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Unterrichtsausschluss in der Schule

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Die beliebteste Ordnungsmaßnahme in Schulen ist in allen Bundesländern der Unterrichtsausschluss. Meist wird ein Unterrichtsausschluss bis zu 5 Tagen angeordnet.

Was ist ein Unterrichtsausschluss?

Ein Unterrichtsausschluss ist der Ausschluss vom regulären Unterricht in der Klasse.

Meist wird der Unterrichtsausschluss durch ein Betretungsverbot der Schule ausgeführt, so dass der Schüler während des Unterrichtsausschlusses zu Hause bleibt.

Es gibt aber Varianten des Unterrichtsausschlusses dahingehend, dass man die Schule betreten darf, um sich dort Aufgaben abzuholen und diese dann nach deren Bearbeitung wieder in der Schule abzugeben. Teils wird auch verlangt, dass der Schüler an während des Unterrichtsausschlusses angesetzten Klausuren teilnimmt.

In seltenen Fällen findet ein Unterrichtsausschluss sogar in der Schule statt, wenn diese alle von einem Unterrichtsausschluss betroffenen Schüler in einem separaten Raum betreut und dort mit Aufgaben versorgt.

Regelungen des Unterrichtsausschlusses:

Der Unterrichtsausschluss ist bei den Regelungen für Ordnungsmaßnahmen der Schule geregelt. Da es sich um einen gravierenden Grundrechtseingriff handelt, reicht die generelle Befugnis der Schule zur pädagogischen Arbeit nicht aus, sondern es ist eine konkrete Regelung erforderlich.

Der „Strafrahmen“ ist bei Unterrichtsausschlüssen sehr unterschiedlich:

  • Viele Bundesländer lassen nur Unterrichtsausschlüsse bis zu 14 Tage zu (bspw. Hessen, NRW).
  • Andere Bundesländer haben einen Rahmen bis zu 4 Wochen (bspw. Baden-Württemberg, Bayern).
  • Und teils geht der Strafrahmen sogar bis zu 3 Monaten (Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern).

Wie erwähnt, werden Unterrichtsauschlüsse aber meist nur bis zu einer Woche angeordnet, was auch daran liegt, dass die Vorwürfe meist nicht allzu gravierend sind und heutzutage Unterrichtsausschlüsse bereits bei Fehlverhalten ausgesprochen wird, bei dem es früher eine Strafarbeit oder Nachsitzen gab. Es ist also eine gewisse inflationäre Entwicklung bei Ordnungsmaßnahmen zu verzeichnen.

Bei gravierenderen Vorwürfen oder wenn es in der Vergangenheit schon Ordnungsmaßnahmen gab, werden in der Praxis auch längere Unterrichtsauschlüsse angeordnet, wobei dann schon sehr genau geschaut werden muss, ob dies noch angemessen ist, da der Schüler hierdurch natürlich sehr viel Unterricht verpasst.

Warum sind Unterrichtsausschlüsse bei Schulen so beliebt?

Zum einen ist es so, dass der Widerspruch gegen Unterrichtsausschlüsse in den meisten Bundesländern keine aufschiebende Wirkung hat und ist dies ausnahmsweise der Fall, dann ordnen die Schulen kurzerhand den Sofortvollzug an. D.h. es wird durchgeführt, was angeordnet wurde.

Eltern ist dies meist nicht bekannt, da dem Unterrichtsausschluss zwar üblicherweise eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt ist, diese aber suggeriert, dass man einen Monat lang Widerspruch einlegen kann. Dass für effektiven Rechtsschutz ein Widerspruch regelmäßig nicht ausreicht und man regelmäßig zusätzlich einen gerichtlichen Eilantrag benötigt, wird nicht erwähnt... Bis die Eltern merken, wie ihnen geschieht, ist der Unterrichtsausschluss oftmals bereits vollzogen.

Zum anderen dürfte den Schulen auch bewusst sein, dass Eltern Unterrichtsausschlüsse oftmals als sinnlos erachten oder hierdurch zusätzlichen Betreuungsaufwand haben. Insofern spricht einiges dafür, dass Schulen oftmals auch einen Nebeneffekt darin sehen, die Eltern quasi „mitzubestrafen“, da diese den Unterrichtsauschluss oftmals deutlich negativer sehen, als der betroffene Schüler selbst.

