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Schulrecht: Der vorläufige Unterrichtsausschluss

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Was ist ein vorläufiger Unterrichtsausschluss?

Im Gegensatz zu den schulischen Ordnungsmaßnahmen, die einen pädagogischen Zweck verfolgen, dient der vorläufige Unterrichtsausschluss einem ordnungspolizeilichen Zweck: der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung als polizeiliche Präventivmaßnahme in der Schule.

Damit Sie nicht durcheinanderkommen: Nicht nur die Vollzugspolizei in Uniformen ordnet polizeiliche Maßnahmen an, sondern dies können beispielsweise auch die örtlichen Ordnungsbehörden, wenn sie beispielsweise die Benutzung eines Gebäudes wegen Einsturzgefahr untersagen oder ein Auto abschleppen lassen, wenn es vor dem Feuerwehrhaus steht. Und auch ein Bademeister kann in einem Schwimmbad ordnungspolizeilich arbeiten, wenn er randalierende Badegäste rausschmeißt.

Wer einen vorläufigen Unterrichtsausschluss erhält, wird also (noch) nicht pädagogisch geahndet, sondern wird als Gefahr für seine Mitschüler qualifiziert und deshalb vom Unterricht erst einmal ausgeschlossen.

Weswegen werden vorläufige Unterrichtsausschlüsse angeordnet?

Als die Welt noch in Ordnung war, wurden vorläufige Unterrichtsausschlüsse sehr selten und in nachvollziehbaren Konstellationen angeordnet:

  • Wenn ein Schüler in der Schule Drogen verkaufte oder dort konsumierte, weil dann eine Gefährdung von Mitschülern vorlag und man eine mögliche Wiederholung erst einmal sicher ausschließen wollte.
  • Wenn ein Schüler einen Amoklauf (einigermaßen ernsthaft) androhte und man nicht sicher sein konnte, ob sich dies realisiert.

Heutzutage neigen immer mehr Schulen dazu, vorläufige Unterrichtsausschlüsse zur Vorbereitung eines endgültigen Rausschmisses anzuordnen, um vollendete Tatsachen zu schaffen – egal ob der Vorwurf so schwer wiegt, dass eine Gefährdung von Mitschülern vorliegt oder nicht. Dies entspricht dann oftmals nicht mehr den nachfolgenden normativen Voraussetzungen und es ist ratsam, sich sofort (mit anwaltlicher Unterstützung) dagegen zu wehren. Ich habe diese Fälle inzwischen immer häufiger und es sind oftmals evident rechtswidrige Anordnungen, die getroffen werden.

Regelungen für den vorläufigen Unterrichtsausschluss:

In einigen Bundesländern gibt es explizite Regelungen für vorläufige Unterrichtsausschlüsse. Beispiele sind:

Vorläufiger Unterrichtsausschluss in Bayern – Art. 87 Abs. 1 BayEUG:

„Eine Schülerin oder ein Schüler kann auch bei bestehender Schulpflicht vorläufig vom Besuch der Schule bzw. der praktischen Ausbildung ausgeschlossen werden, wenn ihr bzw. sein Verhalten das Leben oder in erheblicher Weise die Gesundheit gefährdet von

1. Schülerinnen bzw. Schülern,

2. Lehrkräften,

3. sonstigem an der Schule tätigem Personal oder

4. anderen Personen im Rahmen ihrer schulischen oder praktischen Ausbildung

und die Gefahr nicht anders abwendbar ist. ²Der vorläufige Ausschluss endet spätestens mit der Vollziehbarkeit der Entscheidung über schulische Ordnungsmaßnahmen, über die Überweisung an eine Förderschule oder über eine Aufnahme in eine Schule für Kranke oder in eine andere Einrichtung, an der die Schulpflicht erfüllt werden kann. ³Der vorläufige Ausschluss soll auf wegen desselben Sachverhalts später gegebenenfalls nach Art. 86 verhängte Ausschlussmaßnahmen angerechnet werden.“

Vorläufiger Unterrichtsausschluss in Hessen – § 82 Abs. 7 HSchG:

