(K)eine Formsache? Änderungen eines Grundstückskaufvertrages nach notarieller Beurkundung

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Wer einen Grundstückskaufvertrag oder einen Bauträgervertrag abschließen möchte, muss nach dem deutschen Zivilrecht diesen notariell beurkunden lassen. Bleibt die notarielle Beurkundung aus, ist der gesamte Vertrag wegen eines Formmangels unwirksam. Der Formzwang gilt dabei nicht nur für die ursprüngliche Vertragsvereinbarung, sondern grundsätzlich auch für nachträgliche Änderungen am Kaufvertrag. Dass das Wörtchen "grundsätzlich" in der Juristerei "mit Ausnahmen" bedeutet, hatte der Bundesgerichtshof im Jahr 2018 wieder einmal bestätigt. Mit Urteil vom 14.09.2018 (Az. V ZR 213/17) fällte der Bundesgerichtshof eine polarisierende Entscheidung: Unter bestimmten Voraussetzungen sollen Änderungen eines Grundstückskaufvertrages doch formlos möglich sein. 

Der Fall

Der Beklagte kaufte mit notariell beurkundetem Kaufvertrag von der Klägerin - einem Bauträger - drei Eigentumswohnungen. In dem Vertrag erklärten die Parteien die Auflassung und der Beklagte beantragte die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch. Nach Abschluss und notarieller Beurkundung des Vertrages einigten sich die Parteien auf eine Kaufpreisminderung in Höhe von etwa 27.000 Euro. Der Beklagte zahlte dementsprechend den geminderten Kaufpreis an den Bauträger. Der klagende Bauträger verlangte jedoch vom Beklagten die Zahlung weiterer 27.000 Euro und berief sich auf die Formunwirksamkeit der Ermäßigungsvereinbarung. Die Gerichte mussten deshalb klären, ob die Absprache über die Kaufpreisminderung wirksam war oder nicht. Entscheidend hierfür war die Frage, ob diese nachträgliche Änderung ebenfalls notariell hätte beurkundet werden müssen.

BGH: Auflassung ist bindend geworden

Der Bundesgerichtshof entschied, dass Grundstückskaufverträge ohne Einhaltung von Formvorschriften abgeändert werden können, wenn die Auflassung bindend geworden ist. Der Begriff der "Auflassung" bezeichnet die Einigung zwischen dem Eigentümer als Verkäufer einer Immobilie und dem Käufer darüber, dass das Eigentum an der Immobilie auf den Erwerber übergehen und der Eigentumsübergang im Grundbuch vollzogen werden soll. Als Grund nennt der Bundesgerichtshof, dass die Vertragsparteien im Falle einer bindend gewordenen Auflassung die Schutzfunktion durch die Beurkundungspflicht nicht mehr brauchen. Folglich wäre es nur noch eine unnötige Förmelei. Der Bundesgerichtshof hatte in den Jahren zuvor bereits identisch in Fällen einer Vertragsänderung entschieden.

Berufungsgericht wich von BGH-Rechtsprechung ab

Das in der vorangegangenen Instanz zuständige Berufungsgericht (Oberlandesgericht Stuttgart) wich von dieser bereits langjährigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bewusst ab. Es erklärte die formlose Änderung des Grundstückskaufvertrages für unwirksam und gab dem klagenden Bauträger Recht. Das OLG argumentierte, dass der Schutz der Parteien vor übereilten Entscheidungen auch dann noch notwendig ist, wenn eine Änderung eines notariell beurkundeten Vertrages zeitlich zwischen der Auflassung und dem Eintrag ins Grundbuch vorgenommen werden soll. 

Der Bundesgerichtshof - der als Revisionsgericht über den Fall entscheiden musste - hob das Urteil des OLG jedoch auf und bekräftige damit seine bisherige Rechtsprechung erneut. 

Die Beurkundungspflicht soll laut dem BGH: 

  1. den Beweis über die Art und den Inhalt der Vereinbarungen sichern,
  2. den Veräußerer und den Erwerber vor übereilten Verträgen bewahren,
  3. die Vertragsparteien auf die Wichtigkeit des Geschäfts hinweisen und
  4. den Parteien durch die Mitwirkung des sachkundigen und unparteiischen Notars die Möglichkeit rechtskundiger Belehrung und Beratung eröffnen.

Diesen Schutz bedürfen nach Ansicht des BGH die Parteien aber dann nicht mehr, wenn der Zweck der Formvorschriften erreicht wurde. Davon sei auszugehen, wenn die vertraglichen Erklärungen von Verkäufer und Käufer beurkundet worden sind und die für die angestrebte Rechtsänderung erforderlichen Erklärungen in bindender Form abgegeben wurden. Dies wiederum sei dann gegeben, wenn die Auflassung bindend geworden ist. Dafür mache es keinen Unterschied, ob die Auflassung zusammen mit dem Kaufvertrag (mittlerweile in der Praxis häufig verbreitet) oder erst später beurkundet wird. 

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