Mobbing, Bossing, Straining und Diskriminierung: Was kann man als betroffener Arbeitnehmer tun?

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Generelle Situation: Mobbing schädigt Menschen, Unternehmen und die Gesamtwirtschaft!

Nach einer Befragung im Auftrag der Europäischen Union werden 1,8 Mio. deutsche Arbeitnehmer jährlich von Kollegen oder Vorgesetzten gemobbt. Unter dem Titel „Der Feind in meinem Büro“ hat sich der Spiegel in der Ausgabe 16/2012 ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. In den letzten 12 Monaten seien rund 8 % der befragten deutschen Arbeitnehmer am Arbeitsplatz diskriminiert worden. Etwa 5 % wurden nach eigenen Angaben gemobbt oder schikaniert. Das mache krank. Die dadurch entstehenden Fehltage sollen die deutschen Unternehmen jährlich 2,3 Mrd. € kosten.

Was ist „Mobbing“?

Der Begriff Mobbing (aus dem Englischen von „to mob“ für „schikanieren, anpöbeln“) bezeichnet einen systematischen Anfeindungsprozess über einen längeren Zeitraum. Ein Mobbingopfer wird in seinem Arbeitsumfeld unter massiven psychischen Druck gesetzt. Die auf längere Zeit angelegte zusätzliche Belastung im Alltag ist Ziel dieser Handlung und führt in der Regel zu psychischen Gesundheitsschäden. Dieses Verhalten begründet einen Anspruch auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 1 BGB und Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB. In Betracht kommt auch eine Haftung des Arbeitgebers aus arbeitsvertraglichen Neben-und Fürsorgepflichten.

Bossing

Geht dieses Mobbing vom Vorgesetzten oder dem Chef aus, spricht man auch von „Bossing“.

Straining

Eine einzelne feindselige Handlung mit anhaltenden diskriminierenden Folgen wird neuerdings mit dem Begriff „Straining“ bezeichnet. Straining (aus dem Englischen „to strain“ für „belasten, überanstrengen und strapazieren“) beschreibt eine bewusste, vorsätzlich herbeigeführte Belastungshandlung, unter dem das Straining-Opfer psychisch oder physisch erkrankt. Bei Straining-Fällen handelt es sich stets auch um eine Benachteiligung i. S. d. § 3 Abs. 1 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz).

Strafanzeige bei Mobbing?

Wenn Mobbing zu psychischen Schäden, zu Körper- oder Ehrverletzungen führt, kann strafrechtlich der Tatbestand einer Körperverletzung, der Beleidigung oder gar des Stalkings vorliegen. Eine Strafanzeige kann in Erwägung gezogen werden, es ist aber selten das Mittel der ersten Wahl, da es im Regelfall lange dauert und die Fronten oft noch mehr verhärtet.

Zivilrechtliche Handlungsmöglichkeiten gegen Mobbing

Zivilrechtlich bestehen – neben Unterlassungsansprüchen – Ansprüche aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB; Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts) einschließlich eines Schmerzensgelds (§ 847 BGB) gegen mobbende Arbeitskollegen.

Da zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vertragsrechtliche Beziehungen (Arbeitsvertrag) bestehen, obliegt dem Arbeitgeber die Nebenverpflichtung, den Arbeitnehmer vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen und Diskriminierungen/Benachteiligungen – nun auch im AGG geregelt – zu schützen (Fürsorgepflicht des Arbeitgebers). Verletzt der Arbeitgeber diese Rechte, indem er das Mobbing weiter zulässt oder gar selbst vornimmt, haftet er. Der Arbeitgeber hat eine besondere (gesteigerte) Fürsorgepflicht gegenüber Behinderten oder im Beamtenverhältnis.

Was ist bei Mobbing zu tun?

In Mobbingfällen empfiehlt es sich, ein sog. „Mobbingtagebuch“ zu führen. (Wann hat wer was gemacht, welche Auswirkungen hatte es; evtl. Nennung von Beweismitteln oder Zeugen).

Da Mobbing oft subtil erfolgt, ist es keineswegs erforderlich, alles lückenlos beweisen zu können – es kommt auch eine Parteivernehmung in Frage. Die meisten Fälle (bei geschicktem anwaltlichem Agieren) können zudem außergerichtlich gelöst werden, da kommt es gar nicht zu einer „Beweisaufnahme“.

Diskriminierung- oder Benachteiligungsfälle

Bei Diskriminierungsfällen (Benachteiligungsfällen) gibt es sogar eine Beweislastumkehr (§ 22 AGG); d. h. der Arbeitgeber muss beweisen, dass nicht diskriminiert wurde! Allerdings normiert das AGG auch eine kurze Frist von nur zwei Monaten zur Geltendmachung der Ansprüche (§ 15 Abs. 4 AGG). Eine Klage auf Entschädigung muss zudem gemäß § 61b Abs. 1 ArbGG innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht wurde, erhoben werden.

Man sollte sich nicht als „Mobbing-Opfer“ betrachten, sondern als Mobbing-Betroffener. Letzterer hat die Situation erkannt, er verhält sich nicht mehr passiv und handelt (mithilfe eines geeigneten Anwalts).

Es ist jedoch dringend davon abzuraten, selbst zu kündigen, da dies zu einer Sperre beim Bezug von Arbeitslosengeld führen kann (§ 159 Abs.1 Nr.1 SGB III). Aber auch hier gibt es Auswege!

Gehen Sie zu einem spezialisierten Fachanwalt für Arbeitsrecht, denn Mobbing „kann nicht jeder“!

Als Mobbingbetroffene/Mobbingbetroffener brauchen Sie Schutz und Verständnis. Viele haben bereits gesundheitliche Probleme. Die Gesundheit ist bekanntlich „unbezahlbar“. Man sollte deshalb zum Arzt gehen...und zum Anwalt!

Rechtsschutzversicherungen übernehmen Kosten

In arbeitsrechtlichen Angelegenheiten besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei (auch im Urteilsverfahren in der ersten Instanz) auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Rechtsanwaltes (§ 12 a ArbGG).

Eine Rechtsschutzversicherung ist somit absolut empfehlenswert. Die Rechtsschutzversicherung muss allerdings schon bestanden haben, als die Persönlichkeitsrechtsverletzungen ihren Anfang nahmen. Da auch die Anspruchsgrundlagen im Einzelnen dargelegt und auch die genaue Höhe des Schadens beziffert werden muss, ist es besser, wenn der Anwalt die Rechtsschutzversicherung kontaktiert. Wir haben -leider- schon erlebt, dass Versicherungsnehmer, wenn sie selbst anfragen, abgewimmelt wurden mit den Worten „Mobbing ist in unserem Leistungskatalog nicht enthalten“ (!) oder „da kann man wenig machen“. Dies ist natürlich Unsinn.

Wir übernehmen deshalb gerne für Sie die Deckungsanfrage bei der Rechtsschutzversicherung!

Rechtsanwalt Patrick de Backer

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Spezialist gegen Mobbing

Deutschlandweite Vertretung


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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