Sperrung der ASIN – was ist bei einer Amazon Infringement-Meldung zu tun?

  • 4 Minuten Lesezeit

Regelmäßig beraten und vertreten wir Mandanten, die plötzlich feststellen müssen, dass verschiedene ASIN und/oder Angebote bei Amazon gesperrt wurden.

Gleichzeit erhalten diese Mandanten eine Infringement-Meldung von Amazon (Notice: Policy Warning) in der die betroffene ASIN und die Beschwerdenummer angegeben werden.

Im Falle einer Design-, Patent- oder Markenverletzung sieht die Mitteilung z.B. wie folgt aus:


„Hallo,

wir kontaktieren Sie, weil uns von einem Rechteinhaber gemeldet wurde, dass Ihre Angebote seine Patentrechte (Designs, Marken, etc.) verletzen. 

Warum ist das passiert?

Mindestens eines Ihrer Angebote verletzt möglicherweise die Rechte an geistigem Eigentum anderer Personen….“


Bestenfalls werden in der E-Mail noch der Rechteinhaber mit einer E-Mail Adresse und das betroffene gewerbliche Schutzrecht (Marke, Patent, Design, etc.) genannt.  Nachfolgend erläutern wir Ihnen, wie auf eine solche Amazon Infringement-Meldung reagiert werden sollte.


Was ist der Hintergrund der Sperrung der ASIN durch Amazon?

Hintergrund der Meldung und sofortigen Sperrung ist, dass Amazon möglichst einer eigenen Haftung entgehen will. Diese würde bestehen, wenn Amazon trotz Kenntnis von einer Rechtsverletzung das Angebot nicht sperren würde. 

Amazon bietet daher Rechteinhabern gewerblicher Schutzrechte (z.B. Marke, Design, Patent, Gebrauchsmuster, Gemeinschaftsgeschmacksmuster, etc.) und Urhebern eine einfache Möglichkeit, vermeintliche Rechtsverletzungen über das Formular „Mitteilung an Amazon über eine Rechtsverletzung“ zu melden.  

Prüfungsrahmen von Amazon ist dabei die Amazon Richtlinie zum geistigen Eigentum. Danach gilt, dass Angebote und Produkte bei Amazon keine gewerblichen Schutzrechte (geistiges Eigentum) Dritter verletzen dürfen. Die häufigsten Fälle derartiger Schutzrechtsverletzungen sind:

  • Markenrechtsverletzungen
  • Design- und Gemeinschaftsgeschmacksmusterverletzungen
  • Patent- und Gebrauchsmusterverletzungen
  • Urheberrechtsverletzungen

Damit Amazon möglichst einer eigenen Haftung entgeht, sperrt Amazon in der Regel unverzüglich und bei nahezu jeder Mitteilung. Aus unserer Sicht erfolgt bei Amazon nach Eingang einer Beschwerde keine genaue rechtliche Prüfung.


Problem: Berechtigung der Sperrung!

Unsere Erfahrung in der Praxis zeigt, dass nicht jede vorschnelle Sperrung seitens Amazon berechtigt ist und dass es sich lohnen kann, die angebliche Rechtverletzung prüfen zu lassen und auf die Sperrung – auch gegenüber Amazon – zu reagieren. 

Denn: Nicht selten nutzen Mitbewerber die Möglichkeit zur Sperrung, um lästige Konkurrenz loszuwerden.

Typische Fälle unberechtigter Sperrungen, sind Sperrungen von ASIN wegen angebliche Design- oder Geschmacksmusterverletzungen. Hintergrund ist, dass man in Deutschland und Europa Designs und Gemeinschaftsgeschmacksmuster (Schutzrechte in Bezug auf äußere Gestaltungsmerkmale von Produkten) ohne rechtliche Prüfung der Eintragungsvoraussetzungen von den Ämtern eingetragen bekommt. 

Tatsächlich müssen Designs und Gemeinschaftsgeschmacksmuster aber zum Zeitpunkt der Anmeldung aber „neu“ gewesen sein und „Eigenart“ aufweisen. Identische Produkte, die  z.B. bereits Monate vorher durch den Inhaber selbst oder Dritten offenbart wurden, würden dazu führen, dass für diese Gestaltungen eigentlich keine Designs- oder Gemeinschaftsgeschmacksmuster mehr  angemeldet und eingetragen werden können. 

