Mangelnde Aufklärung über Verflechtungen bei geschlossenem Fonds begründet Beraterhaftung

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Die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann hat vor dem Oberlandesgericht München ein bahnbrechendes Urteil gegen die Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost EG erstritten. Der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München verurteilte die beklagte Bank im Berufungsurteil vom 01.04.2019 zu Schadensersatz und Rückabwicklung der empfohlenen, hochriskanten Anlagen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es stützt sich auf Beraterhaftung aufgrund mangelnder Aufklärung über personelle und gesellschaftliche Verflechtungen der involvierten Gesellschaften.

Georgios Aslanidis, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann, sagt dazu: „Diese Entscheidung erweitert den Pflichtenkanon des Anlageberaters bei der Beratung über einen geschlossenen Fonds erheblich. Denn das Gericht stellt ausdrücklich klar, dass neben dem Prospekt auch der Berater über die personellen und gesellschaftlichen Verflechtungen der beteiligten Unternehmen aufklären muss. Das Urteil des Oberlandesgerichts München markiert einen weiteren Meilenstein im Anlegerrecht.“

Der Sachverhalt zum Urteil 

Der Kläger war von einem Anlageberater der Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost eG zu einer Beteiligung an geschlossenen Schiffsfonds nicht objektgerecht beraten worden. Konkret wurde der Kläger bei der Beratung nicht über die aufklärungspflichtigen, personellen und gesellschaftlichen Verflechtungen aufgeklärt, die bei der MCE Erste Zweitmarktportfolio Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG und bei der FHH Fonds Nr. 39 MS „ANDINO“ GmbH & Co. KG, FHH Fonds Nr. 39 MS „ALGARROBO“ GmbH & Co. KG vorhanden sind. Die Beratung fand lediglich anhand einer Checkliste statt, in der die jeweiligen Verflechtungen jedoch nicht aufgeführt waren. Der Berater der Beklagten hatte die Verflechtungen der Gesellschaften auch nicht speziell erwähnt.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Landgericht Traunstein, das Gericht der ersten Instanz, stellte in der Beweisaufnahme fest, dass die jeweiligen Emissionsprospekte erst am Tag der Beratung an den Kläger übergeben worden waren. Ferner gab der Berater der Beklagten an, den Kläger anhand der jeweiligen Checkliste Punkt für Punkt beraten zu haben. Das Berufungsgericht gelangte nun zur Überzeugung, dass der Anlageberater den Kläger nicht über die vorhandenen Verflechtungen aufgeklärt und dadurch den vorliegenden Interessenkonflikt nicht offengelegt hat. Denn personelle und gesellschaftliche Verflechtungen gefährden eine unabhängige und transparente Entscheidung im Sinne des Anlegers. Ein Berater müsse den Anleger darüber aufzuklären, urteilte das OLG München. 

Nach der Parteivernehmung waren die Richter auch davon überzeugt, dass die unzureichende Risikoaufklärung über die Verflechtungen für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich geworden ist. Das Gericht ist dem Vortrag des Klägers gefolgt, dass er die Beteiligungen nicht erworben hätte, wenn er von den Verflechtungen Kenntnis gehabt hätte. 

Das OLG München hat auf die Berufung des Klägers hin das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 27.07.2018 aufgehoben. Die Volksbank Raiffeisenbank Oberbayern Südost eG wurde unter anderem auf Schadensersatz und damit zur Rückabwicklung der Beteiligungen verurteilt. Sie wurde auch dazu verpflichtet, den Kläger von sämtlichen weiteren wirtschaftlichen Nachteilen aus und im Zusammenhang mit den Beteiligungen, insbesondere von der Verpflichtung zur Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen, freizustellen.

Fazit: richtungsweisendes Urteil im Anlegerrecht

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München stärkt immens die Interessen von Kapitalanlegern. Besondere Aufmerksamkeit erlangt die Aufklärung im Beratungsgespräch anhand von Checklisten und die Aufklärung über personelle und gesellschaftliche Verflechtungen und in der Folge der damit verbundene, schwerwiegende Interessenkonflikt. In den Fällen, in denen die Berater die Anleger nicht ausdrücklich über die bestehenden Verflechtungen aufgeklärt haben, liegt keine objektgerechte Beratung vor. Anleger haben dann einen Anspruch auf Schadensersatz und Rückabwicklung ihrer Beteiligung.  


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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