Kita-Beiträge: Satzung über die Erhebung von Kita-Beiträgen einer Stadt in Sachsen-Anhalt rechtmäßig

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Eine weitreichende Entscheidung

Ein von vielen Seiten seit langem erwartetes und viel beachtetes Urteil wurde vom Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt am 21. Januar 2020 in einem Normenkontrollverfahren wegen der Satzung über die Erhebung von Kostenbeiträgen für die Betreuung von Kindern in den Kindertagesstätten der Stadt BD zum Aktenzeichen 4 K 207/18 verkündet.

Hintergrund ist, dass nach vorhergehender Rechtsprechung in Brandenburg auch in Sachsen Anhalt verstärkt versucht wurde, die Rechtmäßigkeit der Kostenbeitragssatzungen von Kommunen über die Erhebung von Abgaben für den Besuch von Kindertagesstätten anzugreifen.

Dabei richtete sich der Angriff auf die Rechtmäßigkeit weit überwiegend allein auf vorgebrachte Mängel in der Kalkulation der Kostenbeiträge. Als Anlass der jeweiligen Kläger wurde gewählt, dass zumeist in den jeweiligen Satzungen in der Präambel als Rechtsgrundlage auch auf das Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KAG-LSA) verwiesen worden ist.

Die Ausgangslage

Gemäß § 90 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII können von den Trägern von Kindertageseinrichtungen für die Inanspruchnahme von Angeboten der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege Kostenbeiträge festgesetzt werden. Da die konkrete Ausgestaltung dem jeweiligen Landesrecht unterliegt, wird dies durch § 13 Abs. 1 Satz 1 Kinderförderungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KiFöG LSA) konkretisiert.

Diese Kostenbeiträge stellen nach allgemeiner Auffassung, auch wenn sie als Beiträge oder Gebühren bezeichnet werden, keine kommunale Abgabe, insbesondere keine Benutzungsgebühr dar, sondern werden als eine öffentlich-rechtliche Abgabe eigener Art qualifiziert.

Die Antragsteller im Normenkontrollverfahren argumentierten daher damit, dass die den Kostenbeiträgen zugrunde liegende Kalkulation der betroffenen Stadt fehlerhaft sei, da hier kostendeckend kalkuliert worden sei, wobei die Grundsätze des Kommunalabgabenrechts angewandt worden seien, was wegen der besonderen Qualifizierung als Abgabe eigener Art nicht gestattet sei, sodass die darauf beruhenden Beiträge rechtswidrig seien.

In Sachsen Anhalt werden die Grundsätze der Finanzierung der Förderung und Betreuung in Tageseinrichtungen sowie in Tagespflegestellen in § 11 KiFöG LSA bestimmt. Danach erfolgt diese gemeinsam durch das Land, die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte), die Gemeinden und Verbandsgemeinden, in deren Gebiet die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sowie die Eltern. 

Das Land und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe beteiligen sich dabei durch Zuweisungen. Das Nähere regeln die §§ 12 ff. KiFöG LSA.

Die Entscheidung

Das OVG Magdeburg entschied, dass der zulässige Normenkontrollantrag unbegründet ist. Die angegriffene Satzung ist formell rechtswidrig, da entgegen der Argumentation der Antragsteller der zuständige Landkreis als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe seine Zustimmung zu den Festlegungen der Kostenbeiträge der Stadt gegeben hat.

Die Kostenbeitragssatzung ist auch materiell-rechtlich rechtmäßig, da sie nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Zur Begründung führt das OVG im Wesentlichen aus.

Zwar sind solche Kostenbeiträge keine volle Gegenleistung, kein volles Entgelt für die in Anspruch genommene Betreuungsleistung; sie sind aber dazu bestimmt, die dafür erforderlichen Kosten mitzutragen. Danach ist für die Bemessung der Kostenbeiträge von Bedeutung, in welcher Höhe durch die Leistungen Kosten entstehen, die nicht bereits durch institutionelle Förderung gedeckt sind.

Nach der vorgelegten Kalkulation wurden für die Festsetzung der Kosten Beitragssätze die Aufwendungen der Kindertageseinrichtungen der Stadt im Jahr 2016 zugrundegelegt. Dazu setzte sie Personalkosten, Bewirtschaftungs- und Sachkosten, Verwaltungsgemeinkosten sowie kalkulatorische Kosten an.

Diese Vorgehensweise ist nach Ansicht des OVG im Grundsatz nicht zu beanstanden. Wesentliche Aussage dabei war:

Die Kalkulation erfolgte nicht nach den Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes. Insbesondere wurden die Kostenbeiträge der Eltern bzw. die Höchstbeiträge nicht kostendeckend kalkuliert.

Damit erteilte der zuständige Senat dem grundsätzlichen Angriff auf diese und alle anderen kommunalen Satzungen eine eindeutige Absage. Hierzu führte der Senat weiter aus:

Soweit in der Kalkulation auf das Kommunalabgabengesetz abgestellt wird, geht es lediglich um eine entsprechende Anwendung einer Regelung dieses Gesetzes zur Bestimmung der Höhe des anzusetzenden Zinssatzes für Zinsen auf das Eigenkapital.

Im Ergebnis wurde dieser kalkulatorische Ansatz für Zinsen auf Eigenkapital der Stadt zwar als nicht im Rahmen der Kalkulation der Kostenbeiträge zu beachten angesehen, was an sich zu einer falschen Kalkulation der Beiträge führen würde und die Satzung als unwirksam zu erachten wäre. 

Allerdings entschied der Senat, dass die hierfür angesetzten Eigenkapitalzinsen als kalkulatorische Zinsen in Höhe von ca. 33.500 € im Vergleich zu den Gesamtkosten in Höhe von ca. 3,7 Millionen € als so gering ausfallen, dass sie als unerheblich anzusehen sind.

Wegen des Nichtüberschreitens einer zwar im Gesetz und durch die Rechtsprechung nicht bestimmten und auch noch nicht benannten, hier jedenfalls vorliegenden Bagatellgrenze sei die an sich rechtswidrige Betrachtung kalkulatorischer Zinsen zu vernachlässigen. Denn dies bewege sich noch im Rahmen der einer jeden Kalkulation innewohnenden Unsicherheiten.

Da weitere Angriffe weder substantiell dargetan wurden bzw. pauschal vorgenommene Argumente gegen die Rechtmäßigkeit der Satzung nicht durchgegriffen, wies das OVG den Antrag zurück.

Ergebnis und Auswirkungen

Das Urteil bietet den Kommunen im Land Sachsen-Anhalt nunmehr eine Rechtssicherheit darüber, dass die von Ihnen erhobenen Beiträge für den Besuch der Kindertagesstätten, sofern keine anderen Mängel eine Rechtswidrigkeit darstellen, wegen der hier zu entscheidenden grundsätzlichen Fragen rechtmäßig ist.

Daher wurde der Ausgang dieses Verfahrens von vielen Gemeinden, Landkreisen, aber auch dem Landesjugendamt des Landes Sachsen Anhalt mit großem Interesse erwartet.

Nicht zuletzt deswegen, weil mehrere Eltern in der Stadt, deren Satzung hier im Normenkontrollverfahren überprüft worden ist, gegen Beitragsbescheide ins Klageverfahren vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Halle gegangen sind, werden auch diese Verfahren, die lediglich auf Angriffe gegen die Satzung gestützt worden sind, nunmehr auch beendet werden können.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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