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Nacktfotos und Schmerzensgeld/Geldentschädigung

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Eine Beziehung endet. Einer der Ex-Partner kommt mit seinen negativen Gefühlen nicht klar und heckt einen bösartigen Plan aus: Warum nicht einfach Nacktfotos oder Videos, die man noch auf dem Handy oder Computer gespeichert hat und den ehemaligen Partner (häufiger: die ehemalige Partnerin) nackt oder sogar in sexuellen Situationen zeigen, an Dritte weitergeben oder im Internet veröffentlichen? Noch perfider: Rasch wird ein Bildnis der ehemaligen Partnerin in einen Pornofilm montiert, sodass der Anschein entsteht, dass diese tatsächlich zum Cast gehörte. 

Diese häufig als „Rache-Porno“ (Revenge-Porn) bezeichnete Konstellation geht mit einem erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Person einher. Auch sonstige Verwendungen von Nacktfotos bzw. Personenfotos in einem unerwünschten Zusammenhang, etwa auf dem Cover eines Pornofilms, können einen vergleichbar schweren Eingriff darstellen. 

Wie kann gegen derartige Rechtsverletzungen vorgegangen werden?

Einerseits mit dem strafrechtlichen Instrumentarium, also einer Strafanzeige. Der Täter macht sich regelmäßig strafbar. Es kommt eine Strafbarkeit nach § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) in Betracht. Weiterhin ist auch der Straftatbestand des § 33 KUG (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie) verwirklicht, da die Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung der abgebildeten Person ohne ihre Einwilligung strafbar ist. 

In zivilrechtlicher Hinsicht stehen der oder dem Betroffenen Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schmerzensgeldansprüche zu. Mit dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch kann in der Regel eine schnelle Beendigung der Rechtsverletzung erreicht werden. Der Täter wird, soweit bekannt oder ermittelbar, mit einer kurzen Frist abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Gibt er diese Erklärung nicht ab und beseitigt den Rechtsverstoß nicht fristgemäß, kann im gerichtlichen Eilverfahren ein Verbot erwirkt werden. 

Zugleich oder im nächsten Schritt können Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht werden. Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach dem jeweiligen Einzelfall. Folgende Konstellationen wurden bislang in Deutschland einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen:

Ein Gelegenheitsmodel ließ Aktaufnahmen in einem Fotostudio herstellen. Der Azubi des Fotografen nahm einige der Fotos an sich und verkaufte sie mit einem gefälschten Model-Release an eine Zeitschrift. Eines der Fotos wurde als Titelbild neben einem kopulierenden Paar und dem Schriftzug „7 Tipps für den Mega-Orgasmus” abgebildet. Das OLG Hamm sprach dem Model einen Schmerzensgeldanspruch gegen die Zeitschrift in Höhe von DM 20.000,00 zu. Bei Nacktfotos treffe die Redaktion eine Pflicht zur Nach-Recherche (OLG Hamm, Urteil vom 03.03.1997, Az.: 3 U 132/96).

Das Landgericht Hamburg entschied im Jahr 2001, dass einer Person des öffentlichen Lebens bei der Veröffentlichung von Paparazzi – Nacktfotos eine Geldentschädigung in Höhe von 150.000,00 DM zusteht (LG Hamburg, Urteil vom 20.07.2001, Az.: 324 O 68/01).

Einer Entscheidung des Landgerichts Kiel lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der ehemalige Partner einer Frau veröffentlichte neben 3 Fotos, die diese zum Teil vollständig nackt zeigten, den vollständigen Namen, die Anschrift sowie die Telefonnummer der Frau. Es entstand der Eindruck, dass die Frau sich prostituiere; sie erhielt auch einige sexuelle Offerten. Das Gericht hielt hier ein Schmerzensgeld von 25.000 Euro für angemessen (LG Kiel, Urteil vom 27.04.2006, Az.: 4 O 251/05).

Wie das Landgericht Düsseldorf urteilte, dürfen selbst solche Personen, die im Rahmen einer Kunstaktion vollständig unbekleidet Modell stehen, ohne Einwilligung nicht in einem öffentlichen Programmheft abgebildet werden. Das Gericht verurteilte den Verantwortlichen zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von EUR 5.000,00 (LG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2011, Az.: 12 O 438/10).

