Ihre Checkliste für eine gute Patientenverfügung

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Eine Patientenverfügung soll sicherstellen, dass Ihr Wille von Ihren Ärzten auch dann noch beachten wird, wenn Sie selbst sich nicht mehr äußern können. Ist keine Patientenverfügung vorhanden, können sich Ärzte nur am mutmaßlichen Willen des Patienten orientieren. Dann heißt es „im Zweifel für das Leben“ und der hilflose Patient wird manchmal gegen seinen Willen unter Einsatz aller Mittel weiterbehandelt.


Was sollten Sie bei der Errichtung Ihrer Patientenverfügung beachten?


1. Form


  • Schriftform ist ausreichend, z.B. Computergeschrieben und persönlich unterschrieben.

Die Patientenverfügung muss – wie häufig empfohlen wird – nicht in regelmäßigen Abständen neu unterschrieben werden. Sie gilt bis zu einem etwaigen Widerruf. 

Da sich die eigenen Wünsche jedoch im Verlauf des Lebens ändern können und auch die Rechtslage sich stetig wandelt, ist es dennoch sinnvoll die Patientenverfügungen in regelmäßigen Abständen auf deren Aktualität zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen.


  • Vorsicht bei der Verwendung von Mustern!

„Ankreuzmuster“ werden häufig von Ärzten bei Entscheidungen über Leben und Tod rechtlich nicht anerkannt, da sie nicht nachvollziehen können, wer die Kreuzchen gesetzt hat. Besser ist es eine Patientenverfügung ohne die Verwendung von Ankreuzformularen zu errichten.

Sofern nicht anders möglich: Unterschreiben Sie mit Ort und Datum bei jedem gesetzten Kreuzchen.

Unabhängig davon ist bei Muster-Patientenverfügungen stets zu beachten, dass deren Ausgestaltung stark unterschiedlich sein kann, je nachdem, wer diese Muster zur Verfügung stellt. Hier ist generell besondere Vorsicht geboten und zu prüfen, ob der jeweilige Inhalt auch tatsächlich Ihren Wünschen entspricht.


2. Inhalt einer guten Patientenverfügung


  • In welchen Situationen soll Ihre Patientenverfügung gelten?

z.B. Komafälle, tödlich verlaufende Erkrankung, unmittelbarer Sterbeprozess etc.

Beschreiben Sie diese Behandlungssituationen so genau wie möglich! Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Beschluss v. 06.07.2016, 08.02.2017 und 14.11.2018) müssen Patientenverfügungen ganz konkret ausgestaltet werden. Viele ältere Patientenverfügungen entsprechen diesen Voraussetzungen noch nicht.


  • Welche ärztlichen Maßnahmen sollen in diesen Situationen noch oder nicht mehr unternommen werden?

z.B. künstliche Ernährung, künstliche Beatmung, Bluttransfusionen, Schmerzmittelgabe etc.

Auch hier gilt: Diese Maßnahmen müssen nach dem Bundesgerichtshof ganz konkret angegeben werden. Die Formulierung „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ ohne weitere Konkretisierung genügt diesen Anforderungen nicht.


  • Individualität

Ihre Patientenverfügung soll Ihre Wünsche widerspiegeln – nicht die Ihres Ehepartners / Ihrer Kinder / Ihres Arztes oder Ihres Anwaltes. Daher können Patientenverfügungen z.B. aufgrund von Vorerkrankungen, persönlichen Erfahrungen oder Ängsten von Mensch zu Mensch völlig unterschiedlich ausgestaltet sein. Lassen Sie sich nicht durch Muster oder Dritte beeinflussen – Sie entscheiden wie Sie behandelt werden möchten!


  • Vorerkrankungen

Besonderes Augenmerk auf Ihre Patientenverfügung sollten Menschen mit (Vor-)Erkrankungen legen, z.B.

- Sollen die Batterien Ihres Herzschrittmachers oder Defibrillators noch gewechselt werden? Soll dieser bei Funktionsstörungen noch getauscht werden? Soll er ggf. sogar deaktiviert werden? Welche Auswirkungen hat dies auf den Sterbeprozess?

- Wie soll der Sterbeprozess bei absehbar tödlich verlaufenden Erkrankungen ablaufen (z.B. Bauchspeicheldrüsenkrebs, ALS, etc.)?

