Scheidungsanwalt: so einfach können Sie Ihren Anwalt wechseln

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Hinterher ist man immer schlauer. Vielleicht geht es Ihnen auch so mit Ihrem Anwalt. Stimmt die Chemie nicht oder sind Sie mit der Abwicklung Ihres Scheidungsverfahrens unzufrieden, sollten Sie in Betracht ziehen, den Anwalt zu wechseln.

Das Wichtigste für Sie

  • Das Anwaltsmandat ist ein Vertrauensverhältnis. Sie können das Mandat jederzeit beenden.
  • Haben Sie das Mandat über die Website eines Anwalts oder eines Anwaltsportals als Fernabsatzvertrag abgeschlossen, kommt innerhalb der Widerrufsfrist auch der Widerruf in Betracht.
  • Berücksichtigen Sie, dass Sie möglichst nachvollziehbare Gründe haben sollten, um den Anwalt im laufenden Verfahren zu wechseln.
  • Beenden Sie das Mandat, kann Ihr Anwalt diejenigen Gebühren berechnen, die er mit seiner Arbeit bereits verdient hat.
  • Wurde Ihnen Verfahrenskostenhilfe bewilligt, wird Ihnen ein neuer Anwalt beigeordnet, allerdings mit der Einschränkung, dass der Gerichtskasse durch die erneute Beiordnung eines Anwalts keine Mehrkosten entstehen.

Inhalt

  1. Sie sind mit Ihrem Anwalt nicht verheiratet!
  2. Welche Gründe kommen für einen Anwaltswechsel in Betracht?
  3. Kann ich den Anwaltsvertrag widerrufen?
  4. Wann kann ich den Anwaltsvertrag kündigen?
  5. Was sollte ich berücksichtigen, wenn ich das Mandat kündige?
  6. Was dürfen Sie von Ihrem Anwalt erwarten?
  7. Begründet ein Anwaltswechsel zusätzliche Gebühren?
  8. Kann ich den Anwalt wechseln, wenn ich Verfahrenskostenhilfe erhalten habe?
  9. Wie geht der Anwaltswechsel vonstatten?
  10. Zu guter Letzt: Handeln Sie bedacht, aber zügig!

1. Sie sind mit Ihrem Anwalt nicht verheiratet!

Das Mandat eines Anwalts ist ein Dienstvertrag. Es begründet ein Vertrauensverhältnis. Sind Sie unzufrieden oder haben Sie schlicht kein Vertrauen zu Ihrem Anwalt, können Sie das Mandat jederzeit beenden. Schließlich sind Sie mit Ihrem Anwalt nicht verheiratet. Da Sie von Ihrem Anwalt erwarten dürfen, dass er Sie kompetent, zuverlässig und vertrauensvoll durch Ihr Scheidungsverfahren begleitet, können Sie das Mandat jederzeit beenden, wenn Sie den Wunsch dazu haben. Allerdings sollten Sie dabei gewisse Umstände nicht ganz außer Betracht lassen.

2. Welche Gründe kommen für einen Anwaltswechsel in Betracht?

Das Anwaltsmandat ist ein Vertrauensverhältnis. Jeder Grund, der dieses Vertrauen nachhaltig und erkennbar beeinträchtigt, kann Grund für den Anwaltswechsel darstellen. In Betracht kommt, dass Ihr Anwalt

  • gefühlt ewige Zeit braucht, um Ihr Mandat zu bearbeiten oder Schriftsätze zu fertigen,
  • Fristen versäumt,
  • persönlichen und interessenwidrigen Kontakt zu Ihrem Ehepartner hat,
  • Sie nicht oder nicht zeitnah über den Verfahrensstand informiert,
  • Ihnen den Inhalt der gegnerischen Schriftsätze nicht erklärt,
  • Sie zu einem unangemessenen, unfairen oder ungerechten Vergleich drängt,
  • sich weigert, Ihnen wegen der voraussichtlichen Verfahrenskosten einen Kostenvoranschlag zu erstellen,
  • eine Kostenrechnung übersendet, in der die üblichen Kostenansätze ohne nachvollziehbare Gründe weit überschritten werden,
  • Ihr Mandat ausschließlich von einem unerfahrenen Rechtsreferendar bearbeiten lässt oder
  • Sie schlicht und einfach das Gefühl haben, irgendwie nicht ausreichend, überzeugend, kompetent und zuverlässig vertreten zu werden.

