Sexueller Missbrauch von Jugendlichen, § 182 StGB (Rechtsanwalt, Vorladung)

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Nicht selten kommt es vor, dass Personen eine Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung erhalten, wobei als Tatvorwurf „sexueller Missbrauch von Jugendlichen“ angegeben wird. Dem liegt meist ein Vorfall – oder mehrere Vorfälle – zugrunde, in denen es zu sexuellen Kontakten zwischen dem nunmehr Beschuldigten (Erwachsenen) und einer anderen Person zwischen 14 und 18 Jahren gekommen ist bzw. gekommen sein soll.

Oftmals sind die Beschuldigten zuvor noch nie mit der Polizei in Kontakt gekommen und es entsteht große Unsicherheit, nicht nur hinsichtlich der Fragen nach dem weiteren Ablauf des Verfahrens, einer möglichen Bestrafung und den sozialen Folgen der Sache. Ebenso quält die Betroffenen die Frage (soweit es sich nicht um eine Falschbeschuldigung handelt): Habe ich mich durch mein Verhalten tatsächlich strafbar gemacht? Und wie geht es jetzt weiter?

I. Ich habe eine Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung erhalten: Muss ich jetzt zur Polizei und eine Aussage machen bzw.: Mache ich mich nicht gerade verdächtig, wenn ich nun einen Anwalt beauftrage?

Oftmals sind sich die Betroffenen zunächst gar nicht sicher, ob sie überhaupt einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen sollen. So wird nicht selten gefragt, ob man sich denn - wenn man nichts gemacht hat oder auch wenn man etwas gemacht hat und es so darstellen möchte, als wäre nichts passiert - nicht gerade verdächtig macht, wenn man sich einen Anwalt nimmt. Nach dem Motto: „man wird nun sicher denken, dass ich etwas gemacht habe - denn sonst hätte ich es gar nicht nötig, einen Anwalt zu beauftragen“.

Hier kann ich versichern, dass weder Polizei noch Staatsanwaltschaft so etwas denken. Polizisten aus den Sonderdezernaten - also die Stellen bei der Polizei, bei denen derartige Straftaten bearbeitet werden - sagen mir regelmäßig, dass mal bei derartigen Tatvorwürfen sogar gar nicht erwartet, dass der Beschuldigte zu dem Termin erscheint. Vielmehr erwartet man schon, dass sich ein Anwalt meldet und den Termin absagt. Dies kommt jedenfalls weitaus häufiger vor, als das ein Beschuldigter unbedarft bei der Polizei erscheint um eine Aussage zu machen.

Man macht sich also durch die Beauftragung eines Anwaltes weder besonders verdächtig, noch zieht man den Unmut der Staatsanwaltschaft auf sich.

Zudem wird oft gefragt, ob man denn nicht lieber zu dem Vernehmungstermin gehen sollte. Die Antwort hierauf lautet eindeutig: Nein.

Warum? Zunächst einmal, weil Ihnen weder die genauen Tatvorwürfe, noch die Aussage des/ der vermeintlich “Geschädigten” bekannt sind. Sinnvoller ist es daher, wenn der Vernehmungstermin zunächst abgesagt wird und ich sodann Akteneinsicht beantrage. Anschließend besprechen wir erst einmal die Vorwürfe und es wird sodann – nachdem die Akte eingesehen wurde – eine abgestimmte Erklärung über die Kanzlei abgegeben. Und wenn Sie sich zu den Vorwürfen gerne äußern möchten, besteht hierzu immer noch hinreichend Gelegenheit – Sie sollten aber zuerst einmal wissen, worum es genau geht.

II. Wenn die Vorwürfe zutreffend sind, was kann im schlimmsten Fall passieren?

Das Gesetz sieht für den sexuellen Missbrauch von Jugendlichen eine „Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe“ vor. Hier ist aber gleich darauf hinzuweisen, dass Freiheitsstrafen in den wenigsten Fällen verhängt werden, jedenfalls nicht bei einem nicht vorbestraften Ersttäter.

