Reiseabbruchversicherung: Schwangerschaft und Frühgeburt als Leistungsfall

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Landgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 16.11.2018: Soweit in den Versicherungsbedingungen einer Reiserücktrittskosten- und Reiseabbruchversicherung als Leistungsfall “Schwangerschaft" angegeben wird, gilt dies auch für Schwangerschaftskomplikationen

Das Landgericht Frankfurt hatte einen Fall zu entscheiden, in dem die Klägerin eine Reise nach Bali gebucht hatte und hierfür eine Reiserücktrittskosten- und Reiseabbruchversicherung abschloss. Die Klägerin war zu diesem Zeitpunkt bereits schwanger. 

Nach Reiseantritt musste sie in ein Krankenhaus gebracht werden, wo sie 3 Monate vor dem errechneten Termin ein Kind zur Welt brachte. Nach etwa 4 Wochen musste sie in ein Krankenhaus nach Singapur geflogen werden. Nach der Rückkehr nach Deutschland reichte die Klägerin Unterlagen betreffend der entstanden Mehrkosten ein. Die Beklagte – die Versicherung – zahlte lediglich einen Kulanzbetrag (3.000 €), weshalb die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 8.355,32 € einklagte. 

Die Beklagte wendete u. a. ein, ein versicherter Reiseabbruchsgrund läge nicht vor. Hinzu trete, dass die Klägerin in dem Stadium der Schwangerschaft eine solche Reise nicht habe unternehmen dürfen, so dass sie sich grob fahrlässig dem Risiko einer Frühgeburt ausgesetzt habe. Ein Leistungsausschluss bzw. eine Leistungskürzung sei daher gerechtfertigt.

Die Klage hatte vollen Erfolg und die Beklagte wurde zur Zahlung des eingeklagten Betrages verurteilt. Das Landgericht nahm an, dass der Leistungsfall "Schwangerschaft" vorgelegen habe. Dies ergebe sich aus den Versicherungsbedingungen, die so auszulegen seien, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhang verstehen kann. Das Gericht führte aus, dass es für einen Versicherungsnehmer erkennbar sei, dass unter "Schwangerschaft" bei den Reiserücktrittsgründen zwar gemeint sein soll, dass bei Buchung der Reise keine Schwangerschaft vorliegt und diese dann zu einem Reiseabbruch führt. Das Landgericht meinte jedoch, dass ein Versicherungsnehmer die Klausel so verstehen kann, dass auch Schwangerschaftskomplikationen, die eine Fortsetzung der angetretenen Reise unvertretbar machen, vom Versicherungsschutz umfasst sind, solange diese Komplikationen bei Buchung der Reise noch nicht vorlagen.


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