Welche Voraussetzungen müssen für einen Unterrichtsausschluss vorliegen?

Das kann man so pauschal nicht sagen.

Grundsätzlich muss immer ein schulischen Fehlverhalten vorliegen (schweres Fehlverhalten oder wiederholtes Fehlverhalten) und auf der Rechtsfolgenebene muss ein Unterrichtsausschluss verhältnismäßig sein.

Der „Normalfall“ ist schweres Fehlverhalten, das dann natürlich schon einigermaßen Gewicht haben muss, denn ansonsten würde es ja unter die ganz normale alltägliche pädagogische Arbeit fallen.

Ein Problem hierbei ist, dass Schulen oftmals dazu neigen, schweres Fehlverhalten danach zu definieren, was sie selbst am meisten ärgert und nicht, was objektiv schwerwiegend ist. So sind erfahrungsgemäß Schüler mit hohem Gerechtigkeitssinn, die sich nicht alles gefallen lassen, besonders gefährdet Ordnungsmaßnahmen zu erhalten, wenn sie an etwas beteiligt sind. Auch wenn Dritte betroffen sind (bspw. Schüleraustausch oder Nachbarn der Schule), ist bemerkenswert, dass Vorwürfe dann schwerwiegender bewertet werden, als sie eigentlich sind. Auch Fotos in der Schule werden oftmals subjektiv als besonders schlimm angesehen, weil Lehrer davor große Angst haben, selbst fotografiert zu werden.

Folglich gibt es in der Praxis oftmals sehr divergierende Ansichten zwischen Lehrern und Eltern, wie gravierend das Fehlverhalten insgesamt war, zumal häufig auch unverständlich ist, warum viele Dinge in Schulen ständig vorkommen, ohne dass diese gesehen/geahndet werden (wollen) und dem eigenen Kind nunmehr ein gravierender Vorwurf gemacht wird.

Bei der juristischen Bewertung hängt es im Einzelfall natürlich auch davon ab, ob die Vorwürfe zutreffen und wie die Beweislage ist, zumal Schulen oftmals nach dem ersten Eindruck entscheiden und man dann keine weiteren Ermittlungen erwarten sollte. Man sollte sich also vorsorglich selbst bemühen, ergänzende entlastende Beweise zu ermitteln und der Schule mitzuteilen.

Bei wiederholtem Fehlverhalten muss zu den Vorwürfen ein zeitlicher Bezug vorhanden sein, d.h. man kann nicht ewig in der Vergangenheit sammeln und dann eine Liste über Monate bestrafen.  Dies wäre pädagogisch auch Unfug, da ein Kind dies nicht verstehen würde; Verfehlungen sind stattdessen zeitnahe und angemessen zu ahnden, bspw. durch Strafarbeiten.

Und man kann bei wiederholtem Fehlverhalten natürlich auch nicht ständig dasselbe erneut bestrafen, d.h. was bestraft wurde, wurde bestraft und kann nicht erneut herangezogen werden.

Die Anhörung beim Unterrichtsausschluss

Regelmäßig müssen Schulen vor der Entscheidung die Eltern und den Schüler anhören und auf dieser Basis dann weiter ermitteln.

Hier sollte man aufpassen, da Schulen oftmals den Schüler zu Beginn alleine „in die Mangel nehmen“, so dass vollendete Tatsachen geschaffen werden (sollen). Wenn ein Anhörungsrecht von Schüler und Eltern geregelt ist, sollte dies nur gemeinsam ausgeübt werden.

Insgesamt sollte man sich aber auch hier nicht allzu viel versprechen. Gerade wenn die Anhörung vor einem Gremium stattfindet, wird von Eltern sehr häufig das Wort „Tribunal“ für die Atmosphäre verwendet.

Und wie erwähnt, sollte man keine Eigeninitiative hinsichtlich entlastender Tatsachen seitens der Schule erwarten. Meist steht der Vorwurf für die Schule rasch fest und Eltern sollten sich dann selbst um Beweismittel bemühen und diese benennen.

Was kann man gegen Unterrichtsausschlüsse machen:

Grundsätzlich sollte man schauen, dass man einen Unterrichtsausschluss präventiv verhindert. Wenn man frühzeitig professionell tätig wird, kann man einiges verhindern bzw. auf ein angemessenes Level zurücksetzen.

