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Rücktritt vom Kauf eines Gebrauchtwagens: Heimvorteil beim Gerichtsstand

  • 2 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Bei Einreichung einer Klage kann einiges falsch gemacht werden, das beginnt schon bei der Auswahl des örtlich zuständigen Gerichts. Dabei ist die Grundregel eigentlich recht einfach: Klagen erhebt man regelmäßig bei einem Gericht, das für den Wohnort bzw. Firmensitze des Beklagten zuständig ist.

Doch es gibt zahlreiche Ausnahmen: Ein Gebrauchtwagenkäufer beispielsweise durfte auch am „Heimatgericht“ seines eigenen Ortes klagen, das bestätigte jetzt das Oberlandesgericht (OLG) Hamm.

Rückabwicklung eines Gebrauchtwagenkaufs

Der Mann aus Löhne in Nordrhein-Westfalen (NRW) hatte für 5650,- Euro ein Saab 900 Cabriolet bei einem Verkäufer aus Potsdam erworben und dort bar bezahlt. Mit dem Pkw fuhr er anschließend auch gleich nach Hause.

Noch vor Zulassung des Fahrzeugs auf seinen Namen bekam der Käufer allerdings Zweifel an der Korrektheit des Kilometerstandes, welcher im Kaufvertrag mit 173.000 km angegeben war. Ob hier tatsächlich eine Tachomanipulation vorlag oder nicht, muss wohl im Rahmen eines Gerichtsverfahrens, unter Umständen durch Hinzuziehung eines Sachverständigen, erst noch geklärt werden.

Nichtsdestotrotz erklärte der Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückabwicklung, womit der Verkäufer offenbar nicht einverstanden war. Daher klagte der Erwerber an dem für seinen Wohnort Löhne zuständigen Landgericht (LG) in Bielefeld auf Rückzahlung des Kaufpreises, und zwar Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw.

Allgemeiner Gerichtsstand am Beklagtenwohnsitz

Das LG Bielefeld allerdings hielt sich für unzuständig und meinte, der Käufer hätte stattdessen am LG Potsdam klagen müssen, dort nämlich, wo der Verkäufer und Beklagte wohnte.

Gemäß § 281 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) kann in solchen Fällen auf Antrag des Klägers eine Verweisung an das tatsächlich zuständige Gericht erfolgen, was hier aber wohl nicht passiert ist.

Vielmehr blieb der Rechtstreit in Nordrhein-Westfalen und landete im Rahmen der Berufung schließlich beim OLG Hamm. Die Richter dort sahen für den Kläger sehr wohl eine Möglichkeit, den Rechtsstreit an seinem „Heimatgericht“ in Bielefeld zu führen.

Besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes

Hier war zu beachten, dass der Käufer selbst nach einem wirksamen Rücktritt vom Vertrag nicht uneingeschränkt den Kaufpreis zurückverlangen kann. Gleichzeitig hat nämlich in diesem Fall auch der Verkäufer einen Anspruch darauf, die Kaufsache wiederzubekommen – und zwar „Zug um Zug“, wie es im juristischen Sprachgebrauch heißt.

Dabei müsste der Verkäufer den wegen des manipulierten Tachometers als mangelhaft einzustufenden Pkw beim Käufer in Löhne abholen. Dort nämlich sollte sich das Fahrzeug nach den Vorstellungen der Parteien befinden. Die Rückgabeverpflichtung hätte also am Wohnort des Klägers erfüllt werden müssen, sodass dort ein besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO entstehen konnte.

Nun muss also das auch für die Stadt Löhne zuständige LG Bielefeld in diesem Fall doch noch verhandeln und – sofern sich die Parteien nicht gütlich einigen – entscheiden, ob der Kaufvertrag tatsächlich rückabgewickelt werden muss und der Käufer letztendlich sein Geld zurückbekommt oder nicht.

Fazit: Welches Gericht örtlich und sachlich zuständig ist, bleibt für Laien oft schwer durchschaubar. Verschiedene Gerichtsstände führen oft zu Verwirrung, bieten unter Umständen aber auch taktische Möglichkeiten.

(OLG Hamm, Urteil v. 27.10.2015, Az.: 28 U 91/15)

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

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