Wer noch nie mit dem Gesetz wegen so einer Sache in Konflikt geraten ist, hat hier im schlimmsten Falle eine Geldstrafe zu erwarten, wobei es aber natürlich auch auf den Einzelfall ankommt (Anzahl der Vorfälle, Alter des Opfers, Konkrete Tatausführung, etc.). Rufen Sie mich an und schildern mir Ihren Fall - dann kann ich Ihnen sicherlich eine realistische Einschätzung geben, was Sie hier im Falle einer Verurteilung zu erwarten haben.

Soweit die Vorwürfe zutreffend sind und sofort gestanden werden, kann man hierfür sogar den Weg frei machen für eine außergerichtliche Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen. Der Vorteil gegenüber einer Geldstrafe besteht darin, dass die „Einstellung gegen Auflagen“ nicht im polizeilichen Führungszeugnis auftaucht - die Verurteilung zu einer Geldstrafe aber schon. Gerade dieser Aspekt kann für Personen von großer Bedeutung sein, die regelmäßig ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen, beispielsweise Lehrer, Erzieher oder auch Personen, die im Sicherheitsgewerbe arbeiten.

Insofern ist es immer ratsam, sich hier möglichst frühzeitig beraten zu lassen, um das Verfahren gleich von Beginn an in die richtige Richtung zu lenken. In Ausnahmefällen kann sogar nach § 182 Abs. 6 StGB ganz von einer Bestrafung angesehen werden wenn „das Unrecht der Tat gering ist“.

III. Habe ich mich durch mein Verhalten tatsächlich strafbar gemacht?

Es ist zunächst danach zu unterscheiden, in welchem Alter die betroffenen Personen sind - es kommt sowohl auf das Alter des „Täters“, also auch auf das Alter des Jugendlichen an.

Vorangestellt werde soll, dass das minderjährige Alter dem Täter bekannt sein muss, wer davon ausgeht es mit einer/einem 18-jährigen zu tun zu haben, macht sich nicht strafbar.

Für einen Erwachsenen (Volljährigen) ist es zunächst einmal verboten, einen Jugendlichen für die Vornahme von sexuellen Handlungen zu bezahlen. Das Gesetzt sprich hier davon, dass „sexuelle Handlungen gegen Entgelt vorgenommen werden“, § 182 Abs. 2 StGB.

Unter dem Begriff „Entgelt“ sind aber nicht nur finanzielle Zuwendungen zu verstehen, sondern „jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung“, gleich welchen Umfangs. Neben Geldzahlungen ist hier auch gemeint: Wohnungsgewährung, Naturalleistungen, Arbeitsentgelt, aber auch die Einladung zu (kostenpflichtigen) Freizeitaktivitäten und – klassisch, und in der Praxis häufig – die Abgabe von Zigaretten oder Alkohol bzw. Drogen als Gegenleistung für die sexuelle Handlung.

Hierbei muss das vermeintliche Entgelt auch nicht übergeben worden sein, alleine das Versprechen reicht aus. Die Gerichte halten es sogar für strafbar, wenn der vermeintliche Täter das Entgeltversprechen nur zur Täuschung abgibt bzw. geldwerte Vorteile in Aussicht stellt („Filmproduzent“ bzw. „Model-Agent“) und tatsächlich aber gar nicht plant, dieses zu gewähren.

In Einzelfällen ist aber die Grenze zwischen einer „entgeltlichen Gegenleistung“ (strafbar) und einer reinen „Gefälligkeit“ (dann: straflos) schwer zu bestimmen sein. Hier beginnt dann die Argumentationsarbeit des Verteidigers.

Unabhängig von dem Alter des vermeintlichen „Täters“ ist es jedenfalls verboten, an einer jugendlichen Person sexuelle Handlungen vorzunehmen (oder von dieser an sich vornehmen zu lassen), wenn dies unter „Ausnutzung einer Zwangslage“ geschieht, § 182 Abs. 1 StGB.

Zunächst muss die Handlung also eine „sexuelle Handlung“ im Sinne des Gesetzes sein, was bei Geschlechtsverkehr, Oralverkehr oder einer Berührung der Geschlechtsteile immer eindeutig der Fall ist (ich möchte an dieser Stelle auch auf meinen gesonderten Beitrag zu dem Thema: „Sexuelle Handlung - Was ist das?“ hinweisen). An diesem Punkt gibt es aber in der Praxis selten Probleme.

