Steuerliche Ersparnisse durch „Kettenschenkungen“

  • 3 Minuten Lesezeit

Im Jahr 2021 hat die Finanzverwaltung in Deutschland 11,1 Milliarden Euro aus Erbschaften und Schenkungen veranlagt. Damit erhöhte sich die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer um rund 30 %.

Die Ursache der stetig steigenden Steuereinnahmen liegt unter anderem darin, dass die vererbten Vermögenswerte immer mehr zu nehmen, sodass der jeweils geltende Freibetrag für Hinterbliebene eher ausgeschöpft wird.

Aus diesem Grund gewinnt die sogenannte Kettenschenkung immer weiter an Attraktivität.

Doch unter welchen Voraussetzungen und in welchen Konstellationen kommt eine Kettenschenkung steuerrechtlich in Frage?

Modell der Kettenschenkung

Um die häufigste Konstellation der Kettenschenkung darzustellen dient folgendes Beispiel:

Ein Elternteil schenkt seinem Kind ein Einfamilienhaus mit einem Verkehrswert in Höhe von 400.000 €. Das Kind schenkt nun das Einfamilienhaus an seinen Ehepartner, dem Schwiegerkind des Elternteils, weiter.

Ziel der Kettenschenkung ist in solchen Fällen, einen drohenden Schenkungsteueranfall zu vermeiden. Dieser würde eintreten, wenn das Elternteil die Schenkung direkt an das Schwiegerkind vollziehen würde. Die Schenkungssteuerfreibeträge sind nämlich abhängig von dem jeweiligen Verwandtschaftsgrad.

Im Verhältnis Elternteil zu Schwiegerkind steht gem. § 16 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG nur ein Freibetrag von 20.000 € zu Verfügung, wonach im genannten Beispiel 380.000 € versteuert werden müssten. Im Verhältnis des Elternteils und dessen Kind beträgt er hingegen 400.000 €. Somit würde der Freibetrag bei einer Schenkung des Elternteils an das Kind voll ausgeschöpft werden und keine Schenkungsteuer anfallen. Schenkt das Kind anschließend an seinen Ehepartner weiter, so befindet sich diese Schenkung innerhalb des schenkungssteuerfreien Freibetrages in Höhe von 500.000 €, § 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.

Die Kettenschenkung kann aber auch relevant werden, wenn ein im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte vermögender ist als der andere. Soll nun das Kind großzügig bedacht werden, so müsste sinngemäß ein Teil des Vermögens zunächst dem anderen Ehegatten geschenkt werden. Mit diesem Vorgehen werden die jeweiligen Freibeträge gegenüber dem Kind optimal ausgenutzt.

In allen Konstellationen ist es wichtig, die Voraussetzungen der Kettenschenkung zu erfüllen.

Bedingung der Entscheidungsbefugnis 

Grundstein der Kettenschenkung bildet die Entscheidungsbefugnis. Die zuerst beschenkte Person muss den Vermögensgegenstand dem Dritten freigiebig zuwenden.

Ob Entscheidungsbefugnis bei dem zuerst Beschenkten (im ersten Beispiel das Kind) vorliegt, ist nach der Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten zu entscheiden. Vor allem mit einbezogen werden müssen abgeschlossenen Verträge, deren inhaltliche Abstimmung untereinander und die Ziele der Vertragsparteien, welche durch die Vertragsgestaltung angestrebt werden.

Kann sichergestellt werden, dass die beschenkte Person eine eigene Entscheidung bezüglich „Ob“ und „Wie“ der Weiterschenkung treffen kann, liegen im tatsächlichen Sinne zwei Schenkungsvorgänge vor.

Wird hingegen die zuerst beschenkte Person lediglich als Durchgangs- oder Mittelperson gesehen, welche nur eine Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, so liegt im schenkungsteuerrechtlichen Sinne eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden (des Elternteils) an den Dritten (das Schwiegerkind) vor. In Folge dessen wäre die Schenkung eine sogenannte „einheitliche Vermögensübertragung auf den Letzterwerber“ und maßgebend wäre wieder der Freibetrag des Verhältnisses zwischen dem Erstschenkenden und dem Dritten.

Eine solche Verpflichtung kann sich sowohl aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus den Umständen ergeben. Hierbei reicht es nicht aus, wenn der Schenker bei der Zuwendung bereits weiß oder damit einverstanden ist, dass der zuerst Beschenkte den zugewendeten Gegenstand weiterschenkt. Es muss ausdrücklich an einer Dispositionsmöglichkeit fehlen.

Unser Rechtstipp: Besondere Vorsicht ist geboten, wenn beide Verträge in einer Urkunde zusammengefasst oder in einem Termin in aufeinanderfolgenden Urkunden abgeschlossen werden. Ergibt sich in solchen Fällen die Dispositionsbefugnis nicht eindeutig, so wird regelmäßig angenommen, dass der zuerst Bedachte keine Entscheidungsfreiheit erlangt hat.
Es empfiehlt sich daher die Verträge nicht in einer Urkunde zusammenzufassen. Außerdem sollte zwischen der Erstellung der einzelnen Urkunden eine geraume Zeit vergangen sein, damit die Gelegenheit zur Entscheidung eindeutig wird. 

DISCLAIMER: Dieser Beitrag ersetzt keine umfassende steuerliche bzw. rechtliche Beratung durch einen Steuerberater und/oder Rechtsanwalt im Einzelfall. Es handelt sich um einen rein informativen Beitrag. Für die Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der in dem Beitrag verwendeten Informationen wird keine Garantie übernommen. Jegliche Haftung für Schäden, die ihre Entstehung in der Nutzung oder Nichtnutzung von Informationen in diesem Beitrag haben, wird ausgeschlossen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Bastian Ruge LL.M.

Beiträge zum Thema