Rechtslage und Ablehnungen der Versicherer bei Berufsunfähigkeitsversicherungen

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Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung stellt viele Menschen vor Schwierigkeiten, gerade wenn gesundheitliche Probleme bestehen oder in der Vergangenheit bestanden haben. Dabei stellt sie eine der wichtigsten Versicherungen dar, die jeder Berufstätige haben sollte, egal ob festangestellt oder selbstständig.

Berufsunfähig ist eine Person, wenn sie aufgrund gesundheitlicher Beschwerden nicht mehr in der Lage ist, ihren Beruf zu mehr als 50 % auszuüben. Maßgeblich ist dabei, dass diese Beeinträchtigung von Dauer ist; in der Regel gelten sechs Monate als dauerhaft. Hält dieser Zustand nur vorübergehend an, ist die Person lediglich arbeitsunfähig.

Tritt der Schadensfall ein, zahlt die Berufsunfähigkeitsversicherung eine monatliche Rente in Höhe des vorab festgelegten Betrags. Wer für diesen Fall keine Absicherung hat, erhält vom Staat lediglich eine Erwerbsminderungsrente, die je nach Schweregrad 15 bis 20 % des letzten Bruttogehalts beträgt. Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland wird hiervon nicht leben können, sodass generell jeder gut beraten ist, der sich selbst privat absichert.

Die Leistungen der Berufsunfähigkeitsversicherung sind allerdings an strenge Kriterien geknüpft. Zunächst muss ein Arzt die Berufsunfähigkeit bescheinigen und definieren, wie lange dieser Zustand voraussichtlich andauern wird. Der Arzt muss nachweisen, dass der Versicherungsnehmer seiner beruflichen Tätigkeit aufgrund der Krankheit oder des Unfalls nicht mehr nachgehen kann. Dies kann unter Umständen schwierig werden. Gerade wenn psychische Ursachen vorliegen, ist der Nachweis sehr schwer zu erbringen. In solchen schwierigen Fällen wird in der Regel ein zusätzliches Gutachten in Auftrag gegeben.

Wird schließlich bescheinigt, dass eine Person berufsunfähig ist, heißt dies aber noch nicht, dass die Versicherung auch tatsächlich leistet. Denn viele Versicherer verweigern ihre Leistungen, wenn es tatsächlich zu einem Schadensfall kommt. Wenn dies geschieht, sollten Sie sofort einen Fachanwalt für Versicherungsrecht aufsuchen, um Ihre Ansprüche zu sichern und diese – falls erforderlich – auch vor Gericht durchzusetzen.

Allerdings gibt es in vielen Versicherungsverträgen Klauseln, mit denen die Versicherungsgesellschaften die Leistung bereits im Vorhinein ausschließen.

Auf diese Klauseln sollte unbedingt geachtet werden:

Abstrakte Verweisung 

Diese Klausel berechtigt die Versicherungsgesellschaft dazu, den Versicherungsnehmer auf einen anderen Beruf zu verweisen. Wenn also nachgewiesen ist, dass der Versicherungsnehmer nicht mehr in seinem bisherigen Beruf arbeiten kann, muss er einer anderen Tätigkeit nachgehen, die trotz der Erkrankung noch für ihn ausführbar ist.

Ortsabhängige Leistung 

Als Versicherungsnehmer sollten Sie auch darauf achten, dass der Versicherungsschutz weltweit besteht. Sollten Sie sich nämlich im Laufe der Zeit dazu entscheiden, in einem anderen Land zu leben, kann es sein, dass Sie kein Geld erhalten.

Umorganisationsklausel 

Diese Klausel betrifft Selbstständige und Freiberufler und ist vergleichbar mit der abstrakten Verweisung. Die Umorganisationsklausel bestimmt, dass Selbstständige ihren Betrieb so umgestalten sollen, dass sie weiterhin ihrer Arbeit nachgehen können. In dem Fall läge keine Berufsunfähigkeit vor und die Versicherungsgesellschaft ist nicht zur Leistung verpflichtet.

Dies sind nur wenige Beispiele für Klauseln, die trotz der Zahlung hoher Versicherungsbeiträge und Nachweis eines Arztes eine Leistung des Versicherers ausschließen können. Wer beabsichtigt, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen, sollte daher am besten schon für die Antragstellung einen Fachmann zu Rate ziehen.

Die Schwierigkeiten bestehen nicht nur bei der eventuellen Nicht-Leistung, sondern bereits bei Abschluss. In sehr vielen Fällen wird nämlich bereits der Antrag auf Berufsunfähigkeitsversicherung abgelehnt. Dies kann diverse Gründe haben. Im Kern ist aber das Risiko, in der Zukunft berufsunfähig zu werden, ausschlaggebend. Dieses Risiko ist abhängig von Alter, Vorerkrankungen, Beruf und Hobbies des Antragstellers.

Eine Einschätzung des Risikos erfolgt in der Regel durch eine Gesundheitsprüfung. Hierfür muss der Antragsteller eine Vielzahl von Fragen beantworten, die über Alter, Gesundheitszustand, Beruf und Hobbies Aufschluss geben.

Gerade im Hinblick auf frühere Erkrankungen reagieren die Versicherer oft ablehnend. Dabei spielt es kaum eine Rolle, welcher Art diese Erkrankungen waren. Depressionen, Rheuma, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, etc. führen in vielen Fällen zu einer Ablehnung des Antrags. Da es bei den Versicherern aber auch viele Unterschiede gibt, kann nicht pauschal gesagt werden, bei welchen Krankheiten, die Anträge abgelehnt werden oder wann der Versicherer einen Risikozuschlag verlangt. Üblich ist auch der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung unter Ausschluss bestimmter Krankheiten.