Zudem muss eine Zwangslage des Jugendlichen ausgenutzt worden sein. Hierunter ist nicht nur wirtschaftliche Not zu verstehen, sondern auch eine psychische Bedrängnis des Jugendlichen. Die Gerichte verstehen unter einer Zwangslage jeden „Umstand von Gewicht, dem die Gefahr anhaftet, den Widerstand des Opfers gegen die vermeintlichen Übergriffe herabzusetzen“. Die häufigsten Fälle sind hier die Notsituation drogensüchtiger oder obdachloser Jugendlicher.

Der Täter muss die Zwangslage kennen und sich bewusst zunutze machen, um sein sexuelles Ansinnen durchzusetzen. Ist einmal für den Jugendlichen eine gefestigte Situation eingetreten, kann sich eine Strafbarkeit daraus ergeben, dass der Täter den Fortbestand der Situation von sexuellen Gefälligkeiten abhängig macht (Fortzahlung von Taschengeld, Hilfe bei Bewerbungen, etc.). Dies gilt auch dann, wenn gar keine Rechtspflicht zur weiteren Gewährung des Vorteils gegenüber dem Jugendlichen besteht (Bsp.: Drohung, einen aufgenommenen obdachlosen Jugendlichen nicht weiter zu beherbergen).

Ist der Täter über 21 und der Jugendliche noch unter 16 Jahre alt, ist die Vornahme sexueller Handlungen verboten, wenn hierbei „die fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung ausgenutzt wird“, § 182 Abs. 3 StGB.

Gerade hier kann es im Einzelfall sehr schwierig zu bestimmen sein, wann einerseits von einer „fehlenden Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung“ auszugehen ist und wann zudem ein „Ausnutzen“ vorliegt (siehe hier auch Punkt V.).

Aufgrund der sehr differenzierten Rechtsprechung zu den einzelnen Begriffen ist eine Darstellung fast kaum möglich.

Auch ist ein Tatnachweis hier besonders schwer zu führen, da dem vermeintlichen Täter nicht nur Kenntnis von der fehlenden Fähigkeit zur Selbstbestimmung auf Seiten des Opfers nachgewiesen werde muss; sondern auch ein bewusstes „Ausnutzen“. Gerade hier bieten sich gute Verteidigungsansätze.

IV. Ich werde zu Unrecht beschuldigt, was kann ich tun?

Gerade in diesem Fall ist es besonders wichtig, sich von einem kompetenten und in diesem Bereich erfahrenen Strafverteidiger vertreten zu lassen. Denn soweit der Vorwurf des sexuellen Missbrauches von Jugendlichen zu Unrecht erhoben wird, sollte frühzeitig gegenüber der Staatsanwaltschaft eine umfassende Verteidigererklärung zu dem Vorwurf abgegeben werden, in welcher nicht nur eine Auseinandersetzung mit der belastenden Aussage erfolgt, sondern auch mit den übrigen Umständen.

Ob es Sinn macht, eine Gegenerklärung abzugeben oder zunächst zu schweigen, hängt von dem jeweiligen Einzelfall ab. Jedenfalls ist davon abzuraten, unbedarft zur Polizei zu gehen und hier eine Aussage zu machen, in dem Glauben dass die Sache damit erledigt ist.

V. Ich bin über 18 und habe eine Beziehung zu einer Minderjährigen (also zwischen 14 und 18) – mache ich mich strafbar?

Nein. Denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass ein Mensch ab 14 Jahren über die Fähigkeit verfügt, in sexueller Hinsicht selbstbestimmt zu handeln. Einvernehmliche sexuelle Kontakte sind also grundsätzlich erlaubt.