3. Kann ich den Anwaltsvertrag widerrufen?

Verträge, die Sie unter Verwendung von Fernkommunikationsmittel als Fernabsatzvertrag abgeschlossen haben, unterlegen einem Widerrufsrecht. So können Sie den Anwaltsvertrag auch widerrufen, wenn Sie den Anwalt über dessen Webseite kontaktiert haben, nicht aber, wenn Sie den Anwalt in seiner Kanzlei aufgesucht und mit Ihrer Vertretung beauftragt haben. Allerdings genügt der bloße Internetauftritt des Anwalts nicht. Vielmehr muss die Website so gestaltet sein, dass der Anwalt die Website für die Anbahnung, den Abschluss und die Durchführung potentieller Mandate nutzt. Dieses Widerrufsrecht besteht auch, wenn Sie sich über ein Anwaltsportal an den Rechtsanwalt haben vermitteln lassen. Beachten Sie, dass die Widerrufsfrist ab der Unterzeichnung der anwaltlichen Vollmacht 14 Tage beträgt. Wurden Sie nicht ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht belehrt, können Sie das Mandat sogar bis zu zwölf Monaten und 14 Tagen widerrufen.

4. Wann kann ich den Anwaltsvertrag kündigen?

Haben Sie das Anwaltsmandat nicht als Fernabsatzvertrag erteilt oder haben Sie die Widerrufsfrist verpasst, sodass Ihnen kein Widerrufsrecht zusteht, können Sie das Anwaltsmandat immer noch fristlos kündigen. Da das Anwaltsmandat ein absolutes Vertrauensverhältnis darstellt, brauchen Sie für eine Kündigung noch nicht einmal einen wichtigen Grund zu bezeichnen. Es genügt, dass Sie schlicht unzufrieden sind oder ein ungutes Gefühl haben. Sie können also den Anwalt wechseln, ohne dass Sie Ihrem bisherigen Anwalt dafür einen wichtigen Grund benennen müssten. Lassen Sie sich also nicht davon abschrecken, dass Sie das Mandat zur Beendigung „kündigen“ müssen. Schließlich ist das Mandat Vertrauenssache. Deshalb dürfen Sie es jederzeit beenden. Sie brauchen kein schlechtes Gewissen zu haben.

5. Was sollte ich berücksichtigen, wenn ich das Mandat kündige?

Aber: Kündigen Sie nicht aus einer Laune heraus. Immerhin sind Sie mit Ihrem Anwalt in gewisser Weise verbunden. Ihr Anwalt kennt Ihre Situation. Bevor Sie das Mandat widerrufen oder kündigen, sollten Sie Ihren Anwalt darauf ansprechen, dass Sie ein Problem haben. Geben Sie dem Anwalt möglichst die Chance, das Problem zu bereinigen und Ihren Wünschen gerecht zu werden. Berücksichtigen Sie auch, dass Ihr Scheidungsverfahren möglicherweise so weit fortgeschritten ist, dass es nachteilig sein kann, wenn Sie sozusagen auf den letzten Metern den Anwalt wechseln. Ein neuer Anwalt muss sich schließlich in Ihr Verfahren einarbeiten. Vorteilhaft kann sein, wenn Sie sich vor einer Kündigung eine Zweitmeinung einholen. Suchen Sie sich einen Anwalt, der Sie berät, ob es in Ihrer Situation wirklich zweckmäßig ist, das Anwaltsmandat zu kündigen und den Anwalt zu wechseln. Eine Zweitmeinung kann Sie darin unterstützen, die richtige Entscheidung zu treffen. Ihr jetziger Anwalt muss nichts davon erfahren, wenn Sie sich eine Zweitmeinung einholen.

