Planfeststellungsverfahren – Planänderungsverfahren – Änderung der Planung nach einem Planfeststellungsbeschluss

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Was ist ein Planänderungsverfahren?

Nach Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses ist die Durchführung eines Deckblattverfahrens (vgl. meinen Artikel zum Thema Deckblattverfahren: https://www.anwalt.de/rechtstipps/deckblattverfahren-einwendungen-in-einem-deckblattverfahren-208688.html) nicht mehr möglich. Wenn dann noch Änderungen an der Planung vorgenommen werden sollen, musss ein sogenanntes Planänderungsverfahren nach § 76 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) durchgeführt werden. Ein solches Planänderungsverfahren ist allerdings nur möglich, wenn das Vorhaben noch nicht fertig gestellt ist.

§ 76 VwVfG regelt in seinen drei Absätzen Folgendes:

(1) Soll vor Fertigstellung des Vorhabens der festgestellte Plan geändert werden, bedarf es eines neuen Planfeststellungsverfahrens.

(2) Bei Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung kann die Planfeststellungsbehörde von einem neuen Planfeststellungsverfahren absehen, wenn die Belange anderer nicht berührt werden oder wenn die Betroffenen der Änderung zugestimmt haben.

(3) Führt die Planfeststellungsbehörde in den Fällen des Absatzes 2oder in anderen Fällen einer Planänderung von unwesentlicher Bedeutung ein Planfeststellungsverfahren durch, so bedarf es keines Anhörungsverfahrens und keiner öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses.

§ 76 Abs. 1 VwVfG sieht vor, dass für vor Fertigstellung eines Vorhabens erfolgende Planänderungen ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen ist. Von der Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens kann nach § 76 Abs. 2 VwVfG dann abgesehen werden, wenn es sich um Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung handelt und die Belange anderer nicht berührt werden oder die Betroffenen der Planänderung zugestimmt haben. Wenn trotzdem in diesen Fällen ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden soll, kann nach § 76 Abs. 3 VwVfG auf ein Anhörungsverfahren und auf die öffentliche Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses verzichtet werden.


Im Detail:

§ 76 Abs. 1 VwVfG enthält drei Voraussetzungen:

  1. Es muss ein festgestellter Plan vorliegen.
  2. Dieser festgestellte Plan wird geändert.
  3. Das Vorhaben ist noch nicht fertiggestellt.


Zur 1. Voraussetzung:

Ein festgestellter Plan liegt vor, wenn ein wirksamer Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Wirksam wird ein Planfeststellungsbeschluss, bei dem es sich um einen Verwaltungsakt handelt, wenn er bekannt gegeben wird (vgl. § 43 Abs. 1 VwVfG). Wenn das Planfeststellungsverfahren also noch nicht mit einem Planfeststellungsbeschluss beendet wurde, findet § 76 Abs. 1 VwVfG keine Anwendung. Vor Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses können Planänderungen über § 73 Abs. 8 VwVfG (sogenanntes Deckblatt oder Deckblattverfahren oder auch Deckblattänderung) umgesetzt werden.


Zur 2. Voraussetzung:

Für eine Planänderung bedarf es einer inhaltlichen Änderung des Plans. Und diese Änderung darf nicht dazu führen, dass ein ganz anderes Vorhaben gegeben ist. Ein anderes Vorhaben ist dann gegeben, wenn die Identität des Vorhabens nicht mehr gewahrt ist. Das ist dann der Fall, wenn ein inhaltlich neues Vorhaben verfolgt wird.

Änderungen des festgestellten Plans werden z.B. deswegen erforderlich, weil der Vorhabenträger sich von den im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Schutzvorrichtungen lösen will, wenn er also von der im Planfeststellungsbeschluss festgelegten äußeren Gestalt des Vorhabens abweichen möchte. Mit dieser Abweichung (z.B. statt einer Schallschutzwand sollen nun Schienenstegabschirmungen als Schutzmaßnahme vorgesehen werden) ist das Vorhaben von der Genehmigungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. meinen Artikel zu den Wirkungen eines Planfeststellungsbeschlusses: https://www.anwalt.de/rechtstipps/planfeststellungsbeschluss-wirkungen-eines-planfeststellungsbeschlusses-208529.html) nicht mehr gedeckt.


Zur 3. Voraussetzung:

§ 76 VwVfG ist dann nicht mehr anwendbar, wenn das Vorhaben schon endgültig fertig gestellt wurde. Nicht fertig gestellt ist ein Vorhaben dann, wenn es nicht vollständig errichtet und noch nicht (zum planfestgestellten Zweck) in Betrieb genommen wurde.


Wenn die drei Voraussetzungen vorliegen, bedarf die Planänderung eines neuen Planfeststellungsverfahrens (§ 76 Abs. 1 Satz 1 VwVfG). Das Planfeststellungsverfahren läuft dann wieder nach den §§ 73 ff. VwVfG ab (vgl. meinen Artikel zu dem Ablauf eines  Planfeststellungsverfahrens: https://www.anwalt.de/rechtstipps/was-ist-ein-planfeststellungsverfahren-in-welchen-faellen-muss-es-durchgefuehrt-werden-und-wie-laeuft-es-ab-208234.html).


Im Falle von Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung sehen die Absätze 2 und 3 sogenannte Verfahrenserleichterungen vor. Eine Planänderung ist dann von unwesentlicher Bedeutung, wenn die Änderung im Verhältnis zu der abgeschlossenen Gesamtplanung unerheblich ist. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die mit der Planung verfolgte Zielsetzung unberührt bleibt und die beabsichtigte Änderung die mit der Planfeststellung erfolgte Abwägung aller einzustellenden Belange in ihrer Struktur unberührt lässt. Wenn die Änderung etwa vorsieht, dass der Planfeststellungsbeschluss um weitere Schutzmaßnahmen zu ergänzen ist, liegt in der Regel eine Planänderung von unwesentlicher Bedeutung vor. In einem solchen Fall bedarf es abweichend von der Regelung in § 76 Abs. 1 VwVfG keines neuen Planfeststellungsverfahrens, wenn zusätzlich die Belange anderer nicht berührt werden oder wenn die Betroffenen der Planänderung zugestimmt haben. Wenn allerdings doch ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden soll, bedarf es als Verfahrenserleichterung nach § 76 Abs. 3 VwVfG jedenfalls keines Anhörungsverfahrens und auch keiner öffentlichen Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses.

Übrigens: Das Planänderungsverfahren kann sowohl durch den Vorhabenträger als auch durch die Planfeststellungsbehörde eingeleitet werden.   



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