Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Beschleunigung von Außenprüfungen:

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Ein Referentenentwurf vom 12.07.2022 sieht neben anderen Regelungen zur Umsetzung einer EU-Richtlinie auch Neuregelungen in der Abgabenordnung vor, mittels derer die Durchführung von Außenprüfungen („Betriebsprüfungen“) beschleunigt werden soll. Der Referentenentwurf sieht dafür bisher folgende gesetzlichen Neuregelungen vor:


1. Neuregelung der Mitwirkungspflichten

Unter anderem soll eine Vorlagefrist für Unterlagen/Daten von 30 Tagen eingeführt werden;


2. Zusätzliche Sanktionsmöglichkeiten der Finanzverwaltung bei Nichterfüllung von qualifizierten Mitwirkungsverlangen in Außenprüfungen

Durch einen neu eingeführten § 200a Abs. 1 AO soll ein qualifiziertes Mitwirkungs- und Vorlageverlangen der Betriebsprüfungsstelle in Form der Bekanntgabe eines vollstreckbaren Verwaltungsaktes mit einer Fristsetzung von einem Monat eingeführt werden, an dessen Nichterfüllung, unvollständiger Erfüllung oder nicht rechtzeitiger Erfüllung eine Rechtsfolge in Form eines Mitwirkungsverzögerungsgeldes geknüpft werden soll. Dieses soll für jeden vollen Tag der nicht vollständigen Erfüllung des Mitwirkungsverlangens 100 € für längstens 100 Kalendertage betragen, im Höchstfall also 10.000 €. Des Weiteren soll unter bestimmten Voraussetzungen nach dem Ermessen der Finanzbehörde auch noch ein Zuschlag auf das Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt werden dürfen. Dazu unten einige Anmerkungen.


3. Festlegung von Prüfungsschwerpunkten und Vereinbarungen von Zwischengesprächen

Auch bisher sind auf Verlangen dem Steuerpflichtigen die Prüfungsschwerpunkte mitzuteilen (§ 199 Abs. 2 AO). Zwischenbesprechungen über die in der Außenprüfung bis dahin festgestellten Sachverhalte und deren mögliche steuerliche Konsequenzen waren auch bisher schon zulässig und wurden auch im Einzel- und Bedarfsfall praktiziert.


4. Bindende Teilabschlüsse über Prüfungsfeststellungen

nach dem Ermessen der Finanzbehörde oder auf Antrag des Steuerpflichtigen, um angeblich zeitnah „Rechtssicherheit“ über einzelne Prüfungsbereiche zu erlangen.


5. Begrenzung der Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung für den Zeitraum der Durchführung der Außenprüfung auf maximal 5 Jahre ab Bekanntgabe der Prüfungsanordnung (bisher ohne zeitliche Begrenzung, § 171 Abs. 4 AO) 




Die bisher im Referentenentwurf vorgesehene Neuregelung eines neuen § 200a AO dürfte sich in der Praxis als rechtlich problematisches Instrument erweisen. Zunächst ist nicht recht plausibel, warum der bisherige § 146 Abs. 2c AO, der mit gleicher Zielrichtung ein Verzögerungsgeld vorsieht, nicht ausreichend sein soll, um geprüfte Unternehmen zur zügigen Vorlage verlangter Unterlagen/Daten anzuhalten. Die für die Außenprüfung relevanten Passagen des § 146 Abs. 2c AO lauten:

„Kommt der Steuerpflichtige der Aufforderung  …  zur Einräumung des Datenzugriffs nach § 147 Abs. 6, zur Erteilung von Auskünften oder zur Vorlage angeforderter Unterlagen im Sinne des § 200 Abs. 1 im Rahmen einer Außenprüfung innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist nach Bekanntgabe durch die zuständige Finanzbehörde nicht nach … , kann ein Verzögerungsgeld von 2.500 Euro bis 250 000 Euro festgesetzt werden.“


Das im Referentenentwurf vorgesehene“ Mitwirkungsverzögerungsgeld“ ist ebenso wie bereits die Androhung der Festsetzung eines Verzögerungsgeldes gemäß § 146 Abs. 2c AO ein dem Einspruch zugänglicher Verwaltungsakt. Eine solche Regelung wird wahrscheinlich in der Praxis weniger zur Beschleunigung von Außenprüfungen beitragen als vielmehr zur „Vergiftung“ des Umgangstons zwischen Steuerpflichtigen und Betriebsprüfungsstelle. Insbesondere dann, wenn die im Verwaltungsakt vorgesehene Frist von einem Monat für den Steuerpflichtigen objektiv nicht erfüllbar ist oder die Fristüberschreitung auf die mangelnde Mitwirkung Dritter (Buchführungsbüro, Steuerbüro, Insolvenzverwalter) zurückzuführen war. Auch die Höhe des Tagessatzes des Mitwirkungsverzögerungsgeldes birgt ebenso Konfliktpotenzial wie Fallkonstellationen, in denen die Monatsfrist nur um einige Tage überschritten wurde und dennoch ein in das Ermessen der Finanzbehörde gestelltes Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt wird. Es gibt Gesetze im Bereich der grundrechtsrelevanten Eingriffsverwaltung, die einer willkürlichen unangemessenen Anwendung wenig und solche, die dafür zu viel Raum lassen. Der Entwurf eines solchen neuen § 200a AO dürfte in letztere Kategorie fallen.  

Interessant werden auch die Auswirkungen auf die im Referentenentwurf als Ziel genannte „Beschleunigung“ einer Außenprüfung sein, wenn gegen einen solchen Verwaltungsakt Einspruch erhoben und erfolgreich ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wurde, ggf. im Wege eines finanzgerichtlichen Antrages gemäß § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (FGO). Es bleibt abzuwarten, ob die im Entwurf vorgesehene Neuregelung eines § 200a AO in der bisherigen Form das Gesetzgebungsverfahren überstehen wird.



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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Jens H. Adler, Wiesbaden



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