Kettenfiktion und Kettenduldung im Ausländerrecht

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Das Problem der Verlängerung von befristeten Verträgen ist nicht neu.

Beispielsweise werden im Arbeitsrecht häufig befristete Arbeitsverträge immer fortwährend nur befristet verlängert, d. h., man spricht dann insoweit von Kettenarbeitsverträgen oder befristeten Kettenarbeitsverträgen.

Auch im Aufenthaltsrecht ist häufig erster Einstand in eine gesicherte Integration in die Bundesrepublik Deutschland die Erteilung einer Duldung (§ 60a AufenthG).

Solche Duldungen werden häufig von den Ausländerbehörden zutreffend auch nur befristet erteilt, so dass bei deren immer fortwährenden Verlängerung durch die Ausländerbehörde man hier von einer Kettenduldung spricht. Solche Kettenduldungen wurden häufig für die Fälle angewandt, in denen Abschiebungshindernisse nicht ausgeräumt werden konnten oder eine unsichere Herkunftslage bestand.

Zunehmend ging dann die Verwaltungsrechtsprechung dazu über, dass solche Kettenduldungen dann einen Anspruch auf verfestigte Integration in die Bundesrepublik Deutschland vermittelten. Der Gesetzgeber hat dies legalisiert, indem in § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes normiert wurde, dass eine ausgesetzte Abschiebung von mehr als 18 Monaten zu einem Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis führe. Insoweit bestimmt § 25 Abs. 5 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes: „Die Aufenthaltserlaubnis soll erteilt werden, wenn die Abschiebung seit 18 Monaten ausgesetzt ist.“

Fraglich ist, ob dieselbe Wirkung auch für sogenannte Kettenfiktionen analog § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG greift.

Die Fiktionswirkung ist in § 81 des Aufenthaltsgesetzes legal definiert. Von der Fiktion spricht man in den Fällen, in denen der Antragsteller einen Aufenthaltstitel besitzt / besaß und vor Ablauf der Geltungsdauer dieses Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Umschreibung in einen anderen Aufenthaltstitel beantragt hat.

Mit der sogenannten Fiktionsbescheinigung gem. § 81 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes wird der Ausländerbehörde insoweit die Möglichkeit eingeräumt, in einer gewissen Bedenkzeit über den Verlängerungs- oder Umschreibungsantrag zu befinden. Im Allgemeinen werden dann die Fiktionsbescheinigungen für drei Monate ausgestellt. Hierbei bleiben dem Antragsteller alle Recht und Pflichten erhalten, d. h., insbesondere auch die Fiktionszeiten werden auf einen rechtmäßigen Aufenthalt angerechnet.

Fraglich und noch nicht abschließend geklärt ist allerdings der Umgang mit Kettenfiktionen.

Eine gesetzliche Regelung, wie die der Kettenduldungen nach § 25 Abs. 5 S.2 AufenthG fehlt. Einen gewissen Anhaltspunkt vermittelt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz unter Nr. 81.5.1, wonach maximal 2 x die Fiktion verlängerbar sein soll und danach eine neue Fiktion zu erteilen ist. Welche Rechtsfolgen sich heraus ableiten lassen, ist nicht erwähnt.

Es liegt nahe, auch hier dann die Regelung zur Kettenduldung analog anzuwenden.

Wenn der Gesetzgeber selbst für die Fälle einer unzumutbaren oder objektiv unmöglichen Abschiebung und einer daraufhin angeordneten 18‑monatigen Aussetzung der Abschiebung eine Erlaubnisfiktion fingiert, muss im Umkehrschluss dies erst recht für den mit rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet verweilenden Antragsteller gelten.

Schließlich hat der Antragsteller sich insoweit rechtstreu verhalten und um eine Verlängerung innerhalb der Geltungsdauer seines Aufenthaltstitels sich bemüht. Andernfalls würde eine solche Ungleichbehandlung Personen bevorzugen, die zwar ausreisepflichtig sind, aber objektiv eine Abschiebung unmöglich wäre und diejenigen Antragsteller benachteiligen, die sich gleichwohl rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

Die Rechtsprechung sollte daher das Problem durch eine analoge Anwendung des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG auch auf die Fälle der Kettenfiktionen lösen und so die Gesetzeslücke schließen.

gez. von Seyfried

Rechtsanwalt / Migrationsrecht

30.05.2016


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