Schwerer Raub – Wann wird ein gefährliches Tatmittel „verwendet“?

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Der schwere Raub nach § 250 StGB 

Bei dem einfachen Raub nach § 249 StGB ist eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr vorgesehen. Hingegen greift bei einem schweren Raub nach § 250 Abs. 1 StGB das Strafmaß einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren.

Voraussetzung hierfür ist, dass der Täter etwa eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug beisichführt. Kam es sogar zu einer Verwendung eines gefährlichen Werkezugs gemäß § 250 Abs. 2 StGB, erhöht sich das ohnehin erhebliche Strafmaß von mindestens drei Jahren auf eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren.

Eine präzise Unterscheidung zwischen einem bloßen Beisichführen und der Verwendung des gefährlichen Werkezeugs kann sich also erheblich auf das Strafmaß auswirken und ist daher von besonders hoher Bedeutung.

Beisichführen vs. Verwendung 

Ein Täter führt eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei sich, wenn diese ihm in seinem Zugriffsbereich zur Verfügung stehen. Es ist aber nicht erforderlich, dass er den Gegenstand in der Hand hält oder ihn am Körper trägt. Ausreichend ist, dass der Gegenstand so in seiner räumlichen Nähe ist, dass er ihm unmittelbar zur Verfügung steht, sodass er sich seiner jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen kann. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn ein Täter eine Pistole im 200 m vom Tatort entfernt abgestellten Auto zurückgelassen hat.

Eine Verwendung der Waffe oder des gefährlichen Werkezeugs liegt vor, wenn der Täter diese als Raubmittel zweckgerichtet einsetzt, sich also diese gezielt zu Nutze macht. Hierfür muss das Opfer das Tatmittel auch wahrnehmen, was zumeist dadurch geschieht, in dem es die Waffe oder das gefährliche Werkzeug sieht.

Ist auch eine akustische Wahrnehmung des Tatmittels ausreichend? 

Ob das Tatbestandsmerkmal des Verwendens auch dann vorliegt, wenn das Tatopfer das gefährliche Werkzeug zwar nicht sieht, der Täter auf dieses aber hinweist und das Opfer diese Bedrohung als solche akustisch wahrnimmt, beschäftigte den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 8. April 2020 (3 StR 5/20).

Vorliegend war der Angeklagte nachts in ein Haus eingestiegen und hatte dort das Erdgeschoss durchsucht und diverse Wertgegenstände an sich genommen. Sodann hatte er sich in der Küche mit einem Messer bewaffnet und war in das Obergeschoss gegangen, um dort nach weiterem Diebesgut zu suchen. Als eine der Bewohnerinnen aufwachte, hatte der Angeklagte dieser zugerufen, dass er ein Messer habe. Er hat ihr dadurch zu verstehen geben wollen, dass er das Messer gegen sie einsetzen werde, sollte sie sich ihm in den Weg stellen.

Zwar konnte die Bewohnerin das Messer aufgrund der Dunkelheit nicht erkennen, allerdings hatte sie keine Zweifel daran, dass der Angeklagte tatsächlich ein Messer in der Hand hielt und sie deshalb in Leib- und Lebensgefahr geraten würde, wenn sie versuchen würde, ihn aufzuhalten. Dem Angeklagten gelang mitsamt Messer und Beute die Flucht.

Der Angeklagte wurde durch das Landgericht Mönchengladbach daher wegen besonders schwerem räuberischen Diebstahls gemäß  §§ 252, 249 Abs. 1, § 250 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB verurteilt. Der Angeklagte habe das Messer verwendet, um sich im Besitz des gestohlenen Gutes zu erhalten.

Auch die akustische Erfassung des Tatmittels reicht aus – so der Bundesgerichtshof 

Der Bundesgerichtshof stimmte dem Landgericht in seiner Entscheidung zu. Das Tatbestandsmerkmal der  „Verwendung eines gefährlichen Werkezeugs“ gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 StGB sei vorliegend insbesondere angesichts der tatsächlichen Bewaffnung mit einem Messer, der konkludenten Drohung, dieses im Falle des Widerstands einzusetzen und dem „Erkennen“ des Nötigungsmittel sowie der Gefahr für Leib oder Leben durch die Bedrohte, erfüllt. Es stehe der Annahme einer vollendeten Verwendung nicht entgegen, dass die Bewohnerin das Messer in der Dunkelheit nicht erkennen konnte. 

„Verwenden“ bedeute „sich bedienen/sich zu Nutze machen“ und bezeichne eine Mittel-Zweck-Relation, aber keine konkrete Art und Weise der Benutzung. Das verdeckte Tragen oder der taktile Kontakt eines gefährlichen Gegenstandes genüge nach ständiger Rechtsprechung, wenn der Bedrohte dies registriert und für gefährlich hält.

Dasselbe gelte für die akustische Wahrnehmung des gefährlichen Werkzeugs durch das Tatopfer, sei es bei „lauten“ Werkzeugen durch Warnschüsse mit einer Waffe oder das Knallen mit einer Peitsche. Bei „leisen“ Werkezeugen wie z.B. einem Messer, reiche es aus, wenn der Täter auf seine Bewaffnung verbal aufmerksam macht, um die Zwangslage des Opfers zu bewirken.

Das optische Vorzeigen sei insoweit nur eine von mehreren Möglichkeiten des Täters, das Opfer auf sein gefährliches Werkzeug aufmerksam zu machen und es damit so zu bedrohen, dass das Opfer von einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben ausgeht. Auf welche Weise oder durch welchen Körpersinn er seinem Gegenüber die Bewaffnung vermittelt, sei für die Herbeiführung der qualifizierten Zwangslage im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht entscheidend.

Fazit

Das „Verwenden“ eines gefährlichen Werkzeugs bei einem schweren Raub ist auch dann gegeben, wenn der Täter auf den mitgeführten gefährlichen Gegenstand hinweist und das Opfer diese Bedrohung als solche lediglich akustisch wahrnimmt.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht

Dieser Beitrag wurde von Rechtsanwalt Dietrich erstellt. Rechtsanwalt Dietrich tritt bereits seit vielen Jahren deutschlandweit als Strafverteidiger auf. Wenn Ihnen vorgeworfen wird, sich wegen schweren Raubs strafbar gemacht zu haben, können Sie unter den angegebenen Kontaktdaten einen Besprechungstermin mit Rechtsanwalt Dietrich vereinbaren. Alternativ können Sie Rechtsanwalt Dietrich auch eine E-Mail schreiben.


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