Ist der PKW im Insolvenzverfahren pfändbar?

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Die Frage, ob ein PKW im Insolvenzverfahren pfändbar ist, stellt sich oftmals nicht nur für den Schuldner, sondern auch für die Gläubiger. Letztere möchten ihre Forderung beglichen haben. Sie hoffen auf eine mögliche Pfändung des PKWs. Dem Schuldner ist hingegen daran gelegen, sein Fahrzeug zu behalten. Sei es um zur Arbeit zu fahren oder um aus anderen Gründen mobil zu bleiben.


Um diese Frage ausführlich beantworten zu können, bedarf es eines Blickes in die Sachpfändung. Diese ist im achten Buch der ZPO geregelt.

Was ist eine Sachpfändung?

Von einer Sachpfändung wird gesprochen, wenn in das bewegliche Vermögen des Schuldners gepfändet wird. Diese Sachpfändung wird von der Forderungspfändung unterschieden. Zu dieser zählen zum Beispiel die Lohn- und Kontopfändung.


Bei der Sachpfändung geht es hingegen um alle Gegenstände, die ein Gerichtsvollzieher pfänden kann. Ein Auto gehört grundsätzlich auch in die Sachpfändung. In § 811 ZPO ist geregelt, welche Gegenstände des Schuldners nicht pfändbar sind. Hier finden sich vor allem Gegenstände des täglichen Lebens, die der Schuldner benötigt. Ein PKW ist in der Aufzählung als solcher nicht zu finden und ist demnach grundsätzlich pfändbar.


Doch was ist, wenn der Schuldner auf die Nutzung seines PKWs angewiesen ist, weil er ansonsten seine Arbeitsstätte nicht erreichen kann?


Nach § 811 Abs. 1 Ziffer 5 ZPO sind erforderliche Gegenstände, die der Schuldner zur Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit benötigt, nicht pfändbar. Somit ist der PKW nicht pfändbar, wenn der Schuldner seine Arbeit nur mit einem Auto erreichen kann.

Die Austauschpfändung

Doch muss sich der Gläubiger im Insolvenzfahren gefallen lassen, dass der Schuldner mit seinem neuen Mercedes, BMW oder VW zu seiner Arbeit fährt?

Bei dieser Frage wird die Regelung des § 811a ZPO interessant. Dieser Paragraf befasst sich mit der Austauschpfändung. Er besagt, dass alle Gegenstände, die nach § 811 Abs. 1 Nr. 1, 5 und 6 ZPO unpfändbar sind, doch gepfändet werden können, wenn der Gläubiger dem Schuldner ein Ersatzstück beschafft, welches den gleichen Nutzen hat. In der Frage mit dem PKW bedeutet dies, dass der Insolvenzverwalter dem Schuldner ein älteres, nicht mehr so wertvolles Fahrzeug zur Verfügung stellen kann. Mit diesem kann er dann den Weg zur Arbeit bestreiten und im Gegenzug wird der Neuwagen des Schuldners in die Insolvenzmasse gezogen.

In der Praxis bedeutet dies, dass in einem Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter prüft, ob eine Austauschpfändung durchzuführen ist. Sollte der Verkauf des bisherigen Fahrzeugs des Schuldners die Insolvenzmasse bereichern, so wird ihm der Insolvenzverwalter ein fahrtüchtiges aber günstiges Ersatzfahrzeug beschaffen.

Doch unter welchen Voraussezungen ist der PKW im Insolvenzverfahren nicht pfändbar?

Unpfändbarkeit des PKWs bei Ausübung des Berufes

Wie bereits erwähnt, kann das Auto im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter nicht gepfändet werden, wenn der Schuldner es für den Weg zur Arbeit benötigt. Dies bedeutet, dass dem Schuldner nicht zugemutet werden kann, den Weg zur Arbeit in einer anderen Art und Weise zu bestreiten. Es stellt sich daher zuerst die Frage, ob der Schuldner nicht auch zu Fuß zur Arbeit gehen kann oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen kann. Diese beiden Möglichkeiten müssen für den Schuldner unzumutbar sein. Dies könnte zum Beispiel sein, wenn er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erheblich viel Zeit für den Arbeitsweg benötigen würde oder es schier keine andere Verkehrsverbindung gibt. Wenn dies der Fall ist, ist der PKW nicht pfändbar.

Unpfändbarkeit bei schwerer Behinderung

Ein weiterer Grund, dass ein Auto als nicht pfändbar angesehen wird, ist eine schwere Behinderung des Schuldners oder einer Person, mit der der Schuldner in einem Haushalt lebt. Auch hier handelt es sich immer um eine Einzelfallentscheidung. Der Insolvenzverwalter wird sich die Lebensumstände des Schuldners ansehen und entscheiden, ob der Schuldner im Insolvenzverfahren das Auto für das tägliche Leben mit seiner schweren Behinderung benötigt. Sollten Schuldner und Insolvenzverwalter unterschiedlicher Meinung sein, gibt es immer die Möglichkeit eine Entscheidung des Insolvenzgerichts in diesem speziellen Einzelfall herbeizuführen. Auch den Gläubigern bleibt diese Möglichkeit im Insolvenzverfahren.

Unpfändbarkeit bei Pflege einer Person

In einem Insolvenzverfahren kann es ebenfalls vorkommen, dass der Schuldner zwar selbst keine Behinderung hat, aber eine Person aus seiner Familie pflegebedürftig ist. Wenn nun der Schuldner diese Pflege übernommen hat und das Familienmitglied auf den Schuldner mit seinem Auto für wichtige Arzttermine angewiesen ist, kann dies eine Unpfändbarkeit des PKWs im Insolvenzverfahren zur Folge haben.

In diesen Fällen ergibt sich nach § 811 Abs. 1 Nr. 12 ZPO tatsächlich, dass der PKW nicht pfändbar ist. Das Auto gilt in diesem Fall als notwendiges Hilfsmittel für die Pflege.

Die Möglichkeit den PKW vom Insolvenzverwalter herauszukaufen

Nicht immer erfüllt der Schuldner im Insolvenzverfahren die Kriterien für die Unpfändbarkeit des PKWs. Entweder ist sein Arbeitsweg auch anderweitig zu erreichen oder der PKW hat einen gewissen Wert, sodass der Insolvenzverwalter eine Austauschpfändung in Betracht zieht. Der PKW kann auch einen großen emotionalen Wert für den Schuldner darstellen oder er möchte aus anderen Gründen nicht darauf verzichten.

In diesem Fall gibt es für den Schuldner die Möglichkeit seinen PKW beim Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse herauszukaufen. Um dies zu ermöglichen, kann er mit dem Insolvenzverwalter eine Ratenzahlung vereinbaren. Diese vereinbarte, monatliche Rate muss der Schuldner dann von seinen unpfändbaren Einkünften bestreiten.

Fazit

Ob der PKW im Insolvenzverfahren unpfändbar ist, ist oftmals nicht pauschal zu beantworteten. Hier ist stets der Einzelfall zu betrachten. Lassen Sie sich von mir beraten und Ihre rechtliche Situation von mir bewerten. Meine jahrelange Erfahrung hilft Ihnen, die für Sie beste Lösung zu finden.



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