Kann eine Kontrolle des Vorsorgebevollmächtigten angeordnet werden?

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Wird die Vorsorgevollmacht missbraucht? Nutzt der Bevollmächtige die Vorsorgevollmacht sogar zur Selbstbedienung? Diese Fragen zeigen oftmals den Interessenkonflikt auf zwischen demjenigen Familienmitglied, das sich mit Hilfe einer Vorsorgevollmacht um einen jetzt gesundheitlich eingeschränkte Person (Vollmachtgeber) kümmert, und anderen Familienmitgliedern (die sich möglicherweise schon deswegen zurückgesetzt fühlen, weil der Vollmachtgeber ihnen eben keine Vollmacht ausgestellt hat).

Somit stellt sich für beide Seiten die Frage, ob der Bevollmächtigte in irgendeiner Weise kontrolliert werden kann.

 

Eine Kontrollbetreuung ist möglich

Das Gesetz sieht ausdrücklich eine sogenannte Kontrollbetreuung vor. Danach kann durch das Gericht ein Kontrollbetreuer eingesetzt werden, der das Handeln des Bevollmächtigten kontrolliert, und zwar dann, wenn der Vollmachtgeber aufgrund psychischer oder physischer Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, seinen Bevollmächtigten zu überwachen und die Vollmacht notfalls auch zu widerrufen.

 

Die Kontrollbetreuung muß erforderlich sein

Nur dann darf sie gerichtlich eingerichtet werden. Wichtig ist, dass es für die Frage der Erforderlichkeit nicht auf die Vorstellungen des Bevollmächtigten oder der anderen Familienmitglieder, sondern nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.01.2020 (XII ZB 368/19) in erster Linie auf die Vorstellungen des Vollmachtgebers ankommt:

Denn eine Vorsorgevollmacht soll typischerweise gerade dann zum Einsatz kommen, wenn der Vollmachtgeber seine Angelegenheiten nicht mehr selber regeln kann. In diesem Fall wird er – etwa bei einer dementiellen Erkrankung - auch nicht mehr in der Lage sein,  den Bevollmächtigen zu kontrollieren. Das war aber von vorneherein absehbar und vom Vollmachtgeber auch so gewollt. Diese Situation als solche kann daher nach der zitierten Gerichtsentscheidung die Einsetzung eines Kontrollbetreuers nicht rechtfertigen, vielmehr sind dafür konkrete Anhaltspunkte notwendig, dass der Bevollmächtigte nicht mehr im Sinne des Vollmachtgebers handelt.

 

Auch Schenkungen führen nicht automatisch zu einer Kontrollbetreuung

In dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Bevollmächtigte Schenkungen vorgenommen, was seine Geschwister als Anlass sahen, eine Kontrollbetreuung einzurichten. Nur: Dem Bevollmächtigten war in der Vorsorgevollmacht die Befugnis eingeräumt, Schenkungen im bestimmten Rahmen vorzunehmen, und da er diesen Rahmen nicht überschritten hatte, war das in Ordnung.

Außerdem waren die Schenkungen auf Wunsch des Vollmachtgebers und mit dessen Einverständnis erfolgt. Ausdrücklich weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass hierfür eine Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers nicht relevant ist: Für einen Wunsch bedarf es keiner Geschäftsfähigkeit, und soweit das Gesetz dem Bevollmächtigten aufgibt, Wünsche des Vollmachtgebers zu beachten, muß er das eben tun.

 

Zusammengefasst:

Bei einer Vorsorgevollmacht kann nicht automatisch eine Kontrollbetreuung angeordnet werden, sondern erst wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Bevollmächtigte nicht mehr im Sinne des Vollmachtgebers handelt.

Im Sinne des Vollmachtgebers handelt der Bevollmächtigte auch dann, wenn er dessen Wünsche beachtet, wobei es unerheblich ist, ob der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist oder nicht.


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