Pflicht zur Arbeitszeiterfassung

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Bis September 2022 wurde in Deutschland davon ausgegangen, dass eine Pflicht zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit nur in Ausnahmefällen (z.B. nach § 17 I MiLoG für die in § 2 a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Wirtschaftsbereichen) besteht. Für den überwiegenden Teil der Beschäftigten galt nur § 16 II ArbZG, wonach die werktäglich über acht Stunden hinausgehende Arbeitszeit aufzuzeichnen ist.

Diese Auffassung änderte sich durch einen Paukenschlag am 13.09.2022. Das BAG entschied, dass Unternehmen die Arbeitszeit der Beschäftigten systematisch erfassen und aufzeichnen müssen. Diese Pflicht wird aus § 3 II Nr. 1 ArbSchG abgeleitet, wonach Arbeitgeber „für eine geeignete Organisation (…) sorgen und die erforderlichen Mittel (bereitstellen) müssen“, um die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen. Durch den Beschluss des BAG waren Arbeitgeber ab sofort und ohne Umsetzungsfrist verpflichtet, ein Arbeitszeiterfassungssystem einzurichten. Bei der Ausgestaltung der Zeiterfassung machte das BAG wenige Vorgaben und gab Arbeitgebern kaum Handlungsanweisungen. Nach BAG sei es „nicht ausgeschlossen“, die „Aufzeichnung der betreffenden Zeiten als solche an die Arbeitnehmer zu delegieren“. Daher muss der Arbeitgeber die Arbeitszeit nicht selbst erfassen, eine Delegation der Aufzeichnung auf die Arbeitnehmer ist zulässig und die Vertrauensarbeitszeit bleibt weiter möglich.

Das Bundesministerium (BMAS) hat nun am 18.04.2023 den ersten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG‑E) vorgelegt. Mit dem Entwurf sollen unter Berücksichtigung der Entscheidung des BAG und des „Stechuhr-Urteil“ des EuGH vom 14.5.2019 Regelungen zur Aufzeichnung der gesamten Arbeitszeit geschaffen werden. Arbeitgeber sollen u.a. verpflichtet sein, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer jeweils am Tag der Arbeitsleistung elektronisch zu erfassen.


Christian Rothfuß
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Foto(s): A. Scheunert

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