Praxisverkauf & Verhandlungen mit Investoren (M&A)

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1. Der Käufer ist ein professioneller Investor – was muss ich beachten?

Professionelle Investoren interessieren sich zunehmend für den Erwerb von (Zahn)Arztpraxen, den Eintritt bzw. Austritt in BAG’s sowie für die Übernahme von MVZ’s, Laboren und Krankenhäusern. Die Kaufinteressenten können strategische Investoren sein, die eine Vielzahl von medizinischen Leistungserbringern unter einem unternehmerischen Dach zusammenfassen möchten, oder Finanzinvestoren wie Family Offices und Private Equity-Gesellschaften, die Ihr Portfolio im Healthcare-Bereich ergänzen wollen. (Zahn)Ärzte können beim Verkauf an einen Investor häufig einen höheren Kaufpreis realisieren.

Wenn Sie Ihre Praxis an einen Investor abgeben möchten, ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass Sie es mit sehr erfahrenen professionellen Käufern zu tun haben. Investoren haben deshalb gegenüber medizinischen Leistungserbringern einen hohen Wissensvorsprung beim Thema Praxisübernahmen. Zudem wird der Praxisverkauf unter Beteiligung von Investoren als ein M&A-Prozess (M&A = engl. Abkürzung für mergers & acquisitions) durchgeführt, für den sich in der Praxis eine Reihe von Markstandards wie bestimmte Vertragstechniken sowie eine eigene Sprache entwickelt hat.

Damit Sie bei Ihrer Praxisabgabe an einen Investor nicht übervorteilt werden und unbewusst unerwünschte Haftungsrisiken eingehen, ist dringend anzuraten, dass Sie sich durch einen in M&A-Transaktionen erfahrenen Anwalt beraten und begleiten lassen. Wir besitzen umfassende Transaktionserfahrung bei der Verhandlung mit Investoren und vertreten Sie gerne bei Ihrer Praxisnachfolge.

Die berufsrechtlichen und zulassungsrechtlichen Besonderheiten bei Gründung bzw. Umwandlung in ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) können Sie in diesen Rechtstipp nachlesen.


2. Wie läuft ein M&A-Prozess ab?                                                                             

Bei Verhandlungen mit Investoren im Rahmen einer M&A-Transaktion im Gesundheitswesen müssen (Zahn)Ärzte bestimmte rechtliche Rahmenbedingungen sowie etablierte Marktstandards berücksichtigen:

a. Vertraulichkeitsvereinbarung

Nach anfänglicher Kontaktaufnahme mit dem Investor und vor Offenlegung vertraulicher Informationen durch den Verkäufer sollte eine Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen den Parteien unterzeichnet werden, um den Schutz sensibler Daten sicherzustellen. Diese Geheimhaltungsvereinbarung wird auf Englisch Non Disclosure Agreement oder kurz NDA genannt. 

Aus Sicht des Verkäufers ist hierbei insbesondere darauf zu achten, dass sämtliche sensiblen Informationen vertraglich geschützt sind und den Käufer bei Verstoß gegen seine Geheimhaltungspflichten angemessen empfindliche Sanktionen treffen.

b. Due Diligence

Der Investor wird die Praxis einer eingehenden betriebswirtschaftlichen, steuerlichen und rechtlichen Prüfung unterziehen, um deren Zustand festzustellen und mögliche Risiken zu identifizieren – sog. Due Diligence

Hierfür übersendet der Kaufinteressent eine Anforderungsliste mit den Unterlagen, die er einzusehen wünscht, z.B. Verträge, Genehmigungen, Abrechnungen etc. Soweit möglich, stellt der Verkäufer die angeforderten Dokumente in einen Datenraum ein, wo Sie der Käufer einsehen kann (in der Regel werden Scans in einen geschützten Online-Datenraum hochgeladen). Häufig stellt der Käufer Rückfragen zu den hochgeladenen Dokumenten, deren Beantwortung mit dem Anwalt des Verkäufers abgestimmt werden sollte. Der Praxisabgeber sollte sich darauf einstellen, dass die Due Diligence eine erhebliche Belastung darstellen kann, weshalb hierfür ausreichend Zeit und Ressourcen eingeplant werden sollten.

Die Ergebnisse der Prüfung werden durch die Anwälte des Käufers in einem Due Diligence Report festgehalten. Der Investor wird versuchen, die darin erkannten Risiken bei der Berechnung des Kaufpreises sowie Gestaltung des Kaufvertrags zu seinen Gunsten berücksichtigen. In bestimmten Fällen kann es sich anbieten, dass der Verkäufer im Vorfeld des Verkaufsprozesses eine eigene Prüfung vornimmt (Vendor Due Diligence), um die Stärken und Schwächen seiner Praxis besser einschätzen und ggf. noch verbessern zu können.

c. Absichtserklärung

Haben sich Verkäufer und Käufer auf die groben Eckpunkte des Praxisverkaufs verständigt, ist es üblich und hilfreich, die gemeinsamen Vorstellungen in einer Absichtserklärung schriftlich niederzulegen. Diese wird engl. als Letter of Intent oder kurz LoI bezeichnet, wobei auch der Begriff Term Sheet verwendet wird. Häufig sind die kommerziellen Festlegungen im LoI noch nicht rechtlich verbindlich, während andere Bestimmungen wie eine mögliche Exklusivität der Vertragsverhandlungen und Regeln zu deren Abbruch bereits rechtsverbindlich geregelt sind. Auf den Entwurf des LoI sollte große Sorgfalt verwandt werden, da spätere Abweichungen von diesem verhandlungstechnisch nur schwer durchsetzbar sind.

d. Kaufvertrag

Er ist das juristische Herzstück der Praxisabgabe, in ihm werden die genauen Verkaufsbedingungen festgelegt. Abhängig davon, ob Gesellschaftsanteile an einer BAG bzw. einem MVZ (Share Deal) oder die Einzelwirtschaftsgüter einer Praxis (Asset Deal) verkauft werden, wird der Kaufvertrag engl. Share Purchase Agreement (SPA) bzw. Asset Purchase Agreement (APA) genannt. 

