligten Verkehrskreisen nur so verstanden werden, dass der Werbende mit seinen Preisen in der Spitzengruppe der Mitbewerber liegt (und nicht etwa den tatsächlich höchsten/besten Preis anbietet). 

Das Landgericht Berlin erachtet Höchstpreis- bzw. Bestpreis-Angaben als Spitzenstellungsbehauptung, ebenso das Landgericht Hamburg (vgl. beispielsweise Landgericht Berlin, Urteil vom 07.08.2018, Az. 15 O 295/17; Urteil vom 05.06.2018, Az. 16 O 267/17; Landgericht Hamburg, Urteil vom 03.12.2020, Az. 312 O 367/19). Die genannten Entscheidungen betreffen irreführende Werbeaussagen von Immobilienmaklern, die von der Wettbewerbszentrale angegriffen worden waren. 

Die Wettbewerbskammern des Landgerichts Hamburg erachten durchgehend die Werbung mit Höchstpreisen oder Bestpreisen durch Ankäufer von Gold und Edelmetallen ebenfalls als irreführende Spitzenstellungsbehauptung.

Auch der Bundesgerichtshof nimmt wohl in diesem Dienstleistungssegment eine Spitzenstellungsbehauptung, keine Spitzengruppenbehauptung an (BGH GRUR 2015, 186 - Wir zahlen Höchstpreise). 

Anders das OLG Köln, dass die Werbung mit Höchstpreisen nur als Spitzengruppenwerbung ansieht:

 „… Der angesprochene Durchschnittsverbraucher erwartet bei der Werbung mit einem „Höchstpreis“ nicht, dass ihm der absolut beste Preis auf dem gesamten Markt angeboten wird, sondern nur, dass der Preis im obersten Bereich liegt. Zwar ist „höchst“ der Superlativ zu „hoch“ und der Superlativ seinerseits eine typische Ausdrucksform für die Alleinstellung. Dementsprechend wird das Präfix „Höchst“ im Zusammenhang mit der Bildung von Substantiven (Höchstleistung, Höchstform, Höchstgebot pp.) regelmäßig als Ausdruck für etwas nicht zu Überbietendes verwendet. Allerdings erweckt Werbung mit einem Superlativ nicht in jedem Fall den Eindruck einer Allein- oder Sonderstellung; häufig besagt der Superlativ nach dem Gesamtinhalt einer Ankündigung nur, dass das angepriesene Erzeugnis ein Spitzenerzeugnis ist, womit das Vorhandensein gleichwertiger Erzeugnisse eingeräumt wird…“ (OLG Köln, Urteil vom 19.06.2015, Az.: 6 U 173/14).  

Der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgericht hat in einer aktuellen Entscheidung die Werbeaussage "Hausverkauf zum Höchstpreis" eines Immobilienmaklers - nach hier vertretener Ansicht völlig zutreffend - als irreführende Spitzenstellungsbehauptung angesehen (Urteil vom 09.12.2021, Az.: 5 U 180/20). Das Gericht führt hier aus:

„Die beanstandete Werbung ist als Spitzenstellungswerbung irreführend.

Wird eine Werbung von einem erheblichen Teil des Publikums dahin verstanden, dass der Werbende allgemein oder in bestimmter Hinsicht für sich allein eine Spitzenstellung auf dem Markt in Anspruch nimmt, so liegt eine Alleinstellung vor (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 5 Rn. 1.138). Dies ist bezüglich der Werbeaussage „Hausverkauf zum Höchstpreis“ der Fall. Diese Angabe stellt nach den Gesamtumständen eine unzulässige Spitzenstellungsbehauptung dar. Sie bringt zum Ausdruck, die Beklagte übertreffe hinsichtlich des durch ihre Einschaltung erzielten Verkaufspreises sämtliche anderen Immobilienmakler. Denn durch ihre Dienstleistung werde der Höchstpreis erzielt.