6. Was dürfen Sie von Ihrem Anwalt erwarten?

Auch Anwälte können nicht zaubern. Anwälte sind keine Sozialarbeiter und, wenn es um die Scheidung geht, keine Therapeuten und keine Eheberater. Anwälte haben die Aufgabe, Sie darin zu beraten, nach welchen gesetzlichen Regeln Sie Ihr Scheidungsverfahren abwickeln können. Beachten Sie, dass der Anwalt zwar Ihre Interessen wahrnehmen muss, er aber zugleich ein unabhängiges Organ der Rechtspflege ist und Ihre Interessen nur innerhalb des rechtlichen Rahmens vertreten kann. Erwarten Sie also nur das, was Sie unter Beachtung der Gesetze und des Standesrechts der Anwälte erwarten dürfen. Haben Sie also nicht die Vorstellung, Sie hätten von vornherein Recht und das Gericht müsste Ihnen Ihr Recht bedingungslos zusprechen.

7. Begründet ein Anwaltswechsel zusätzliche Gebühren?

Kein Dienstleister arbeitet umsonst. Kündigen Sie das Anwaltsmandat, kann Ihr Anwalt schlecht auf die Gebühren verzichten, die er für seine bisherige Arbeit verdient hat. Haben Sie jedoch nachvollziehbare Gründe für den Anwaltswechsel, sollten Sie über die Höhe seiner Gebühren verhandeln. Je besser Sie den Anlass für den Anwaltswechsel begründen, desto bessere Karten haben Sie. Bestenfalls reduziert sich der Honoraranspruch des Anwalts Richtung Null, wenn Sie ihm ein vertragswidriges Verhalten oder eine nachweislich mangelhafte Arbeitsleistung nachweisen können.

Haben Sie den Anwalt jedoch nur unvollständig oder gar wahrheitswidrig über Ihre Situation informiert, werden Sie dem Anwalt kaum das verdiente Honorar verweigern können. Ihr Anwalt wird also mindestens eine Verfahrensgebühr in Rechnung stellen. Hat er Sie bereits in einem mündlichen Gerichtstermin vertreten, ist auch die Terminsgebühr angefallen.

8. Kann ich den Anwalt wechseln, wenn ich Verfahrenskostenhilfe erhalten habe?

Hat Ihnen das Gericht aufgrund Ihrer finanziellen Verhältnisse staatliche Verfahrenskostenhilfe bewilligt, wurde Ihnen der Anwalt durch Beschluss des Gerichts beigeordnet. Der Staat übernimmt dann die Verfahrenskosten. Kündigen Sie das Mandat und wechseln den Anwalt, bleibt die Verfahrenskostenhilfe fortbestehen. Ihr neuer Anwalt wird Ihnen dann gleichfalls beigeordnet, wenn Sie für den Anwaltswechsel objektiv nachvollziehbare und nachhaltige Gründe benennen können und der Gerichtskasse durch den Wechsel keine Mehrkosten entstehen. Gibt es aus Sicht des Gerichts keine triftigen Gründe, erfolgt die Beiordnung eines neuen Anwalts nur mit der Einschränkung, dass dadurch der Landeskasse keine zusätzlichen Kosten entstehen.

9. Wie geht der Anwaltswechsel vonstatten?

Sie bewegen sich auf der sicheren Seite, wenn Sie Ihren neuen Anwalt bitten, das Mandat mit Ihrem bisherigen Anwalt in Ihrem Namen zu kündigen. Ihr neuer Anwalt wird dann Ihren Ehepartner und das Gericht informieren, dass er Sie künftig im Scheidungsverfahren vertritt. Sie selbst brauchen das Gericht nicht über den Anwaltswechsel in Kenntnis zu setzen. Ihr neuer Anwalt wird bei Ihrem bisherigen Anwalt die Akten anfordern und das Verfahren fortführen. Dabei darf Ihr bisheriger Anwalt den in seiner Akte befindlichen Schriftverkehr und die damit verbundenen Unterlagen nicht zurückhalten, auch dann nicht, wenn er noch eine Honorarforderung geltend macht. Selbstverständlich beschleunigen Sie die Übergabemodalitäten, wenn Sie die ausstehende und begründete Honorarforderung Ihres früheren Anwalts ausgleichen. Schließlich ist der neue Anwalt darauf angewiesen, den Inhalt Ihrer Akte zu kennen.

10. Zu guter Letzt: Handeln Sie bedacht, aber zügig!

Wenn Sie sich tatsächlich schlecht informiert, beraten und vertreten fühlen, sollten Sie den Anwalt wechseln. Jede Verzögerung droht Ihr Problem zu vergrößern. Je früher Sie sich entscheiden, desto besser kann Sie Ihr neuer Anwalt vertreten.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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