Mindest- und Höchstsätze nach HOAI zwischen Privaten weiterhin verbindlich

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Zwischen einem Architekten und einem privaten Auftraggeber (AG) kommt es zu Unstimmigkeiten. Der Architekt fordert Werklohnsicherheit nach § 648a BGB. Er berechnet dabei den ihm zustehenden Werklohn nach dem Mindestsatz nach der HOAI. Das vertraglich vereinbarte Honorar unterschritt den Mindestsatz. Der AG verweist auf die Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 und meint, dass der Architekt sich nicht mehr auf die Mindestsätze berufen könne, da diese gegen europäisches Recht verstoßen würden. Das LG Landshut folgt dieser Argumentation nicht und verurteilt den AG zur Leistung einer Sicherheit in der geforderten Höhe. Der AG legt Berufung ein. 

Das OLG erlässt einen Hinweisbeschluss, weil es beabsichtigt, die Berufung zurückzuweisen. Unter Berufung auf die Einschätzung des Landgerichts entfalte die Entscheidung des EuGH jedenfalls zwischen privatrechtlichen Parteien keine unmittelbare Rechtswirkung. Der EuGH habe nicht festgestellt, dass das Preisrecht der HOAI gegen unmittelbar anzuwendendes europäisches Primärrecht verstoßen würde. Die Entscheidung in einem Vertragsverletzungsverfahren würde nicht dazu führen, dass ein Gericht eine als gemeinschaftsrechtswidrig erkannte Norm des nationalen Rechts nicht mehr anwenden dürfe. Nach Ansicht des OLG sei eine Auslegung der HOAI ohne Berücksichtigung der Mindest- und Höchstsätze nicht möglich. Die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze stelle den Sinn und Zweck und damit den Kern der HOAI dar; das könne im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung nicht unberücksichtigt bleiben. 

Der ausführlich begründete Beschluss des OLG München folgt der auch vom OLG Hamm vertretenen Ansicht, die die Mindest- und Höchstsätze trotz des EuGH-Urteils weiterhin für verbindlich ansieht. Eine eindeutige Tendenz ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte aktuell nicht erkennbar. Derzeit bleibt es bei der erheblichen Rechtsunsicherheit für die Praxis. 

(OLG München, Beschluss vom 08.10.2019 – 20 U 94/19 Bau, nicht rechtskräftig) 


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