- Bei schmerzhaften Erkrankungen: Was können Ärzte zur Schmerzlinderung noch vornehmen? Ist ggf. eine terminale Sedierung gewünscht?

- Bei nicht tödlich verlaufenden Erkrankungen: Haben diese Auswirkungen auf Ihre weiteren Behandlungswünsche, z.B. sollen Behandlungen eingeschränkt werden im Falle einer schweren Demenz / Lähmungen / MS o.ä.?


  • Bevollmächtigung einer Vertrauensperson zur Durchsetzung Ihrer Wünsche

Entspricht Ihre Patientenverfügungen den Anforderungen des Bundesgerichtshofs, so ist diese für die Ärzte verbindlich. Dennoch gibt es in der Praxis Situationen, in denen die Wünsche des Patienten nicht beachtet werden oder einzelne Behandlungssituationen in Ihrer Patientenverfügung nicht geregelt sind. Um Ihren Willen durchsetzen zu können, ist es empfehlenswert eine Vertrauensperson zu Ihrem Bevollmächtigten in medizinischen Angelegenheiten zu benennen.

Der Bevollmächtigte kann identisch mit einem etwaigen Vorsorgebevollmächtigten sind. Soll eine andere Person als Ihr Vorsorgebevollmächtigter Sie medizinisch vertreten, so sollte sowohl in der Vorsorgevollmacht, als auch in Ihrer Patientenverfügung klargestellt werden, welcher Bevollmächtigte welche Entscheidungen treffen darf.


  • Akteneinsichtsrecht und Schweigepflichtsentbindung

Zur effektiven Durchsetzung Ihrer Ansprüche sollten Sie Ihrem Bevollmächtigten ein Akteneinsichtsrecht in Ihre Patientenakte gewähren und Ihre Ärzte von deren Schweigepflicht gegenüber Ihrem Bevollmächtigten entbinden.


  • Entscheidung zur Organspende / Obduktion etc.


  • Benennung eines Verfahrenspflegers

Sollte es trotz all dieser Sicherungsvorkehrungen doch einmal Unstimmigkeiten zwischen Ihren Ärzten und Ihrem Bevollmächtigten geben, so müsste notfalls vor Gericht über die weitere Behandlung entschieden werden. In einem solchen Fall muss das Gericht Ihnen einen Verfahrenspfleger (in aller Regel ein Rechtsanwalt) zur Seite stellen, der Ihre Interessen vertreten soll.

Da dieser Ihre Interessen und Wünsche gegebenenfalls gar nicht kennt, kann direkt in Ihrer Patientenverfügung ein solcher Verfahrenspfleger für den Fall der Fälle benannt werden. Dies bietet sich an, wenn Sie bereits einen Anwalt (z.B. im Familien- oder Freundeskreis) kennen und ihm mit der Durchsetzung Ihrer Wünsche vertrauen.


3. Besonderheiten aufgrund von Corona

Bisherige Patientenverfügungen enthalten häufig noch keine Regelungen für den Fall einer Coronaerkrankung. Diese ist eine Erkrankung mit guten Heilungschancen. Regelmäßig ist daher von einem Behandlungswunsch (bis hin zu einer künstlichen Beatmung) des Patienten auszugehen.

Ist dies nicht gewünscht, so sollte dieser Wunsch explizit in der Patientenverfügung festgehalten werden. Auch für alle anderen gilt: Eine Klarstellung des Behandlungswunsches schadet nicht und vermeidet Unsicherheiten im Fall der Fälle.


4. Tipp: Holen Sie sich bei Bedarf Hilfe

Bei medizinischen Fragen ist Ihr Hausarzt häufig ein guter Ansprechpartner, bei allen juristischen Fragen bietet sich die Hilfe eines spezialisierten Anwaltes an. Eine mit Anwalt bzw. Hausarzt abgestimmte Patientenverfügung empfiehlt sich insbesondere für alle Menschen mit Vorerkrankungen.

Gerne berate ich Sie zu Ihrer individuellen Patientenverfügung und erkläre Ihnen ausführlich Ihre rechtlichen Möglichkeiten und die Folgen sowie Vor- und Nachteile dieser Entscheidungen – so können Sie sich sicher sein, dass Ihre Patientenverfügung auch tatsächlich Ihren Willen widerspiegelt.






Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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