Nachträge wegen Verlängerung der Bindefrist – nicht für Vorhaltung bis Zuschlag

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Einigermaßen verbreitet ist die Fehlvorstellung, dass vom Bauherren verursachte Bauzeitverschiebungen oder -verlängerungen Nachträge rechtfertigen könnten. Wer besser informiert ist weiß, dass dies gerade nicht der Fall ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Fälle von Bauzeitverschiebungen nicht über Nachträge, sondern über die Rechtsregeln für Behinderungen und Annahmeverzug, §§ 6 VOB/B, 642 BGB zu lösen. Wer dies während der Bauzeit missachtet und die Rechtsvoraussetzungen dieser Vorschriften deswegen nicht auslöst bzw. versäumt, das Vorliegen ihrer Tatsachen Voraussetzungen beweissicher zu dokumentieren, geht häufig leer aus bzw. beschädigt sich selbst, wenn er von einem deswegen etwaig bestehenden Recht zur Vertragsauflösung keinen Gebrauch macht.

Der Besserinformierte weiß schon einiges mehr, wenn ihm bewusst ist, dass der Ausnahmefall, für den der Bundesgerichtshof Nachtragsansprüche wegen Bauzeitverschiebung in Betracht zieht, der Fall ist, dass die Bindefrist im Rahmen einer Ausschreibung verlängert wird, weswegen sich die in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Ausführungsfristen (die mit dem späteren Zuschlag weiterhin gelten) nicht einhalten lassen.

Aber auch hier steckt der Teufel im Detail, wie eine jüngere BGH-Entscheidung (Urteil vom 26. April 2018 – VII ZR 81/17) illustriert: Für einen solchen Nachtrag ist es erforderlich, dass er auf Umständen beruht, welche nach der Zuschlagserteilung eingetreten sind. Geht es um Umstände, welche sich vor dem Zuschlag und damit vor Vertragsschluss ereignet haben, dann kann jedenfalls über den Weg eines Nachtrags keine weitere Vergütung geltend gemacht werden. In dem zu Grunde liegenden Fall war es so, dass Gegenstand der Ausschreibung von Leistungen an einer Autobahn insbesondere die Vorhaltung einer Stahlgleitwand von 14,8 km gewesen war. Da die Verlängerung der Bindefrist mehrfach erfolgte und zwar über ein anderthalbes Jahr lang, vom ursprünglich vorgesehenen Zuschlagstermin am 2. September 2004 auf den 31. März 2006, hatte die Klägerin die in ihrem Bestand vorhandene Stahlgleitwand erst vollständig ungenutzt vorgehalten und dann beginnend im Jahr 2005 sukzessive auf anderen Baustellen eingesetzt.

Mit einem Nachtrag machte sie nun einen Mehrvergütungsanspruch für die Vorhaltung Ihrer Stahlgleitwand in der Zeit vom 2. September 2004 bis zur tatsächlichen Zuschlagserteilung geltend. Das konnte nicht gelingen, denn die Klägerin hat nicht solche Vorhaltekosten geltend gemacht, die auf einer nach Vertragsschluss eingetretenen Veränderung beruhten, sondern Vorhaltekosten aus dem Zeitraum bis zur verspäteten Zuschlagserteilung, mithin vor Vertragsschluss.

Mangels Vertrages im maßgeblichen Zeitraum gab es keine Rechtsgrundlage für die Erstattung von Vorhaltekosten. Der BGH legt die Zustimmung zur Bindefrist Verlängerung dahingehend aus, dass der Bieter damit erklärt, sich ohne zusätzliche Kosten leistungsbereit zu halten. Vor diesem Risiko sei er geschützt, da er die Möglichkeit habe, einer angefragten Bindefrist Verlängerung die Zustimmung zu versagen. In Bezug auf Vorhaltekosten, die zeitlich vor Abschluss des Bauvertrages entstehen, handelt der Bieter mithin auf eigenes Risiko.


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