Wird der Unterrichtsausschluss ausgesprochen, dann ist es meist so, dass ein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat und es Schulen und Schulämter dann naturgemäß mit der Bearbeitung von Widersprüchen nicht eilig haben, da ja vollzogen wird. Ohne anwaltliche Unterstützung ist es für Eltern demnach naturgemäß in diesem Stadium erst recht schwer, Druck aufzubauen, da ihre Einwände meist kurzerhand ausgesessen werden.

Wird der Widerspruch nicht bearbeitet oder zurückgewiesen, bleibt aber auch bei anwaltlicher Vertretung nur ein gerichtlicher Eilantrag als Rechtsschutzmöglichkeit, um den weiteren Vollzug des Unterrichtsausschlusses zu verhindern.

Müssen Lehrer die Schüler während eines Unterrichtsausschlusses mit Arbeitsmaterialien versorgen?

Dies ist umstritten und wird sehr unterschiedlich gehandhabt:

  • Manche Schulen behandeln Unterrichtsausschlüsse wie Krankheiten und gehen davon aus, dass Schüler sich selbst zu kümmern haben.
  • Manche Schulen versorgen mit mehrtägigen Aufgaben.
  • Manche Schulen verlangen, dass man morgens Aufgaben abholt und mittags bearbeitet zurückgibt.

Man sieht hieran, dass es nicht immer angenehm sein kann, wenn man darauf besteht, Aufgaben zu erhalten, weil das dann mitunter in Schikanen enden kann…

Gibt es Unterrichtsauschlüsse auch in Grundschulen?

Grundsätzlich ist dies juristisch möglich, wird in der Praxis aber selten angeordnet.

Dies dürfte auf einem politischen Druck beruhen, dass Eltern Erziehung und Arbeit miteinander vereinbaren sollen und wenn ständig Unterrichtsausschlüsse angeordnet werden, würde dies deutlich erschwert, da in dem Alter Kinder regelmäßig noch nicht alleine gelassen werden könnten, d.h. ein arbeitender Elternteil müsste sich Urlaub nehmen.

Insofern sind die Anforderungen an einen Unterrichtsausschluss in einer Grundschule deutlich höher.

Ist der Ausschluss vom laufenden Schultag auch ein Unterrichtsausschluss?

Dies ist umstritten.

In Hessen gibt es tatsächlich den Ausschluss vom laufenden Schultag explizit als Ordnungsmaßnahme.

In anderen Bundesländern berufen sich Schulen meist darauf, dass der Ausschluss vom laufenden Schultag eine bloße pädagogische Maßnahme sei – meist um Einwänden von vornherein zu entgehen, dass die Voraussetzungen des Unterrichtsausschlusses nicht erfüllt wurden, da es regelmäßig an einer vorherigen Anhörung der Eltern bei solchen Ausschlüssen für den laufenden Tag mangelt.

Richtigerweise ist auch der Ausschluss für den laufenden Schultag im Ergebnis nichts anderes als ein regulärer Unterrichtsausschluss, so dass natürlich auch dessen Voraussetzungen von der Schule eingehalten werden müssen. Insbesondere ist den Eltern nicht nur ein Ergebnis mitzuteilen, sondern diese sind auch vorher anzuhören.

Was ist der Unterschied zu einem vorläufigen Unterrichtsausschluss?

Ein vorläufiger Unterrichtsausschluss ist keine pädagogische Maßnahme, sondern eine solche wegen Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Hierbei wird dem Schüler üblicherweise vorgeworfen, selbstgefährdend oder fremdgefährdend gehandelt zu haben, so dass man ihn erst einmal suspendiert und dann überlegt, wie man mit der Angelegenheit umgeht.

Meist schließt sich hieran ein reguläres Ordnungsmaßnahmen-Verfahren an, so dass die pädagogische Ahndung nachfolgt. Mitunter ordnen Schulen aber auch amtsärztliche Überprüfungen wegen Gefahr für die öffentliche Sicherheit an.

Insgesamt ist eine unsägliche Entwicklung zu verzeichnen, dass Schulen deutlich überziehen und vorläufige Unterrichtsausschlüsse anordnen, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.


Andreas Zoller
Anwalt für Schulrecht

Foto(s): ©Adobe Stock/Valerii Honcharuk

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