Medizinisches Cannabis und Führerschein – Ist die Fahrerlaubnis in Gefahr?

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Medizinisches Cannabis wird mittlerweile für eine Vielzahl von Krankheiten ärztlich verschrieben und zur Behandlung ausgegeben. Nicht nur im Hinblick auf die Einnahme und Wirkweise ergeben sich dabei wesentliche Unterschiede zwischen Rauschkonsumenten (illegale Einnahme) und dem Medizinkonsumenten von Cannabis. Der Medizinkonsument nimmt das Betäubungsmittel ein, um ein Leiden zu therapieren und nicht, um sich zu berauschen.

Dies kann zur Folge haben, dass die Fahreignung durch den Konsum von Cannabis je nach Grunderkrankung gerade erst hergestellt wird. Auch nach Intention des Gesetzgebers gelten Cannabispatienten im Unterschied zu Rauschkonsumenten als grundsätzlich zuverlässig und verantwortungsbewusst im Hinblick auf den Konsum.


Ist eine Überprüfung der Fahreignung zulässig?

Daher ist der Cannabispatient in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) auch konsequenterweise nicht unter die Nr. 9.2 der Anlage 4 (illegale Einnahme von Cannabis) einzuordnen, sondern unter die Nr. 9.4 und die Nr. 9.6.2 (Einnahme von Arzneimitteln).

Nach der Nr. 9.4 ist eine Fahreignung unter anderem ausgeschlossen, wenn eine missbräuchliche Einnahme von Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen vorliegt.

Nach der Nr. 9.6.2 liegt die Fahreignung nicht mehr vor, wenn bei einer Dauerbehandlung mit Arzneimitteln die Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen durch die Behandlung unter das erforderliche Maß sinkt.

Daraus folgt im Klartext, dass auch im Falle der Einnahme von Cannabis als Medizin nach der Fahrerlaubnisverordnung eine Überprüfung

  • der Notwendigkeit der Einnahme von Cannabis,
  • des Einnahmeverhaltens
  • der Leistungsfähigkeit des Patienten

erfolgen darf.


Es ist seitens des Betroffenen nun erforderlich, der Fahrerlaubnisbehörde glaubhaft zu machen, dass eine Grunderkrankung vorliegt, die eine Einnahme von Cannabis rechtfertigt.

Dies ist die erste und größte Hürde für die meisten Betroffenen. Denn Cannabis als Medizin darf nur dann verordnet werden, wenn das Grundleiden (Beispielsweise ADHS, chronische Schmerzen usw.) nicht durch andere Medikamente oder Therapieansätze erfolgreich behandelt werden kann. Cannabis ist nach dem derzeitigen Willen des Gesetzgebers nur das letzte Mittel zur Behandlung, die sog. „Ultima Ratio“.

Dies mag aufgrund der derzeitigen politischen Diskussion über die Legalisierung von Cannabis und den nachweislichen Nutzen als Medizin befremdlich wirken, ist aber die derzeitige Rechtslage. Und dieser Umstand sorgt immer wieder für Probleme. Denn die Fahrerlaubnisbehörde ist oftmals anderer Meinung was die Erforderlichkeit der Medikation mit Cannabis angeht als der das Cannabis verordnende Arzt.

Es kann also die absurde Situation entstehen, dass ein Arzt die Medikation mit Cannabis für hilfreich und angezeigt hält, die Fahrerlaubnisbehörde jedoch über ein ärztliches Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass andere Therapieansätze vorrangig sind und daher kein Cannabis zu verschreiben gewesen wäre.


Ist die erste Hürde geschafft muss glaubhaft gemacht werden, dass das Medikament streng nach der ärztlichen Verordnung eingenommen wird. Bereits die Einnahme in zu hoher oder zu geringerer Dosis kann Zweifel an der Fahreignung begründen.

Dies gilt ebenfalls für etwaigen Mischkonsum mit anderen Substanzen oder der Konsum einer anderen Sorte Cannabis. Die Fahreignung ausschließend kann auch der Beikonsum von illegalem Cannabis sein (BayVGH, Beschl. v. 29.04.2019 – 11 B 18.2482).

Ganz wichtig ist, dass schon der Mischkonsum von Alkohol und medizinischem Cannabis nach der Rechtsprechung des BayVGH eine missbräuchliche Einnahme darstellen kann. Der Konsum von Alkohol und Cannabis sollte also im Hinblick auf die Fahrerlaubnis besser gänzlich unterlassen werden.


Darüber hinaus wird im Rahmen des Verfahrens natürlich auch die Leistungsfähigkeit des Betroffenen unter der Medikamenteneinnahe überprüft.


Welche Maßnahmen darf die Behörde zur Überprüfung ergreifen?

Wie bereits erwähnt, kann beim Cannabispatienten gemäß der Nr. 9.4 und 9.6.2 eine Überprüfung der Notwendigkeit der Einnahme, der Einnahmemodalitäten und der Leistungsfähigkeit erfolgen.

In der Regel wird es sich die Fahrerlaubnisbehörde daher nicht nehmen lassen, eine ärztliche Begutachtung und eine medizinisch-psychologische Untersuchung (die sog. MPU) anzuordnen. Dies ist nach der Rechtsprechung auch möglich (Bspw. VG Düsseldorf, Beschl. v. 25.09.2018 – 14 L 2650/18).

Wichtig ist hierbei zu beachten, dass der ärztlichen Untersuchung und der MPU die richtigen Fragestellungen zugrunde liegen. Den Führerscheinbehörden unterläuft hier immer einmal wieder der Fehler, dass die Fragestellung für einen "illegalen Konsumenten" herangezogen wird.

Da sich die Gutachter an die Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde halten müssen, liegt es auf der Hand, dass dann die Begutachtung nicht ordnungsgemäß verläuft und unter Umständen negativ ausfällt. Aus anwaltlicher Sicht lässt sich ein solcher Fehler jedoch leicht erkennen und beseitigen, unter Umständen unter Korrektur der Fragestellung.


Zusammenfassung

Für Cannabiskonsumenten, gleich ob legal oder illegal, ist die Fahrerlaubnis regelmäßig in Gefahr. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich der Betroffene irgendwann vor der Fahrerlaubnisbehörde rechtfertigen muss, um seine Fahrerlaubnis behalten zu dürfen. Insbesondere für Cannabispatienten mag dies befremdlich sein, da diese nach eigener Einschätzung ja nichts Verbotenes tun.

Falsch ist daher die landläufige Meinung, mit einem Cannabisrezept habe man führerscheintechnisch nichts zu befürchten.

Suchen Sie daher frühzeitig die Hilfe eines Anwalts auf, bestenfalls die eines Anwalts für Strafrecht oder Verkehrsrecht, der sie beraten und die Weichen für Sie günstig stellen kann. Empfehlenswert ist dies schon nach einer Kontrolle durch die Polizei, denn hier könnte eine Mitteilung an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde erfolgen. Das weitere Vorgehen kann darüber entscheiden, ob und ggf. welchen Maßnahmen sich der Betroffene stellen muss.

Ihre Rechtsanwälte am Marienplatz stehen Ihnen für eine solche Beratung und Vertretung in Führerscheinsachen mit Erfahrung und Kompetenz zur Verfügung.

Foto(s): https://www.pexels.com/de-de/foto/pflanze-muster-dopen-gras-7667821/

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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