Hierbei wird der Investor versuchen, die Risiken der Praxisübernahme weitestmöglich auf den Verkäufer abzuwälzen, indem er eine umfassende vertragliche Gewährleistung für mögliche Mängel und Risiken einfordert (sog. Garantien und Freistellungen). Der Verkäufer sollte dringend darauf achten, dass er diese Haftungstatbestände korrekt bewertet und nur ein möglichst geringes Haftungsrisiko übernimmt, wofür er insbesondere effektive Haftungsbeschränkungen verhandeln sollte. 

Werden GmbH-Geschäftsanteile verkauft, muss der Kaufvertrag notariell beurkundet werden, in den meisten übrigen Fällen kann der Kaufvertrag privatschriftlich (d.h. ohne Einschaltung eines Notars) abgeschlossen werden. 

Die Vertragsunterzeichnung wird Signing genannt und der Vollzug des Kaufvertrags durch Kaufpreiszahlung und Übereignung wird als Closing bezeichnet. In manchen Fällen finden Unterzeichnung und Vollzug am gleichen Tag statt, in anderen Fällen müssen nach dem Signing noch bestimmte Bedingungen eintreten, wie die Einholung öffentlicher Genehmigungen, bevor das Closing stattfinden kann – diese Zwischenzeit wird Interim Period genannt.

e. Regulatorische Genehmigungen

Je nach Gestaltung der Praxisabgabe können regulatorische Genehmigungen erforderlich sein. Dies kann beispielsweise die Zustimmung von Zulassungsgremien oder Kassenärztlichen Vereinigungen umfassen. Die Einholung dieser Genehmigungen sollte grundsätzlich vorbereitet werden und rechtzeitig erfolgen, um Verzögerungen zu vermeiden.

          

3. Share Deal und Asset Deal – was sind die Unterschiede?                                                                             

Für den Praxisverkauf stehen zwei unterschiedliche Verkaufsmethoden zur Verfügung – Share Deal und Asset Deal – deren wesentliche Unterschiede Sie kennen sollten. Ob ein Share Deal oder Asset Deal für Ihre Praxisnachfolge vorteilhaft ist, muss durch eine umfassende Prüfung der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen ermittelt werden.

a. Share Deal (Anteilsverkauf)

Bei einem Share Deal werden die Gesellschaftsanteile an einer BAG bzw. einem MVZ verkauft. Verkäufer sind die Gesellschafter der BAG bzw. des MVZ. Die Praxis an sich bleibt unberührt und geht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit sämtlichen Aktiva und Passiva, Verträgen und Mitarbeitern auf den Käufer über. Damit übernimmt der Käufer sämtliche Chancen und Risiken der Praxis.

Da der Käufer das Unternehmen in „Bausch und Bogen“ mit sämtlichen Risiken übernimmt, enthält der Unternehmenskaufvertrag in der Regel einen umfangreichen Katalog von Garantien und Gewährleistungen durch den Verkäufer.

In der Regel müssen die Mitgesellschafter dem geplanten Anteilsverkauf zustimmen.

b. Asset Deal (Verkauf der Einzelwirtschaftsgüter)

Im Fall eines Asset Deals werden die Einzelwirtschaftsgüter wie medizinische Geräte, Patientenkartei und Praxisinventar verkauft. Verkäufer ist bei einer Einzelpraxis der Praxisinhaber bzw. die BAG oder MVZ-Trägergesellschaft. 

Verkauft werden nur diejenigen Aktiva und Passiva, die im Praxiskaufvertrag ausdrücklich festgelegt werden. Dadurch kann der Käufer gezielt interessante Vermögenswerte übernehmen und Altlasten beim Verkäufer belassen. Eine Ausnahme hiervon besteht, sofern Spezialgesetze die Haftung des Käufers anordnen (z.B. § 75 AO, § 613a BGB).

Die Übertragung der verkauften Aktiva und Passiva erfolgt im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Für die Übertragung von Verbindlichkeiten und Verträgen ist die Zustimmung des jeweiligen Gläubigers bzw. Vertragspartners erforderlich, was zu erheblichem Aufwand führen kann. Der Kaufvertrag sollte zudem Regelungen für den Fall vorsehen, dass die Zustimmung verweigert wird.

Die Übertragung der Praxis führt regelmäßig zu einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, sodass die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter automatisch kraft Gesetzes auf den Käufer übergehen. Hierüber müssen die Mitarbeiter gemäß § 613a Abs. 5 BGB ausdrücklich belehrt werden.                                                                          

4. Begleitung bei der Verhandlung mit Investoren                                                       

Der Verkauf Ihrer Praxis an einen Investor kann eine finanziell attraktive Option sein, er birgt jedoch auch spezielle Herausforderungen und Haftungsrisiken. Daher sollten Sie sich durch einen in M&A-Transaktionen erfahrenen Anwalt begleiten lassen. Wir beraten Sie bei den Verhandlungen und helfen Ihnen dabei, die für Sie optimalen Konditionen zu erreichen.

                                       

                                       

Foto(s): iStock


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