Bei einem durch das Landgericht Frankfurt entschiedenen Fall ging es um Nacktbilder einer Minderjährigen, die in der Schule kursierten. Die Fotos waren von der Betroffenen selbst beim Geschlechtsverkehr mit ihrem Freund per Handy aufgenommen worden. Als das Handy zum Aufladen an ein Laptop einer Mitschülerin angeschlossen wurde, wurden die Fotos ungewollt kopiert. Die Mitschülerin gab die Fotos an einige Mitschüler weiter. Hierfür wurde sie zu einem Schmerzensgeld von nur EUR 1.000,00 verurteilt (LG Frankfurt a.M., Urteil vom 20.05.2014; Az.: 2-03 O 189/13).

Das Landgericht Berlin sprach einer Frau, deren ehemaliger Partner einen mit ihrem Einverständnis hergestellten „Privatporno“ nach dem Ende der Beziehung ohne ihre Einwilligung im Internet veröffentlichte, ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 15.000,00 zu (LG Berlin, Urteil vom 07.10.2014, Az.: 27 O 166/14).

Ebenfalls zur Zahlung von EUR 15.000,00 verurteilt wurde ein Mann, der Bildnisses des Kopfes seiner ehemaligen Partnerin auf pornografische Inhalte montiert, mit Zusätzen wie „... draußen ficken” oder „... zum ficken geil” versehen und im Internet veröffentlicht hatte (OLG Oldenburg, Urteil vom 11.08.2015, Az.: 13 U 25/15). In der ersten Instanz war der Mann noch zur Zahlung von EUR 22.000,00 verurteilt worden (LG Oldenburg, Urteil vom 2.3.2015, Az.: 5 O 3400/13). 

Noch milder zeigte sich das OLG Hamm in einer jüngeren Entscheidung. Hier hatte ein 16-Jähriger im Jahr 2011 ein Foto seiner damals ebenfalls 16-jährigen Freundin beim Oralverkehr mit ihm gefertigt und 2 Jahre später auf einem Internetportal veröffentlicht. Das Foto verbreitete sich ohne weiteres Zutun des Mannes insbesondere über soziale Netzwerke. Die betroffene Frau erlitt durch die Veröffentlichung einen gesundheitlichen Schaden in Form einer sich über mehrere Jahre erstreckenden psychischen Erkrankung. Das Oberlandesgerichts Hamm sprach der Frau zum Ausgleich ihres immateriellen Schadens lediglich ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 7.000,00 zu und reduzierte damit den in erster Instanz vom Landgericht festgesetzten Betrag um EUR 13.000,00 (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 20.02.2017, Az.: 3 U 138/15). 

Bei der Höhe des Schmerzensgeldes spielt u. a. eine Rolle, ob der bzw. die Abgebildete einen eigenen Beitrag zur Weiterverbreitung der Bilder gesetzt hat und wie viele Personen dieses erhalten bzw. gesehen haben. Einer jüngeren Entscheidung des OLG Oldenburg lag folgender Fall zugrunde: Eine junge Frau hatte Fotos, die u. a. ihre Brüste und ihren Genitalbereich zeigten, aufgenommen und an ihren damaligen Freund verschickt. Eine frühere Freundin erhielt die Fotos ebenfalls auf Wegen, die nicht mehr aufgeklärt werden konnten. Diese leitete die Fotos an einen anderen Freund weiter. Die Betroffene ging gegen ihre ehemalige Freundin vor, die ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 500,00 an die Betroffene zahlen musste. Eine Entschädigung in dieser Höhe sei angemessen, aber auch ausreichend, da die Betroffene durch die Aufnahme und das Verschicken der Bilder eine wesentliche Ursache für deren Weiterverbreitung gesetzt habe. Zu berücksichtigen sei, dass die Fotos nur per WhatsApp an eine weitere Person weitergeleitet und nicht etwa ins Internet gestellt worden seien (Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 05.03.2018, Beschluss vom 06.04.2018, Az.: 13 U 70/17).


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