Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung – nicht alle Beweismittel sind verwendbar!
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Der Weg zum Insolvenzgericht ist für den Unternehmer häufig ein schwerer und nicht selten ein zu spät eingeschlagener Weg. Häufig geht die Insolvenzakte vom Insolvenzgericht zur Staatsanwaltschaft, um die Einleitung eines Strafverfahrens zu prüfen.
Insolvenzantrag – Risiko Strafverfahren
Es wird häufig übersehen, dass Informationen, die der Unternehmer bei der Insolvenzbeantragung macht, im Strafverfahren nicht berücksichtigt werden dürfen. Es geht sogar noch weiter – sie dürfen nicht verwendet werden.
Unterscheidung
Verwertungs- und Verwendungsverbot
Das Strafprozessrecht unterscheidet zwischen Verwendungs- und Verwertungsverboten. Auf den ersten Blick handelt es sich um identische Begriffe. Tatsächlich unterscheiden sich beide Begriffe durch die sogenannte Fernwirkung. Während ein Verwertungsverbot lediglich auf die unmittelbare Verwertung des Beweismittels abstellt, dürfen bei Verwendungsverboten keinerlei weitere Erkenntnisse aus dem gesperrten Beweismittel erlangt und verwendet werden. Eine solche Regelung haben wir im § 97 Abs. 1 InsO.
Verwendungsverbot in der Insolvenzordnung
Da der Unternehmer im Rahmen seines Insolvenzantrages alle Karten auf den Tisch legen muss, würde er sich im Strafverfahren schlicht ans Messer liefern. Die Staatsanwaltschaft könnte hergehen und die angegeben Schulden bei Sozialversicherungsträgern verifizieren und dadurch einen erheblichen Tatvorwurf begründen und zur Anklage bringen.
Das Verwendungsverbot sperrt allerdings diesen Weg. Sämtliche Erkenntnisse, die gewonnen worden sind, weil der Unternehmer einen Insolvenzantrag gestellt hat, sind für die Strafverfolgung gesperrt.
Achtung - Nur bei Eigenanträge
Diese Rechtsfolge besteht allerdings nur bei sogenannten Eigenanträgen des Unternehmers. Hat eine dritte Person, etwa ein Sozialversicherungsträger einen Insolvenzantrag gestellt, bleiben diese Angaben im Strafverfahren selbstverständlich verwertbar.
Eigenantrag trotz Fremdantrag
Es ist grundsätzlich zu empfehlen, über einen Eigenantrag nachzudenken, sobald man die Mitteilung des Insolvenzgerichts erhalten hat, dass ein Insolvenzantrag gestellt worden ist. Die Staatsanwaltschaften nehmen diesen Zeitpunkt als den wirklich aller letzten Moment, über einen Insolvenzantrag nachzudenken. Bestehen entsprechende Insolvenzgründe wird spätestens zu diesem Zeitpunkt die Strafbarkeit begründet. Hinzu kommt die Möglichkeit mit entsprechenden Angaben Verwendungsverbote zu begründen.
Problematisch ist allerdings, dass es zu dem Verwendungsverbot und seiner Reichweite gemäß § 97 InsO kaum Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gibt, sodass Staatsanwaltschaften in diesem Zusammenhang relativ frei agieren und Verfahren einleiten.
Empfehlung
Fest steht allerdings, dass mit jedem Insolvenzantrag das Risiko eines Strafverfahrens begründet wird. Bei Eigenanträgen besteht ein gutes Potential, eine entsprechende Verteidigung aufzubauen, sofern ein fachlich versierter Verteidiger beauftragt wird.
Dr. Andrew Patzschke, Rechtsanwalt., Fachanwalt für Strafrecht und Steuerrecht, Lehrbeauftragter
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