Der Superlativ ist eine typische Ausdrucksform für die Alleinstellung (Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 5 UWG Rn. 1.141). Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine messbare Größe wie der Preis in Bezug genommen wird. Weiter gestützt wird diese Wertung durch die Verwendung eines bestimmten Artikels, wie er sich hier durch die Verkürzung der Worte „zu dem“ im Wort „zum“ findet. Dementsprechend sind in der Rechtsprechung in der Werbung verwendete Formulierungen wie „Wir zahlen Höchstpreise“ (vgl. BGH GRUR 2015, 186 – Wir zahlen Höchstpreise), „Zum Bestpreis verkaufen“ (KG GRUR-RR 2019, 543 Rn. 6 – Bestpreisverkauf), „Höchstpreis für Ihre Immobilie“ bzw. „Immobilie zum Höchstpreis verkaufen“ (LG Berlin WRP 2020, 789 – Höchstpreis für Ihre Immobilie) oder „Bester Preis der Stadt“ (vgl. BGH BeckRS 2012, 13391, Rn. 7 – Bester Preis der Stadt) als Spitzenstellungsbehauptungen angesehen worden. Anders als bei Aussagen wie z.B. „Das Beste jeden Morgen“ (vgl. BGH GRUR 2002, 182 – Das Beste jeden Morgen) versteht der vorliegend angesprochene Verkehrskreis, nämlich der durchschnittlich informierte und verständige Interessent im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Immobilie, der einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (vgl. BGH GRUR 2016, 521 Rn. 10 – Durchgestrichener Preis II), die angegriffene erfolgsbezogene Aussage nicht im Sinne einer reklamehaften Anpreisung ohne nachprüfbaren Inhalt. Denn der Erfolg eines Immobilienverkaufs lässt sich, wie ausgeführt, in Zahlen ausdrücken. Die vorliegend verwendete Formulierung „Hausverkauf zum Höchstpreis“ weckt in der konkreten Verletzungsform, wie vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend angenommen, die Erwartung, dass von der werbenden Makler-Firma, die mit „über 700 Standorten“, „lokaler Marktkenntnis“, „Experten vor Ort“ und einem „Internationalen Netzwerk“ eine besondere Expertise in Anspruch nimmt, eine Höchstleistung in Form der Erzielung des höchsten möglichen Preises beim Hausverkauf erbracht wird. Es geht nicht um irgendeinen hohen Preis, sondern um den Verkauf zu dem Höchstpreis. Der Verkehr in Gestalt der primär angesprochenen potentiellen Immobilienverkäufer nimmt hier an, dass ein höherer Preis durch andere Makler oder auf anderen Kanälen oder durch andere Maklerunternehmen nicht erzielt werden kann (vgl. KG GRUR-RR 2019, 543, 544 Rn. 10 – Bestpreisverkauf)“.

Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen; es handele sich "um eine Entscheidung, die die bekannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshof und der Oberlandesgerichte beachte und auf einen konkreten Fall anwende".

Der Verfasser führt derzeit ein Verfahren vor dem 3. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts, das sich mit den folgenden Werbeaussagen eines Gold- bzw. Edelmetallankäufers (der keine Höchstpreise im Sinne von "bundesweit höchsten Preisen" angeboten hatte) zu befassen hat:

„Sicherer und diskreter Altgoldankauf zu Höchstpreisen“

„Wir zahlen Höchstpreise auf Ihr Altgold und bieten Ihnen die Möglichkeit, die Preisentwicklung stets transparent nachzuvollziehen“.

Das Landgericht Hamburg war in der ersten Instanz von einer irreführenden Spitzenstellungswerbung ausgegangen (LG Hamburg, Urteil vom 17.09.2021, Az.: 315 O 140/19). Die beklagte Partei hatte Berufung gegen die Entscheidung eingelegt.

Es bleibt abzuwarten, ob auch der 3. Zivilsenat sich der eindeutigen Ansicht des 5. Zivilsenats anschließt. 


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