Risikoberufe 

Neben Vorerkrankungen hat auch der Beruf Auswirkungen auf das Risiko, eines Tages berufsunfähig zu werden. So gibt es bestimmte Risikoberufe, die in der Regel gar nicht versichert werden oder bei denen die Versicherungsbeiträge durch einen hohen Risikozuschlag teuer werden. Mit Risikoberufen sind die Tätigkeiten gemeint, die eine hohe Belastung – körperlicher oder psychischer Natur – mit sich bringen. Zu den Risikoberufen zählen unter anderem Handwerker, Krankenpfleger, Ärzte, Bergarbeiter, Bäcker und Fleischer.

Risikosportarten 

Auch das Hobby kann einen großen Einfluss darauf haben, ob und wie sich eine Person gegen Berufsunfähigkeit versichern kann. Einige Hobbies, darunter vor allem Extremsportarten, bergen das Risiko, sich so stark zu verletzen, dass bleibende Schäden beim Antragsteller entstehen und dieser dann seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Aus diesem Grund werden viele Anträge abgelehnt, wenn gefährliche Hobbies wie Apnoetauchen, Fallschirmspringen oder Motorradfahren angegeben werden.

Diese allerdings zu verschweigen, um eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen zu können, berechtigt die Versicherungsgesellschaft dazu, den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten.

Versicherungsnehmer bzw. Antragsteller unterliegen der Anzeigepflicht. Absichtlich verschwiegene Vorerkrankungen oder riskante Hobbies können zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, da den Versicherern in diesen Fällen die Mittel Rücktritt, Anpassungsforderung oder Anfechtung zur Verfügung stehen. In aller Regel machen sie von diesen Mitteln auch Gebrauch.

Werden alle Angaben vollständig und wahrheitsgemäß gemacht und wird der Antrag schließlich abgelehnt, ist die einfachste Lösung, einen neuen Antrag bei einem anderen Versicherer zu stellen.

Voraussetzung für neuen Antrag 

Um bei einem neuen Antrag Aussicht auf Erfolg zu haben, muss der frühere Antrag anonym eingereicht worden sein. Anderenfalls landet der Antragsteller im Hinweis- und Informationssystem (HIS) der Versicherer. Im HIS werden alle abgelehnten Anträge oder Täuschungsversuche gemeldet. Da jeder Versicherer Zugriff auf das HIS hat, kann eine frühere Ablehnung eines Antrags nicht verschwiegen werden. Eine positive Entscheidung bezüglich des neuen Antrags ist somit kaum zu erwarten.

Dieses Problem können Sie umgehen, indem Sie Ihre Anträge von einem Fachmann einreichen lassen. Dieser kann die Anträge anonym stellen, sodass im Falle einer Ablehnung keine Daten im HIS gespeichert werden. Das erhöht die Chancen, einen Vertrag bei einem anderen Anbieter abschließen zu können. Eine gute Taktik ist außerdem, gleich mehrere Anträge gleichzeitig bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften einzureichen. Auf diese Weise kann die Frage wahrheitsgemäß verneint werden, ob bereits frühere Anträge abgelehnt wurden.

Versicherungsgesellschaften haben oft unterschiedliche Voraussetzungen. Was bei einem Versicherer zu einem ablehnenden Bescheid führt, verursacht bei einem anderen Versicherer möglicherweise nur einen Risikoaufschlag. Es wird in jedem Fall empfohlen, die Versicherer ausreichend auf ihre Bedingungen hin zu prüfen und zu vergleichen.

Ausschlüsse und Aufschläge 

Wird die Versicherung abgelehnt, gibt es die Möglichkeit, bestimmte Krankheiten ausschließen zu lassen oder Aufschläge zu bezahlen. Jedoch sollte darauf geachtet werden, dass sich die Berufsunfähigkeitsversicherung dann noch rechnet. Wenn sie zu teuer wird oder wenn zu viele Krankheiten ausgeschlossen werden, ist die Versicherung im Fall der Fälle vielleicht nutzlos.

Zusätzlich zu beachten ist, dass einige Krankheiten grundsätzlich schon ausgeschlossen sind. Dazu gehören vor allem Krankheiten oder Verletzungen, die sich der Versicherungsnehmer absichtlich zugefügt hat oder die während einer Straftat des Versicherungsnehmers verursacht wurden.

Alternative 

Eine mögliche Alternative ist der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung in Form einer Zusatzversicherung.

In diesem Fall wird die Berufsunfähigkeitsversicherung an eine andere Hauptversicherung gekoppelt. Dies kann beispielsweise eine Unfall-, Renten- oder Lebensversicherung sein. Zumeist sind die Vorgaben für den Berufsunfähigkeitsschutz hier weniger streng, was gerade für Personen mit Vorerkrankungen einen großen Vorteil darstellt. Allerdings ist der Schutz bei einer Zusatzversicherung auch oft geringer.

Und wer sich aufgrund finanzieller Schwierigkeiten die Hauptversicherung nicht mehr leisten kann, verliert so auch den Berufsunfähigkeitsschutz.

Besser ist es, sich bereits vor dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung professionell beraten zu lassen.


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