Da die Ämter dies aber bei Eintragung gerade nicht prüfen, können auch Meldungen aufgrund derartiger löschungsreifer Schutzrechte bei Amazon eingereicht werden. Eine solche Sperrung wäre unberechtigt.  


Reaktion bei unberechtigter Infringement-Meldung einer Rechtsverletzung und Sperrung der ASIN?

Seitens Amazon wird die Sperrung in der Regel nur dann aufgehoben und das Angebot wieder freigeschaltet, wenn der Rechteinhaber die Meldung zurücknimmt und widerruft.

Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass eine detaillierte Darlegung gegenüber der Rechtsabteilung von Amazon, warum z.B. ein Design zwar eingetragen, aber mangels Neuheit und Eigenart löschungsreif ist, nur in Ausnahmefällen zu einer Wiederherstellung der Angebote führen kann.

Effektiver und schneller ist in der Regel eine Abmahnung des Verursachers der Sperrung. Das unberechtigte Veranlassen einer Sperrung des Angebotes / ASIN eines Mitbewerbers stellt nämlich nicht nur einen Wettbewerbsverstoß, sondern auch eine Schutzrechtsverletzungsanzeige dar, die wie eine unberechtigte Schutzrechtverwarnung zu behandeln ist (vgl. LG München I, 14.10.2020,  Az. 7 O 12732/20). 

Es handelt sich um einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Dem Inhaber des unberechtigt gesperrten Angebots stehen daher folgende Ansprüche zu:

  • Unterlassung
  • Beseitigung in Form des Widerrufs der Sperrung
  • Schadenersatz und
  • Erstattung der eigenen Anwaltskosten

Diese Ansprüche können im Rahmen einer anwaltlichen Abmahnung aber auch im Rahmen von einstweiligen Verfügungen und Klagen durchgesetzt werden.


Reaktion bei berechtigter Infringement-Meldung einer Rechtsverletzung und Sperrung der ASIN?

Grundsätzlich sollte eine Sperrung und Meldung von Amazon zum Anlass genommen werden, die Berechtigung zu prüfen. Dies sollte kurzfristig geschehen, da auf die Sperrung häufig eine teure Abmahnung folgt. Stellt der betroffene Händler fest, dass die Sperrung möglicherweise berechtigt ist, kann einer kostenintensiven Abmahnung (in der Regel 2.000 – 5.000 € Anwaltskosten) durch Abgabe einer vorbeugenden Unterlassungserklärung vorgegriffen werden. 

Hintergrund ist, dass Rechteinhaber mit Erkennen einer Rechtverletzung und Sperrung der Angebote häufig einen Rechtsanwalt beauftragen. Hier kann eine schnelle eigene Reaktion viel Geld sparen. Wir empfehlen daher dringend, im Falle einer Amazon Mitteilung in Bezug auf Rechtsverletzung und Sperrung, kurzfristig einen Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz mit einer Prüfung der Vorwürfe zu beauftragen.


Kostenlose Ersteinschätzung der Infringement-Meldung durch Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Als erfahrene Fachanwälte bearbeiten wir häufig Infringement-Meldungen und Sperrungen und bieten sowohl betroffenen Amazon Händlern als auch Inhabern von Schutzrechten eine kostenlose Ersteinschätzung der Reaktionsmöglichkeiten an. 

Übersenden Sie uns einfach die Amazon Meldung mit Ihren Angaben (z.B. warum Sie die Meldung für unberechtigt halten) und wir melden uns umgehend bei Ihnen. 

Gleiches gilt, wenn Sie der Ansicht sind, dass ein Amazon Angebot Ihre Rechte verletzt. Damit aus einer schnellen Sperrung keine teure und unberechtigte Schutzrechtsverletzungsanzeige wird, empfehlen wir eine Vorabprüfung der gewünschten Sperrung durch einen Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz. Sprechen Sie uns an! Wir unterstützen Sie gerne!

Weitere Infos finden Sie unter: https://www.muensteraner-rechtsanwaelte.de/





Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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