Sozialpanabfindung und Klageverzichtsprämie: Vereinbarung kann unwirksam sein

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Wenn Werke oder Geschäftsbereiche geschlossen werden, vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat in der Regel einen Interessenausgleich und Sozialplan für betroffene Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Häufig ist Gegenstand der Vereinbarungen auch eine sogenannte Klageverzichtsprämie. Hierdurch erhoffen sich Arbeitgeber schnelle Rechtssicherheit darüber, ob die ausgesprochenen Kündigungen wirksam sind.  

Allerdings müssen Klageverzichtsprämien bestimmte Voraussetzungen erfüllen, um wirksam zu sein. So darf die Sozialplanabfindung an sich vor allem nicht davon abhängig gemacht werden, dass Arbeitnehmer*innen auf eine Kündigungsschutzklage verzichten. Deshalb müssen Klageverzichtsprämien grundsätzlich zusätzlich zum vereinbarten Sozialplanvolumen gezahlt werden. Meist vereinbaren Arbeitgeber und Betriebsrat diese Prämien aus diesem Grund in einer vom Sozialplan unabhängigen Betriebsvereinbarung.

Nicht immer gelingt das allerdings zur Zufriedenheit der betroffenen Arbeitnehmer*innen. Mit einem solchen Fall musste sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg auseinandersetzen (LAG Nürnberg, Urteil v. 14. Oktober 2020, Az.: 2 Sa 227/20).

Sozialplanleistung abhängig von Klageverzicht: geht das?

Im Fall, den das LAG Nürnberg zu entscheiden hatte, hatten Arbeitgeber und Betriebsrat wegen einer anstehenden Werksschließung einen Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart. Die Höhe der Abfindung für Arbeitnehmer*innen, die laut Sozialplan zu zahlen war, richtete sich dabei nach Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatseinkommen x Faktor. Der Faktor war altersabhängig und stieg bis zum 60. Lebensjahr an, um anschließend stufenweise wieder zu sinken. Vereinbart war im Sozialplan außerdem eine Kappungsgrenze von 75.000 Euro bzw. bei einem Faktor von 1,2. Nach einer zusätzlich geschlossenen „Betriebsvereinbarung bezüglich einer Klageverzichtsprämie“ erhöhte sich die Abfindung der Arbeitnehmer, die einem Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zustimmten, um den Faktor 0,25.

Ein Arbeitnehmer, der lange im Unternehmen tätig war, verzichtete auf die Klageerhebung, woraufhin der Arbeitgeber ihm einen Gesamtbetrag von 75.000 Euro zahlte. Zur Anwendung kam dabei die Kappungsgrenze sowohl für die Berechnung der Abfindung als auch für die Klageverzichtsprämie. Das gefiel dem Arbeitnehmer nicht und er erhob doch Klage vor dem Arbeitsgericht. Er verlangte zum einen eine erhöhte Abfindung im Umfang der Klageverzichtsprämie. Außerdem forderte er einen Ausgleich der Minderung, die durch die Deckelung der Gesamtabfindung eingetreten sei. Hilfsweise verlangte der Arbeitnehmer Entschädigung in gleicher Höhe aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen Altersdiskriminierung.

Wie hat das Landesarbeitsgericht entschieden?

Vor dem Arbeitsgericht hatte er mit seinen Anträgen keinen Erfolg. Auch vor dem LAG Nürnberg scheiterte der Arbeitnehmer. Zwar umgehe die Betriebsvereinbarung zur Klageverzichtsprämie den Grundsatz, dass Sozialplanabfindungen nicht vom Klageverzicht abhängig sein dürfen. Dadurch werde auch ein wesentlicher Teil des Sozialplanvolumens zweckwidrig verwendet.

Das führe aber nicht zur Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung zur Klageverzichtsprämie, so die Richter. Zwar sei die Betriebsvereinbarung gesondert vereinbart worden. Bei einer Gesamtbetrachtung der rechtlichen Lage bleibe aber sie aber Teil der Sozialplanregelung, sodass sich für alle Mitarbeiter die Abfindung um den Faktor 0,25 erhöhe. Das gelte auch unabhängig davon, ob sie Kündigungsschutzklage erheben oder nicht.

Damit unterliege allerdings auch die Klageverzichtsprämie der Kappungsgrenze aus dem Sozialplan. Insofern habe der Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf Bezahlung von mehr als 75.000 Euro. Und auch insgesamt sei die Kappungsgrenze wirksam. Denn anders als der Arbeitnehmer glaubte würde die Kappungsgrenze den Arbeitnehmer nicht wegen seines Alters diskriminieren. Denn es bekomme schließlich kein jüngerer Arbeitnehmer eine höhere Abfindung – das steigende Lebensalter sei ausreichend berücksichtigt.

Gegen diese Entscheidung hat der Arbeitnehmer Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt (Az.: 1 AZR 570/20).

Folgen für die Praxis

Trotz der eigentlich eindeutigen Vorgaben der Rechtsprechung kommt es im Zusammenhang mit Klageverzichtsprämien und Sozialplänen immer wieder zu Fehlern, die zur Unwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung führen können. Insofern kann es immer lohnend sein prüfen zu lassen, ob eine entsprechend angewendete Regelung tatsächlich rechtswirksam ist.

Sie sind der Ansicht, dass Ihr Arbeitgeber und der Betriebsrat unwirksame Vereinbarungen getroffen haben? Oder erscheint Ihnen die ausgezahlte Abfindung – gemessen an den Vereinbarungen – zu niedrig? Sprechen Sie mich gerne an. Ich prüfe für Sie die Wirksamkeit des Sozialplans und ggf. eine Vereinbarung über eine Klageverzichtsprämie. Sie erreichen mich telefonisch in Augsburg unter 0821/ 50 85 26 60 oder über das anwalt.de-Kontaktformular.


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