Künstlersozialabgabe für Influencer, Streamer und Marketingagenturen

  • 5 Minuten Lesezeit


Influencer-Marketing und KSK-Abgabe

Das Influencer-Marketing rückt immer mehr in den Fokus der Künstlersozialkasse (KSK) und der Deutschen Rentenversicherung (DRV).


Vielfach werden momentan Marketing-Agenturen, die mit Influencern arbeiten, geprüft und es soll Künstlersozialabgabe nachgezahlt werden. Auch ManagerInnen der Talents sind häufig von Prüfungen und Nachforderungen betroffen.


KSK und DRV stehen dabei vereinfacht gesagt auf dem Standpunkt, dass alle Zahlungen, die eine Agentur oder ein Management an den Influencer leistet, unter die Abgabepflicht fallen.


In diesem Bereich betreuen wir momentan zahlreiche Mandate. https://www.ksk-rechtshilfe.de


Erfahrungsgemäß ist es sinnvoll die Verfahren und Sachverhalte im Detail zu prüfen, da die Feststellung der Abgabepflicht durch die Deutsche Rentenversicherung und die Künstlersozialkasse oft sehr pauschal erfolgt.


Welche konkreten Einnahmen einer Agentur werden für die Künstlersozialabgabe in Bezug genommen?

Im Prinzip möchten KSK und DRV bei den Prüfungen die Künstlersozialabgabe auf sämtliche Zahlungen der Agentur an die Influencer erheben.


Hier eine Übersicht, die zeigt auf welcher Ebene die Künstlersozialkasse die Abgabepflicht verortet. Agenturen, die im Bereich Influencer-Marketing arbeiten, werden von der KSK recht pauschal als „Multi-Channel-Network“ eingestuft.

Die Abgabepflicht soll also bestehen bei:


  • Zahlungen für konkrete Kampagnen.
  • Zahlungen an den Influencer aus Monetarisierung, AdSense etc.
  • Zahlungen für individuell erstellte Inhalte.
  • Genauso werden regelmäßig Live-Streams (z.B. "Let's Play"-Inhalte bei Twitch und YouTube) in Bezug genommen.

Der Begriff der Zahlung bzw. der Entgelte darf dabei nicht zu eng gezogen werden (BSG, Urteil vom 20.07.1994, 3/12 RK 63/92).


Nach der derzeitigen Rechtslage ist es in einer großen Zahl von Fällen allerdings zumindest sehr fraglich, ob bei Leistungen von Influencern oder Streamern tatsächlich eine Pflicht zur Künstlersozialabgabe zutrifft.


Die Tatsache, dass es bei Werbekooperationen oft um die Reichweite und nicht um konkrete Inhalte geht, wird häufig nicht entsprechend berücksichtigt. Zudem gibt es viele Fälle, in denen die Konstellation eher einem Makeln als einer Verwertung entspricht. Allerdings muss man sagen, dass es hier wiederum stark auf den Einzelfall ankommt.


Die Deutsche Rentenversicherung musste daher bereits in einigen Fällen die Feststellung der Abgabepflicht zurücknehmen bzw. einschränken.


Ist eine Agentur, die Influencer vertritt bzw. vermittelt, zur Künstlersozialabgabe verpflichtet?

Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die wichtigsten Punkte sind hier:


  • Kann der Inhalt der Leistung eines Influencers als künstlerische und/oder publizistische Leistung angesehen werden? In manchen Fällen kommt eine publizistische Leistung in Betracht. 
  • Wie sind die konkreten Verträge zwischen Influencer und Agentur bzw. Agentur und Kunde gestaltet und welche Verhältnisse ergeben sich daraus?
  • Wie werden Zahlungen abgewickelt?
  • Was genau ist Gegenstand der Leistung der Agentur?
  • Erbringt die Agentur eventuell nur den reinen "Gelegenheitsnachweis"? (Zur Abgabepflicht einer vermittelnden Agentur siehe Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.03.2019)

Es stellt sich hier oft die Frage, ob eine echte Vertretung durch die Agentur vorliegt, die Abgabepflicht dadurch also wirksam auf den Kunden verlagert werden kann und wie dies bei einer Prüfung nachgewiesen werden kann. 

Eine Vertragsklausel wie z.B. "Der Kunde zahlt die Künstlersozialabgabe" ist dabei nicht ausreichend!

Sind InfluencerInnen Künstler bzw. Publizisten im Sinne der Künstlersozialkasse?

