Stiefkindadoption bald auch für Unverheiratete/Dritt-Verheiratete – neues Gesetz zum 31.03.2020

  • 4 Minuten Lesezeit

Nach der bisherigen Rechtslage war es nicht verheirateten Partnern nicht möglich, das leibliche Kind des eigenen Partners zu adoptieren. Zwar war und ist die Adoption durch eine Einzelperson prinzipiell möglich, damit würden jedoch alle rechtlichen Bande zu den leiblichen Eltern des Stiefkindes gekappt werden. Das betrifft dann auch den Partner des Annehmenden, welcher nicht mehr rechtliche Mutter oder rechtlicher Vater seines eigenen Kindes wäre. Das wäre natürlich eine ungewollte Rechtsfolge , weshalb diese Adoptionen nicht durchgeführt wurden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte jedoch bereits am 26.03.2019 beschlossen, dass dieser Ausschluss der Stiefkindadoption für nichteheliche Paare verfassungswidrig ist, weil es gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 GG verstößt und Kinder aus nicht verheirateten Stieffamilien unangemessen benachteiligt.

Das Bundesverfassungsgericht hat erkannt, dass sich die Gesellschaft im Wandel befindet und auch eine Ehe heutzutage keine Garantie mehr dafür ist, dass man lebenslang zusammenbleibt. Zudem kann auch bisher ein Mann schon ein Kind anerkennen, dessen biologischer Vater er nicht ist, wenn es keinen anderen rechtlichen Vater gibt (z. B. einen Ehemann der Mutter, eine anderweitige Vaterschaftsanerkennung oder eine einschlägige ausländische Regelung zur Vaterschaft bei Nichtverheirateten). Andersherum wird auch automatisch der Ehemann einer Frau Vater ihres Kindes, selbst wenn er nicht der Erzeuger des Kindes ist. Der Ehemann ist nämlich zunächst immer der Vater. Die Konstruktion, dass ein nichtbiologisches Elternteil rechtliches Elternteil ist, wird also schon lange praktiziert.

Mit dem entsprechenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Geschäftszeichen 1 BvR 673/17 wurde dem Gesetzgeber daher aufgegeben, bis zum 31.03.2020 ein Gesetz zu schaffen, nach welchem eine Stiefkindadoption auch bei unverheirateten Paaren möglich ist. Der Volltext des Beschlusses ist auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts verfügbar.

Nunmehr hat also der Gesetzgeber gerade noch innerhalb der gesetzten Frist am 13.03.2020 einen Gesetzesbeschluss gebilligt, nach welchem eine Stiefkindadoption auch bei unverheirateten Paaren mit gefestigter Partnerschaft möglich werden soll. Dies heißt, dass das Paar seit mindestens vier Jahren in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammenleben oder ein gemeinsames Kind haben soll. Ermöglicht werden soll in Ausnahmefällen sogar die Durchführung der Adoption, obwohl einer der Partner noch mit einer dritten Person verheiratet ist.

Die Rechtsfolgen der Stiefkindadoption sind dann die gleichen wie bei einer Stiefkindadoption im Rahmen einer bestehenden Ehe zwischen leiblichem Elternteil und Stiefelternteil. Zudem müssen auch die üblichen Voraussetzungen, also beispielsweise die Zustimmung des anderen leiblichen Elternteils etc. gegeben sein und eine Adoptionseignung vorliegen. 

Ist ein ausländisches Stiefkind zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Adoption durch das Gericht noch unter 18 Jahren alt bzw. wurde der Adoptionsantrag beim Gericht vor dem 18. Geburtstag des Kindes eingereicht, wird es nach § Staatsangehörigkeitsgesetz sogar unabhängig von der Staatsangehörigkeit der leiblichen Eltern deutscher Staatsbürger, wenn der Stiefvater Deutscher oder die Stiefmutter Deutsche ist.

Interessant werden dürfte die neue Gesetzeslage vor allen Dingen auch für Stiefkindadoptionen im Rahmen von Leihmutterschaftssachen. Bisher mussten Paare, deren Kind im Wege einer Leihmutterschaft im Ausland ausgetragen wurden, verheiratet sein, wenn eines der Elternteile wegen der gesetzlichen Bestimmungen am Austragungsort bzw. den Regelungen im deutschen Recht erst durch eine Adoption vor dem deutschen Familiengericht auch rechtlich Elternteil werden konnte.

Für diese Paare dürfte es nun – zumindest, wenn alle weiteren Voraussetzungen einer Adoption erfüllt sind – jedenfalls nicht mehr Voraussetzung sein, dass sie vor der Adoption geheiratet haben.

Das neue Gesetz soll bereits am 31.03.2020 in Kraft treten.

Update: Das Gesetz wurde als „Gesetz zur Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26.03.2019 zum Ausschluss der Stiefkindadoption in nichtehelichen Familien vom 19.03.2020" im Bundesgesetzblatt Jahrgang 2020 Teil I Nummer 14, ausgegeben am 27.03.2020 zu Bonn, veröffentlicht und ist zum 31.03.2020 in Kraft getreten.

Das neue Gesetz lautet im Wesentlichen:

§ 1766a BGB – Annahme von Kindern des nichtehelichen Partners

(1) Für zwei Personen, die in einer verfestigten Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt leben, gelten die Vorschriften dieses Untertitels über die Annahme eines Kindes des anderen Ehegatten entsprechend.

(2) Eine verfestigte Lebensgemeinschaft im Sinne des Absatzes 1 liegt in der Regel vor, wenn die Personen

1. seit mindestens vier Jahren oder

2. als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes mit diesem eheähnlich zusammenleben. Sie liegt in der Regel nicht vor, wenn ein Partner mit einem Dritten verheiratet ist.

(3) Ist der Annehmende mit einem Dritten verheiratet, so kann er das Kind seines Partners nur allein annehmen. Die Einwilligung des Dritten in die Annahme ist erforderlich. § 1749 Absatz 1 Satz 2 und 3 und Absatz 2 gilt entsprechend.

Da hier nur die Rede von Personen bzw. Partnern ist und nicht von Mutter oder Vater oder heterosexuellen Paaren, die Formulierung folglich geschlechtsneutral gewählt wurde, kann man davon ausgehen, dass diese neue Regelung tatsächlich für alle Paare gilt und nach der Ehe für Alle nun auch diese neue Form der Adoption für heterosexuelle und homosexuelle Paare gleichermaßen anwendbar ist. 

Nicht gelöst ist nach unserem Kenntnisstand allerdings weiterhin die Problematik verheirateter lesbischer Paare, dass eine Partnerin während der bestehenden Ehe mit einer Frau ein Kind zur Welt bringt (z. B. durch Samenspende). Hier wird die Ehefrau der Mutter (anders als in heterosexuellen Ehen der Ehemann der Mutter) nicht automatisch zum zweiten Elternteil und somit weder in die Geburtsurkunde eingetragen, noch mitsorgeberechtigt.

Während in anderen Rechtsordnungen, zum Beispiel in Südafrika, die Ehefrau der Mutter als Co-Mutter in die Geburtsurkunde eingetragen wird, muss in Deutschland die Ehepartnerin der Mutter das Kind also weiterhin als Stiefkind adoptieren, selbst, wenn es keinen rechtlichen Vater des Kindes gibt. 

Gern begleiten wir Sie in jedem Fall bei der Vorbereitung und Durchführung der Adoption des Kindes Ihres Partners oder Ihrer Partnerin.

Nicole Rinau
Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienrecht

Fachanwältin für Sozialrecht

Foto(s): @buemlein

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Nicole Rinau

Beiträge zum Thema