Verboten ist es nur, wenn eine bei dem/der Minderjährigen bestehende Zwangslage ausgenutzt wird oder der/die Minderjährige für die sexuelle Handlung bezahlt wird (was aber im Rahmen von Beziehungen wohl eher selten vorkommen dürfte). Weiterhin ist es auch nicht erlaubt, wenn eine Person über 21 Jahren sexuell mit einer unter 16-jährigen sexuell verkehrt und hierbei die „Fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung“ bewusst ausnutzt.

Wann dies der Fall ist, bedarf der Feststellung im Einzelfall; auch zwischen den obersten Gerichten besteht Uneinigkeit darüber, wie dieses Merkmal zu bestimmen ist.

Ein Beispiel: So bewertete ein Gericht das sexuell sehr offene Verhalten eines 15-jährigen Mädchens gegenüber einem 28-jährigen im Rahmen einer „Beziehung“ gerade als „Ausdruck einer unreifen Persönlichkeit“ und stellte die „fehlende Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung“ fest. Die Folge: der Mann wurde wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen verurteilt.

In einem fast identischen Fall bewertete ein anderes Gericht das Verhalten des Mädchens vollkommen anders. Das Mädchen sei – verglichen mit Jugendlichen gleichen Alters – in ihrer sexuellen Entwicklung schon weiter fortgeschritten („frühreif“), was sich an ihrem Verhalten deutlich zeige. Angesichts des gezeigten Verhaltens könne jedenfalls nicht von einer „Fehlenden Fähigkeit des Opfers zur sexuellen Selbstbestimmung“ die Rede sein. Die Folge: Freispruch vom Vorwurf des sexuellen Missbrauches von Jugendlichen.

Hieran wird deutlich, dass im Einzelfall sehr unterschiedlich entscheiden wird. Hier ist sicherlich auch die Aufgabe der Verteidigung, mit Argumenten zu überzeugen.

VI. Warum sollte ich die Kanzlei Nikolai Odebralski – bundesweite Strafverteidigung – mit meiner Vertretung beauftragen?

Die Rechtsanwaltskanzlei Nikolai Odebralski – bundesweite Strafverteidigung – hat sich auf die Bearbeitung von Mandaten spezialisiert, die denen den Beschuldigten sexuelle Übergriffe zur Last gelegt werden. Wir wissen also genau, wovon Sie sprechen und wie Sie sich in der jetzigen Situation fühlen. Außerdem wissen wir, welche Argumente man bemühen muss, um Staatsanwälte und Gerichte zu überzeugen.

Zudem nimmt Rechtsanwalt Odebralski regelmäßig an Fortbildungen und Fachtagungen zu dem Thema teil. Soweit ersichtlich, handelt es sich hier um eine der wenigen Kanzleien, welche sich auf die Vertretung von Mandanten in Sexualstrafverfahren spezialisiert hat.

Die sehr persönliche und diskrete Mandantenbetreuung ist neben der fachlich sehr hohen Kompetenz in diesem Bereich und der schnellen Beantwortung von Rückfragen (beispielsweise auch an Wochenenden) wahrscheinlich der Grund dafür, warum uns so viele Menschen ihr Vertrauen in sehr sensiblen Angelegenheiten schenken.

VII. Ich komme nicht aus Essen, sondern wohne weiter weg (Hamburg, Berlin, München, Frankfurt, etc.) – Vertreten Sie mich trotzdem?

Ja, denn die hiesige Kanzlei ist überregional ausgerichtet; der überwiegende Teil unserer Mandanten wohnt nicht in Essen oder dem Ruhrgebiet. Die Tendenz scheint ohnehin dahin zu gehen, dass sich die Betroffenen ihren Anwalt nicht nach der regionalen Nähe suchen, sondern nach der Spezialisierung in dem jeweiligen Bereich.

Die Korrespondenz erfolgt in der Regel per E-Mail, wobei Mails meist innerhalb weniger Stunden beantwortet werden. Da es sich bei dem Ermittlungsverfahren ohnehin nur um ein schriftliches Verfahren handelt, ist es unerheblich, wo sich der Kanzleisitz des Anwaltes befindet.

Bei Kontaktanfragen erreichen Sie mich über die angegebene Telefonnummer, außerhalb der Geschäftszeiten per E-Mail oder über die auf meiner Homepage angegebene Notfallnummer.


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