„Kommt eine Ordnungsmaßnahme nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 und 7 in Betracht, so kann die Schülerin oder der Schüler von der Schulleiterin oder dem Schulleiter vorläufig vom Unterricht und von sonstigen Schulveranstaltungen bis zur endgültigen Entscheidung, längstens aber bis zu vier Wochen, ausgeschlossen werden, wenn es die Aufrechterhaltung des Schul- oder Unterrichtsbetriebs oder die Sicherheit von Personen erfordert.“

Vorläufiger Unterrichtsausschluss in Baden-Württemberg – § 90 Abs. 9 Schulgesetz BW:

„Der Schulleiter kann in dringenden Fällen einem Schüler vorläufig bis zu fünf Tagen den Schulbesuch untersagen, wenn ein zeitweiliger Ausschluss vom Unterricht zu erwarten ist oder er kann den Schulbesuch vorläufig bis zu zwei Wochen untersagen, wenn ein Ausschluss aus der Schule zu erwarten ist. Zuvor ist der Klassenlehrer zu hören. Absatz 3 Satz 4 gilt entsprechend.“

Wenn es solche gesetzlichen Regelungen gibt, müssen deren Voraussetzungen natürlich beachtet werden.

Vorläufiger Unterrichtsausschluss in Rheinland-Pfalz – § 99 Abs. 8 ÜSchO RLP:

„Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann Schülerinnen oder Schüler bis zur Entscheidung des Ausschlussverfahrens vorläufig vom Schulbesuch ausschließen und kann ihnen das Betreten des Schulgeländes untersagen, wenn dies zur Sicherung der Unterrichts- und Erziehungsarbeit oder zum Schutz der am Schulleben Beteiligten erforderlich ist. Die Schülerin oder der Schüler ist vorher zu hören. Absatz 6 gilt entsprechend.“

Bundesländer ohne konkrete gesetzliche Regelung für vorläufige Unterrichtsausschlüsse:

In anderen Bundesländern gibt es keine konkreten gesetzlichen Regelungen für vorläufige Unterrichtsausschlüsse.

Dies heißt indes nicht, dass diese dann unwirksam sind. Vielmehr wird auch in Bundesländern ohne konkrete gesetzliche Regelungen für vorläufige Unterrichtsausschlüsse angenommen, dass eine solche Befugnis zumindest aus schulischen Generalklauseln angenommen werden kann.

Dies erscheint aufgrund der erheblichen Grundrechtsrelevanz vorläufiger Unterrichtsausschlüsse mehr als bedenklich, wird aber von den Schulbehörden so mitgetragen.

Voraussetzungen für einen vorläufigen Unterrichtsausschluss ist immer, dass eine konkrete zukünftige Gefährdung durch den Schüler wahrscheinlich erscheint und dies angemessen gegenüber dem vorgeworfenen Verhalten ist. Wegen Bagatellen darf man dies auch in solchen Bundesländern nicht anordnen.

Wie kann man sich gegen vorläufige Unterrichtsausschlüsse wehren?

Vorläufige Unterrichtsausschlüsse bereiten immer Ordnungsmaßnahmen vor, d. h., diese werden für den Übergangszeitraum angeordnet, bis die endgültige Ordnungsmaßnahme angeordnet wird.

Effektiver Rechtsschutz gegen vorläufige Ordnungsmaßnahmen ist demnach aus Zeitgründen sehr schwer, da diese ja nur ein Zwischenstadium beinhalten und mit Anordnung der regulären Ordnungsmaßnahmen enden. Es hängt also immer davon ab, wie lange die vorläufigen Unterrichtsausschlüsse gehen…

In jedem Fall muss man sich gegen vorläufige Unterrichtsausschlüsse und die im Raum stehenden Ordnungsmaßnahmen wehren, da meist auch der Rausschmiss aus der Schule auf dem Spiel steht. Wer gar nichts macht, wird regelmäßig komplett der Schule verwiesen werden…

Ich behandle vorläufige Unterrichtsausschlüsse demnach stets als Eilfälle, da andernfalls eine Eigendynamik droht, die zwangsläufig in einem Rausschmiss endet. Je schneller ich eingreife, desto größer sind die Chancen auf einen Verbleib in der Schule.

Mehr Informationen zu Ordnungsmaßnahmen erhalten Sie über meine Website www.ordnungsmassnahmen-schule.de.

Rechtsanwalt Andreas Zoller

Anwalt für Schulrecht


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