Wer z.B. bei YouTube, TikTok oder Twitch streamt und eigene Inhalte kreiert, kann durchaus als Künstler bzw. als Publizist im Sinne des Künstlersozialversicherungsgesetzes (KSVG) angesehen werden.


  • Als Künstler wird ein/e InfluencerIn, bzw. Content-CreatorIn oder StreamerIn vor allem dann gelten können, wenn die Inhalte des Streams künstlerisch sind. Im Fall von z.B. Musik, Malerei oder Theater kann hiervon ausgegangen werden (vgl. BSG, Urteil vom 01.10.2009, B 3 KS 2/08 R).
  • Als Publizist kann er/sie schon dadurch gesehen werden, dass Werbung bzw. im weitesten Sinne PR/Öffentlichkeitsarbeit durch den Stream betrieben wird. Unter dem Begriff des Publizisten ist zunächst jeder am Kommunikationsprozess einer öffentlichen Aussage schöpferisch Mitwirkende zu verstehen (BSG, Urteil vom 11.04.2002, B 3 KR 46/01). 
  • Unter Umständen können auch journalistische Inhalte als publizistisch angesehen werden.

Da es noch keine klaren Richtlinien aus der Rechtsprechung gibt, muss der Einzelfall sehr genau beurteilt werden.


Gerichtsurteile

Wegweisende Entscheidungen wie Influencer, Streamer etc. im Zusammenhang mit der Künstlersozialabgabe zu sehen sind, gibt es momentan noch nicht. Allerdings spielen verschiedene Urteile in diesem Zusammenhang eine Rolle:



Wann muss grundsätzlich die Künstlersozialabgabe gezahlt werden?

Die Künstlersozialabgabe ist eine Abgabe, die von Unternehmen in Deutschland zu zahlen ist, wenn sie künstlerische oder publizistische Leistungen von selbständigen Künstlern oder Publizisten in Anspruch nehmen (allgemeine Infos zur KSK-Abgabe gibt es hier). 


Die Höhe der Künstlersozialabgabe beträgt momentan 5% (2023). 


Sowohl die Künstlersozialkasse als auch die Deutsche Rentenversicherung, kontrollieren die Einhaltung der Abgabepflicht.


Im Bereich des Influencer-Marketings kommen, wie oben dargestellt, in Frage:


  • Künstlerische Leistungen (falls die Inhalte als künstlerisch angesehen werden können) 
  • Publizistische Leistungen (z.B. Werbung/PR/Öffentlichkeitsarbeit).

Zum Wesen künstlerischer und publizistischer Leistungen ist oben bereits ausgeführt worden. Bei künstlerischen Leistungen muss beachtet werden, dass diese nicht zu eng definiert werden dürfen. Letztlich ist jede Darbietungsform als Kunst im Sinne des KSVG anzusehen, bei der auch nur in Ansätzen eine freie schöpferische Gestaltung zu erkennen ist (BSG, Urteil vom 25.10.1995, 3 RK 24/94).

Jedoch folgt hieraus nicht zwingend immer eine Abgabepflicht.


Influencer Leistungen im Rahmen einer Affiliate-Marketing-Kooperation

Die Künstlersozialkasse hat mittlerweile anerkannt, dass Leistungen von Influencern im Rahmen von Affiliate-Marketing-Kooperationen nicht abgabepflichtig sind.

Allerdings werden vor allem bei Prüfungen der Deutschen Rentenversicherung regelmäßig Leistungen, die im Grunde dem Affiliate-Marketing zugeordnet werden können, als abgabepflichtig eingestuft. Es ist insofern noch nicht endgültig geklärt, welche Leistungen, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu § 25 KSVG, im Einzelnen diesem Bereich zugeordnet werden können.


Wiederum kommt es hier stark auf den Einzelfall und die jeweiligen vertraglichen Konstellationen an.


Fazit

Ob bzw. inwieweit letztendlich die Pflicht zur Künstlersozialabgabe für Leistungen von InfluencerInnen und StreamerInnen besteht, ist eine offene Frage.


Man kann aber sagen, dass in vielen Fällen die Entscheidungen der KSK bzw. DRV genau überprüft werden sollten


Zudem gibt es günstigere und weniger günstige Gestaltungen und Vertragskonstellationen.


Ich bearbeiten laufend Verfahren in diesem speziellen Bereich. Unsere Kanzlei Westermann & Scholl Rechtsanwälte ist auf das Recht rund um die Künstlersozialabgabe spezialisiert. Mehr Infos auf: www.ksk-rechtshilfe.de


Foto(s): Philipp Vitus Scholl


Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Philipp Scholl

Beiträge zum Thema