Neues aus dem Pflichtteilsrecht – Berichtigung bzw. Ergänzung eines notariellen Nachlassverzeichnisses möglich?

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Bei Errichtung einer Verfügung von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) ist zu ermitteln, ob möglicherweise nicht berücksichtigte Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind. Ist ein Pflichtteilsberechtigter durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, steht ihm ein Pflichtteilsanspruch gegen den Erben zu.

Der Pflichtteilsberechtigte wird i.d.R. keine Kenntnis davon haben, wie sich der Nachlass nach dem Erblasser zusammensetzt. Das Gesetz gewährt ihm einen Auskunftsanspruch gegen den Erben, der es ihm ermöglichen soll, sich die notwendigen Kenntnisse zur Bemessung seines Pflichtteilsanspruchs zu verschaffen. Entsprechend kann der Pflichtteilsberechtigte ein privates und/oder notarielles Bestandsverzeichnis verlangen.

Bei einem notariellen Nachlassverzeichnis muss der Notar den Bestand des Nachlasses selbst und eigenständig ermitteln und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringen, dass er den Inhalt verantwortet. In der Ausgestaltung des Verfahrens ist er weitestgehend frei.

Der Notar muss zunächst von den Angaben des Erben ausgehen, darf sich aber nicht auf diese Angaben beschränken. Vielmehr muss er den Nachlassbestand selbst ermitteln und feststellen, wobei er diejenigen Nachforschungen anzustellen hat, die ein objektiver Dritter in der Lage des Gläubigers für erforderlich halten durfte.

Hat der Notar das Nachlassverzeichnis erstellt, kann der Pflichtteilsberechtigte grundsätzlich nicht dessen Berichtigung oder Ergänzung verlangen. Er ist auf den Weg der eidesstaatlichen Versicherung verwiesen, sofern Zweifel an der Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses verbleiben.

Von diesem Grundsatz sind aber im Einzelfall Ausnahmen anerkannt. Beispielweise wenn Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen fehlen. Diese Angaben sind für die Ermittlung des sog. Pflichtteilsergänzungsanspruchs relevant.

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm Beschl. v. 09.03.2021 – 10 U 90/20 = ZEV 2021, 576) hat jüngst bestätigt, dass der Pflichtteilsberechtigte, wenn der Notar der o.g. Ermittlungspflicht nicht nachkommt und Angaben über den fiktiven Nachlass oder Schenkungen unterlässt, die Berichtigung oder Ergänzung des Nachlassverzeichnisses einfordern kann. Das Gericht stärkt damit die Rechte des Pflichtteilsberechtigten im Rahmen seiner Auskunft.

Bei einem notariellen Nachlassverzeichnis muss daher bei Zweifeln über dessen Richtigkeit im Einzelfall geprüft werden, ob das Nachlassverzeichnis bereits eine erfüllungstaugliche Auskunft darstellt oder ob im Fall einer erfüllungstauglichen Auskunft ggfs. eine Berichtigung oder Ergänzung des Nachlassverzeichnis verlangt werden kann.


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