Ist eine leidensgerechte Beschäftigung wirklich unmöglich?

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LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.12.2021 - 21 Ta 1158/21

Arbeitgeber*innen müssen beweisen, dass eine leidensgerechte Beschäftigung erkrankter/verletzter Arbeitnehmer*innen unmöglich ist! Ansonsten drohen Gehaltsnachzahlungen an die betroffenen Arbeitnehmer*Innen!


Der Fall

Aufgrund eines Arbeitsunfalls war es einem Bauhelfer nicht mehr möglich, seine linke Hand voll einzusetzen. Er war seit dem Unfall nicht mehr beschäftigt worden und hatte auch keinen Lohn erhalten. Seine Arbeitgeberin war der Meinung, sie könne den Bauhelfer nicht leidensgerecht beschäftigen und müsse deshalb auch keinen Lohn zahlen. Dieser wollte seine Arbeitgeberin daher auf Zahlung der ausstehenden Vergütung verklagen und beantragte, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren.


Die Entscheidung

Das Arbeitsgericht Berlin, das keine hinreichenden Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Klage sah, lehnte den Antrag ab. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller die sofortige Beschwerde ein, der das Arbeitsgericht jedoch nicht abhalf. Daher hatte letztendlich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg über den Antrag zu entscheiden. Das Landesarbeitsgericht gab der Beschwerde dem Grunde nach statt und sprach dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage zu. Es bewertete die Erfolgsaussicht nämlich ganz anders:


„Es handelt sich auch nicht nur um eine entfernte Erfolgschance.“


In dem vorliegenden Fall bestehe nämlich eine Besonderheit:


Hätte der Antragsteller „normalerweise“ zu beweisen, dass ein leidensgerechter Arbeitsplatz entgegen den Behauptungen der Arbeitgeberin tatsächlich doch zur Verfügung stehe, habe die Arbeitgeberin nun zu beweisen, dass eine leidensgerechte Beschäftigung auch bei einer Umorganisation der Arbeitsabläufe unmöglich sei.


Hinweise für die Praxis

In unserer ausführlichen Urteilsbesprechung unter https://www.ra-wittig.de/urteile-arbeitsgericht/leidensgerechte-beschaeftigung/ erfahren Sie, welche Fehler die Arbeitgeberin des Antragsstellers gemacht hat, sodass das Landesarbeitsgericht nicht von dem „Normalfall“ ausgegangen ist, sondern der Arbeitgeberin die Beweislast für die Unmöglichkeit einer leidensgerechten Beschäftigung aufgebürdet hat. Erfahren Sie darüber hinaus, wieso derselbe Fehler die Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung zur Folge haben kann und wie Sie es besser machen können, als die Arbeitgeberin des Antragsstellers.

Foto(s): Wittig Ünalp Rechtsanwälte PartGmbB

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